Anhängerhaftung: Höheres Risiko

BGH-EntscheidungAnhängerhaftung: Höheres RisikoFrachtführer und Kraftwagenspediteure übernehmen von ihren Auftraggebern nicht nur palettierte Ware. Oft werden sie auch damit beauftragt, einen kompletten Anhänger oder Auflieger des Auftraggebers zu dessen Kunden zu ziehen. Ein in der Logistik alltäglicher Vorgang. Der Auflieger verfügt über eine vom Auftraggeber abgeschlossene KFZ-Haftpflichtversicherung. Verursacht der Frachtführer unterwegs einen Unfall mit Drittschaden, wurde bisher vom Geschädigten regelmäßig die KfZ-Haftpflichtversicherung des Zugfahrzeugs in Anspruch ge-nommen. Nach einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) kann die Versicherung des Zugfahrzeugs dann aber gegen die Anhängerversicherung Regress nehmen. Während die Vorinstanzen die hierauf gerichtete Klage gegen den Anhänger-Versicherer noch zurückgewiesen haben, machte der BGH klar: Bei der Doppelversicherung eines Gespanns aus einem Kraftfahrzeug und einem versicherungspflichtigen Anhänger haben im Regelfall nach einem durch das Gespann verursachten Schaden der Haftpflichtversicherer des Kraftfahrzeugs und der des Anhängers den Schaden im Innenverhältnis je zur Hälfte zu tragen. Konsequenz für den Auftraggeber: Wegen des Schadens ändert sich auch sein Schaden-freiheitsrabatt, er wird hochgestuft und erleidet somit einen Prämienschaden. Die Recht-sprechung des BGH ist konsequent: Durch eine bereits 2002 in Kraft getretene Rechtsände-rung haben auch Halter und Fahrer eines Anhängers – neben den früher alleine haftenden Halter und Fahrer des Zugfahrzeugs – für den Verursachungsbeitrag einzustehen, der im Außenverhältnis der Kombination aus Zugfahrzeug und Anhänger als Betriebseinheit zuzuweisen ist. Die Haftung besteht unabhängig davon, ob sich bei einem Unfall die Betriebsgefahr nur eines des zum Gespann verbundenen Fahrzeugs ausgewirkt hat, oder ob vom Anhänger auch ein Verursachungsbeitrag ausgegangen ist. Die Anhänger-Versicherung wird also auch dann belastet, wenn der Schaden allein durch das Zugfahrzeug verursacht wurde. Auftraggeber, die deshalb einen Prämienschaden erleiden, können gegebenenfalls von ihrem Auftragnehmer Ersatz dieses Vermögensschadens nach § 433 HGB verlangen. Hiernach haftet der Frachtführer wegen Verletzung einer Vertragspflicht für solche Schäden, die nicht durch Verlust oder Beschädigung des Gutes oder durch Überschreitung der Lieferfrist entstehen. Freilich sind auch Fälle denkbar, in denen keine – nachweisbare – Pflichtverletzung vorlag. Dies wäre etwa dann anzunehmen, wenn der LKW allein aus seiner – erhöhten – Betriebsgefahr in Anspruch genommen wird. Hier werden Ansprüche gegen den Frachtführer auf Ersatz des Prämienschadens möglicherweise leerlaufen.Unbefriedigende LösungDiese neue, durch die BGH-Entscheidung ins Bewusst-sein der Betroffenen gerückte Rechtslage ist für praktisch alle Beteiligten misslich. Auch die Versicherungswirtschaft zeigt sich über den Spruch aus Karlsruhe wenig erfreut. Für die Auftraggeber, die es gewohnt waren, dass bei Verkehrsunfällen lediglich der Zugfahrzeug-, nicht aber ihr Anhänger-Versicherungsschutz berührt wird, muss ein Umdenken einsetzen. Zielführend wäre eine Rückkehr zur alten Rechtslage durch einen gesetzgeberischen Akt, ggfs. auch durch Änderung der AKB. Die Haftung des Anhängers kann dann auf die Fälle zurückgeführt werden, bei denen der Anhänger tatsächlich einen Verursachungsbeitrag zum Unfall geleistet, sich dessen Gefahr also ausgewirkt hat. Für die verladende Wirtschaft wäre ansonsten ein neues schadenträchtiges Feld eröffnet, für das der BGH die Tür weit geöffnet hat. Es ist nun am Gesetzgeber, sie wieder zu schließen. Verkehrspolitik schwarz-gelbBelastungsgarantie für eine gebeutelte BrancheEs ist nicht leicht, in Eu-ropa Logistikdienstleis-ter, Transportunternehmer oder Fuhrparkbetreiber zu sein. Immer schwieriger wird es, nachhaltige und planbare Strategien für das eigene Unternehmen zu entwickeln, da europäische und deutsche Verkehrspolitik an Erfindungsreichtum und Unwägbarkeiten kaum noch zu überbieten sind. Hat die Branche die Verschärfung der Sozialvorschriften durch die Hintertür über die Einführung des digitalen Tachografen gerade einmal halbwegs verdaut, ziehen die nächsten dunklen, teilweise unkalkulierbaren Wolken am Kos-tenhimmel auf. Die Bundesregierung hält – wenn auch in abgespeckter Form – an der Ausdehnung der Maut auf bestimmte Bundesstraßen fest. Mit den entsprechenden Be-lastungen ist ab dem kommenden Jahreswechsel zu rechnen. Die Nutzfahrzeugindustrie kündigt die Serienreife von Euro-6-LKW an, die Politik lässt die Unternehmen aber über die entsprechenden Rahmenbedingungen wie die Mauteinstufung und die Fördermöglichkeiten im Unklaren. Zeitgleich träumt die EU-Kommission in ihrem Weißbuch zur zukünftigen Verkehrspolitik von der Verlagerung von 30 Prozent der Straßengüterverkehrsbeförde-rungen von über 300 km auf die Schiene und von neuen transeuropäischen Netzen. Hat einmal jemand darüber nachgedacht, wer die dafür notwendige Infrastruktur bezahlen soll? Ganz im Gegenteil, seit Jahren wird die Infrastruktur auf Verschleiß gefahren und werden notwendige Investitionen zurückgestellt. Wie sollen da die prognostizierten Transportmengensteigerungen für alle Verkehrsträger überhaupt wirtschaftsverträglich abgearbeitet werden, von Verlagerungsfantasien ganz zu schweigen? Die Gedankenspiele um die Anlas-tung externer Kosten zwischen Kommission, Rat und Europäischem Parlament sind noch in vollem Gange, da wird schon ein neuer Stein ins Wasser geworfen – die Veränderung der Energiebesteuerung. Die wür-de zumindest in Deutschland für erhebliche Kostensteigerungen beim Dieselkraftstoff sorgen und diesen teurer als Benzin werden lassen. Dass das CO2-optimierte Nutzfahrzeug und damit Euro 7 auch nicht mehr lange auf sich warten lassen werden, dürfte auf der Hand liegen. Innovation wird blockiertAuf der anderen Seite werden den Unternehmen die Möglichkeiten zu Effizienzsteigerungen genommen. Überzogene Sozialvorschriften engen die Disposition ein, Staus machen Transporte fast unkalkulierbar und technische Weiterentwicklungen, z. B. bei Maßen und Gewichten und dem Lang-LKW werden blockiert. Trotzdem wird immer wieder vonseiten der Politik die Bedeutung des Logistiksektors für die europäische Wirtschaft beteuert. Irgendetwas passt doch da nicht zusammen.Neue Pläne zur Energiesteuer könnten den Dieselkraftstoff verteuernAn den Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik e.V. Postfach 16010853060 Bonn

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