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Forderungsrisiken für Lieferanten: Welche Bereiche der Logistik betroffen sind

04.06.2021 10:28 Uhr
Forderungsrisiken für Lieferanten: Welche Bereiche der Logistik betroffen sind
Die Logistikbranche kommt insgesamt gut durch die Pandemie, je nach Bereich lauern trotzdem Forderungsrisiken für Lieferanten
© Foto: Gina Sanders / Fotolia

Die Logistikbranche zählt nach Einschätzung des Kreditversicherers Atradius zu den wirtschaftlichen Gewinnern der Corona-Pandemie. In mehreren Bereichen nahm die Insolvenzgefahr durch Corona trotzdem zu – je nach Segment steigen deshalb die Risiken für Zahlungsausfälle.

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Köln. Die Logistikbranche zählt insgesamt zu den großen wirtschaftlichen Gewinnern der Corona-Pandemie, so die Einschätzung des internationalen Kreditversicherers Atradius. Der Forderungsrisikospezialist warnt jedoch: In mehreren Bereichen des Logistikgewerbes hat Corona trotzdem die Insolvenzgefahr stark steigen lassen. So bestehen für Lieferanten und Dienstleister erhebliche Risiken für Zahlungsausfälle und -verzögerungen, wenn sie mit bestimmten Segmenten der Branche Geschäfte machen. Auch bei kleineren und mittleren Transportunternehmen ist die Zahl der Insolvenzen immer noch hoch, in Deutschland zählen sie weiterhin zu den pleitegefährdetsten Unternehmensgruppen. Das unterstreichen die Daten von Atradius.

In der Corona-Krise ist bei einem großen Teil der Leistungen von Logistikfirmen ein Anbietermarkt entstanden. Die starke Zunahme des Online-Handels, die Erholung der industriellen Produktion seit Jahresbeginn und nicht zuletzt die jüngst in die Höhe geschnellten Exportzahlen Deutschlands haben dazu geführt, dass bei vielen Transportunternehmen die Auftragsbücher randvoll sind. Die glänzende Nachfrage macht es vielen Unternehmen mittlerweile einfach, Preiserhöhungen bei ihren Auftraggebern durchzusetzen. Das wiederum mindert das Risiko von Lieferanten und Dienstleistern, bei Geschäften mit Transporteuren und Speditionen einen Forderungsausfall zu erleiden.

„Von Unternehmen, die beispielsweise im Lebensmitteltransport tätig sind oder sich auf die Zustellung von Produkten von beziehungsweise für die chemische oder pharmazeutische Industrie spezialisiert und eine gewisse Größe erreicht haben, geht derzeit kaum ein Warenkreditrisiko aus. Auch Generalisten sind gut unterwegs“, erklärt Frank Liebold, Country Director Deutschland von Atradius. „Diese Firmen profitieren stark von den sich wandelnden Kaufgepflogenheiten der Konsumenten beziehungsweise von den zunehmenden Hygienevorschriften. Insgesamt wurden beim Warentransport auf der Straße, in der Luft, auf dem Wasser als auch auf der Schiene solide Ergebnisse erzielt.“

Veranstaltungs- und Textillogistik – wenn die Branche darbt, leiden auch ihre Logistiker

Das insgesamt gute Bild gilt jedoch nicht für alle Bereiche der Logistikbranche. Düster sieht es beispielsweise im Bereich Veranstaltungslogistik aus. „Musikfestivals, Sportveranstaltungen, Stadtfeste oder Messen haben seit nunmehr einem Jahr gar nicht mehr stattgefunden oder wenn, dann nur mit erheblichen Einschränkungen“, so Frank Liebold. „Logistiker, die sich auf diese in den vergangenen Jahren gewachsenen Bereiche spezialisiert haben, leiden jetzt in der Pandemie ganz erheblich mit. Bei ihnen ist das Insolvenzrisiko erheblich gestiegen.“

Atradius sieht darüber hinaus steigende Risiken für Zahlungsausfälle und -verzögerungen bei Unternehmen, deren Logistik-Kunden von der Auftragslage im stationären Handel abhängen, insbesondere im Bereich Textilien. Einige große Unternehmen haben eigene Logistik-Tochtergesellschaften innerhalb ihrer Konzernstruktur. Geraten die Firmen – wie derzeit etwa die Bekleidungsbranche – aufgrund der anhaltenden Lockdown-Maßnahmen in die Bredouille und es entstehen Liquiditätsengpässe, trifft das auch die Transporteure. „Lieferanten sind gut beraten, sich genau anzuschauen, wie die Kundenstruktur ihrer Abnehmer aufgestellt ist. Diese gibt bereits Hinweise darauf, wie es um ihre Liquidität bestellt ist – und damit auf ihre Zahlungsfähigkeit“, sagt Frank Liebold.

Weiterhin Unsicherheiten bei kleineren und mittleren Anbietern

Daneben bestehen weiterhin erhöhte finanzielle Risiken bei kleineren und mittleren Transportfirmen. In einer Analyse der insolvenzgefährdetsten Firmengruppen in Deutschland im Jahr 2020, durchgeführt vom Verband der Vereine Creditreform (VC), landeten Umzugstransportfirmen auf Platz vier. Ihre Insolvenzquote (Insolvenzen je 10.000 Unternehmen) lag zuletzt bei 432. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Insolvenzquote der deutschen Gesamtwirtschaft lag im Jahr 2020 gemäß VC bei 50 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen. Nur Diskotheken und Tanzlokale, Wach- und Sicherheitsdienste sowie die getränkegeprägte Gastronomie wiesen im vergangenen Jahr ein größeres Pleiterisiko als Umzugsfirmen auf. Auch Post-, Kurier- und Expressdienste gingen im ersten Corona-Jahr überdurchschnittlich oft pleite. Ihre Insolvenzquote lag bei 397, was dem deutschlandweit sechsthöchsten Wert entspricht. Ebenfalls kam es bei Verkehrsdienstleistern sehr häufig zu Insolvenzen (322). Eine interne Auswertung der Schadenzahlungen von Atradius an seine deutschen Kunden in den vergangenen 16 Monaten weist ebenso auf die anhaltenden Unsicherheiten im Transportbereich hin: Unter den 14 Abnehmerbranchen, die der Kreditversicherer unterscheidet, gingen die meisten Auszahlungen auf Forderungsausfälle zurück, die von Transportunternehmen verursacht wurden.   

Kommt es bei einer Lieferung zu Problemen – das kann dann schon ein einfacher Fahrzeugschaden bei einer kleinen Flotte sein –, schlägt sich das deutlich in der Liquidität nieder, je kleiner das Unternehmen, desto stärker. „Auch im für die Branche gut laufenden Corona-Jahr haben wir immer noch eine bemerkenswerte Zahl an Nichtzahlungsmeldungen und Schäden, die auf kleinere und mittlere Transportunternehmen zurückgehen“, sagt Frank Liebold.

Ein weiterer anhaltender Unsicherheitsfaktor für Transportunternehmen ist aus Sicht von Atradius der Mangel an qualifiziertem Personal. Frank Liebold: „Es ist in den vergangenen Jahren auch schon zu Restrukturierungen von Transportfirmen gekommen, weil diese Unternehmen es nicht geschafft haben, gute Fahrer zu finden beziehungsweise diese langfristig an sich zu binden. Ohne diese kann die Branche ihre Aufträge nicht erfüllen – da hilft dann auch die steigende Nachfrage nicht weiter.“ Viele große Logistiker haben in jüngster Vergangenheit auf den Fahrermangel reagiert, unter anderem, indem sie erheblich in ihre Fahrzeugflotte und die Arbeitsbedingungen ihrer Fahrer investiert haben. Für kleinere und mittlere Unternehmen sind solche Investitionen jedoch aufgrund des hohen finanziellen Aufwands oft schwierig zu stemmen, ebenso wie steigenden Umweltauflagen. Das erhöht die Unsicherheiten bei ihnen. (ir)   

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