Wolfsburg/Stuttgart. Europas größter Autobauer VW verordnet sich einen grundlegenden Umbau. „Der Volkswagen-Konzern nimmt eine umfassende strukturelle und personelle Neuorientierung vor“, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Am Nachmittag war der Aufsichtsrat zu einer Sondersitzung in Stuttgart zusammengekommen, um über zentrale Fragen zu beraten. Der Konzern lud für Samstagnachmittag zu einer Pressekonferenz ein, auf der VW-Chef Martin Winterkorn über die Veränderungen informieren werde.
Dabei soll es Medienberichten zufolge vor allem um die Schaffung eines eigenen Vorstandsressorts für das wichtige China-Geschäft und um die künftige Führung der Nutzfahrzeugsparte gehen. Auch bei der Oberklasse-Tochter Audi sollen demnach mehrere Vorstandswechsel anstehen.
Unter Insidern war vor dem Treffen von einer stärkeren Zentralisierung der Nutzfahrzeugsparte mit Scania und MAN sowie einem Stühlerücken in der Führungsetage der Nobeltochter Audi die Rede. VW-Chef Martin Winterkorn und sein oberster Kontrolleur Ferdinand Piëch würden damit wesentliche Schnittstellen verändern und mit neuen Managern besetzen. Aus Branchenkreisen war zu hören, dass umfangreiche Personalrochaden bevorstehen dürften. Für Samstag ist in München auch eine Aufsichtsratssitzung von MAN geplant.
Ein Ziel der Neuordnung bei VW sei es vor allem, die Position auf dem inzwischen bedeutendsten Einzelmarkt China zu stärken. Nach Informationen des „Spiegel“ und des „Manager-Magazins“ soll jedoch nicht der bisher für das Reich der Mitte zuständige Karl-Thomas Neumann den Job des China-Vorstands bekommen. Stattdessen könnte er den Konzern verlassen. Beobachter bezeichneten dies als Überraschung, weil Neumann in dem Wachstumsmarkt sehr erfolgreich gewesen sei und er schon häufiger für höhere Ämter im Gespräch war.
Wie die Onlineausgabe des „Manager-Magazins“ meldete, soll Neumann von LKW-Vorstand Jochem Heizmann abgelöst werden. Nach der Mehrheitsübernahme bei den LKW-Spezialisten MAN und Scania kümmerte sich Heizmann bisher vor allem um die Integration des Nutzfahrzeuggeschäfts im größten europäischen Autokonzern. Der frühere Audi-Vorstand soll Teile der VW-Führung und Firmenpatriarch Ferdinand Piëch dabei aber nicht hinreichend überzeugt haben.
Neumann wiederum sei der Job des Chefentwicklers bei der tschechischen Tochter Škoda angeboten worden. Er wäre damit Nachfolger von Harald Ludanek geworden, der die Entwicklung bei den Nutzfahrzeugen koordinieren soll. Neumann habe dies aber abgelehnt.
Daneben stehe die eher zäh laufende LKW-Allianz der Töchter Scania und MAN im Mittelpunkt der Beratungen, hieß es. In der Diskussion sei der Aufbau eines eigenen Kompetenzzentrums, mit dem vom VW-Stammsitz Wolfsburg aus die Koordination der Nutzfahrzeugsparte vorangetrieben werden soll, berichtete die „Financial Times Deutschland“. (dpa)