Man muss sich nichts vormachen: Es gibt Schöneres als den morgendlichen Anblick von LKW-Kolonnen vor dem Logistikzentrum. Ganz egal ob Lagerhalle, Kraftwerk oder Produktionsbetrieb – wo Gewerbe und Industrie auf Wohnbebauung treffen, gibt es einen natürlichen Interessenkonflikt. Es geht dabei nicht nur um Wohnidylle. Anwohner fürchten um den Werterhalt ihrer Immobilien: denn dass sich das neu erbaute Logistikhub im Blickfeld des Eigenheims nicht gerade preissteigernd auswirkt, kann man sich denken.
Das oft gehörte Argument, dass dies nun mal der Preis einer funktionierenden Wirtschaft und Kehrseite der gut gefüllten Supermarktregale sei,kann den Betroffenen nur jemand entgegenhalten, der nicht selbst betroffen ist. Denn den Preis bezahlt nicht die Allgemeinheit, sondern eben nur jene, die das Pech haben, in direkter Nachbarschaft zu wohnen.
Umso wichtiger ist es deshalb, die existierenden Mechanismen anzuwenden, mit denen dieser Preis fair und nachvollziehbar ausgehandelt werden kann – angefangen bei der Ausweisung von geeigneten Flächen über transparente Planfeststellungsverfahren bis zur Schaffung von Ausgleichsflächen bei der Umsetzung von Bauprojekten. Protest in eigener Sache muss daher erlaubt sein. 67 Prozent der VerkehrsRundschau-Leser sind dennoch der Meinung, dass Logistik-Weltmeister Deutschland logistikfeindlich ist, wenn es um die Realisierung von Infrastruktur- und Logistikimmobilienprojekten geht. Das jedenfalls ist das Ergebnis der „Frage der Woche“ in der Ausgabe vom 15. April.
Dietmar Winkler, Redakteur