Celle/Wilhelmshaven. Ein knappes halbes Jahr vor der Wahl in Niedersachsen hat die Landesregierung für ihr Prestige- Projekt Tiefwasserhafen eine herbe Niederlage einstecken müssen. Allen Beteuerungen von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) zum Trotz haben die Richter am Oberlandesgericht Celle (OLG) mit ihrer Entscheidung im Streit um den 480-Millionen-Euro schweren Bauauftrag Fehler aufgedeckt. Das auch von der Landesregierung favorisierte Angebot des Baukonzerns Hochtief darf wegen Unvollständigkeit bei der Vergabe nicht zum Zuge kommen. Das ist Wasser auf die Mühlen der Opposition im niedersächsischen Landtag. Denn seit fast sechs Monaten werfen SPD und Grüne der Regierung Planungsfehler und Missmanagement vor. Die Grünen sprechen seit heute von einem „Debakel“ und wollen die Vorgänge um den Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven zum Thema einer Aktuellen Stunde in der kommenden Woche im Landtag machen. Für die SPD ist die Gerichtsentscheidung eine „desaströse Niederlage“ für die Landesregierung. Noch vor zwei Wochen hatte Wulff in Wilhelmshaven frohlockt. „Wir rechnen mit einer positiven Entscheidung des Vergabesenats am 5. September.“ Es sei bei der Auftragsvergabe alles richtig gemacht worden. Eine Niederlage kalkulierte der Ministerpräsident nicht ein. Sollte sie wider Erwarten dennoch kommen, werde es ein neues Vergabeverfahren geben. Am Tag der Entscheidung ruderte Wulff zurück. „Ich gehe davon aus, dass wir nach Auswertung der Urteilsgründe den Tiefwasserhafen wahrscheinlich jetzt mit der Firma Bunte realisieren.“ Bunte habe viele Bauvorhaben erfolgreich umgesetzt. Der Bau des Jade-Weser-Ports wird sich laut Wulff nicht verzögern, „weil der erste Rammschlag ohnehin von der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Lüneburg zum Planfeststellungsverfahren abhängt“. Dort liegen zwei Eilanträge und sechs Hauptsacheverfahren gegen den Hafenbau vor. Nachdem die Tageszeitung „Weser Kurier“ den Gerichtssprecher Jürgen Rettberg zitierte, über die Eilanträge werde das OVG „nicht vor Ende des Jahres entscheiden“, machte Rettberg auf dpa-Anfrage einen Rückzieher: „Es gibt keine zeitliche Schiene.“ Verhandlungstermine gebe es nach wie vor nicht. Der Bau des Hafens verzögert sich seit Jahren. Jetzt droht der von der Schifffahrtsbranche so dringend benötigte Containerhafen im Strudel juristischer Entscheidungen weiter an Boden zu verlieren. Auch wenn die Planer und Politiker unverändert am Eröffnungstermin 2010 festhalten, wird in Schifffahrtskreisen bereits von 2011 gesprochen. Dabei reichen schon heute die vorhandenen Kapazitäten an den Kajen in Hamburg und Bremerhaven für die boomende Containerschifffahrt kaum noch aus. (dpa)
Tiefwasserhafen droht weiterer Zeitverlust
Unregelmäßigkeiten bei Auftragsvergabe: Oberlandesgericht Celle schließt Baukonzern Hochtief bei Jade-Weser-Port aus