Logistikimmobilien

LogistikimmobilienDienstleister haben kaum gebautEine aktuelle Bestandsaufnahme des deutschen Marktes für Logistikimmobilien liefert eine Studie des Fraunhofer Instituts in Nürnberg. Die Krise hat das Gesicht der Branche verändert.Wie groß der Einbruch des Marktes für Logistikimmobilien 2009 tatsächlich war, zeigen die neuesten Zahlen der Fraunhofer Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS, Nürnberg. Demnach wurde im zurückliegenden Krisenjahr mit knapp unter 2 Millionen Quadratmetern Neubaufläche gerade mal halb so viel gebaut wie 2008 (4 Millionen Quadratmeter Neubaufläche). „Knapp unter 2 Millionen Quadratmeter Logistikflächen bedeuten einen tatsächlichen Crash innerhalb eines Marktes, der sich seit knapp 10 Jahren an jährliche Zuwachsraten um die 20 Prozent gewöhnt hatte“, heißt es gleich zu Beginn des jetzt veröffentlichten Updates der Fraunhofer-Studie „Logistikimmobilien in Deutschland“, die erstmals 2009 vorgestellt wurde. Grundlage der wissenschaftlichen Charakterisierung des Marktes ist eine Datenbank mit 5500 Profilen moderner Logistikanlagen in Deutschland. Eine vollständig überarbeitete Version der Studie soll 2011 mit verbesserter Methodik veröffentlicht werden. Außerdem soll die Immobilien-Datenbank auf die gesamte DACH-Region ausgeweitet werden.Wo siedelt welche Branche?Die Datenbank wurde in den letzten eineinhalb Jahren deutlich verbessert und weiter verfeinert, erklärt Alexander Nehm, Projektleiter der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS, Nürnberg. So wurde bei den Einträgen zusätzlich die Branchenzugehörigkeit der Immobiliennutzer hinterlegt. Beispielhaft haben die Autoren im aktuellen Studien-Update eine Landkarte der Logistikansiedlungen im Einzelhandel erstellt. „Ähnliche Karten können künftig für andere logistikintensive Branchen wie Automobil- oder Chemieindustrie erstellt werden“, erklärt Nehm. Der Fraunhofer-Experte sieht in der Beschäftigung mit Standortfaktoren im Verbund mit einer umfassenden Immobilien-Datenbank weit mehr als nur eine akademische Spielerei und erklärt den praktischen Nutzen: „Wir sind in der Lage, praktisch für jedes Anforderungsprofil unterschiedlicher Unternehmen eine dazu passende Landkarte der attraktivsten Standorte zu erstellen. Das bietet eine entscheidende Hilfe bei konkreten Standortentscheidungen.“ Hoffnung liegt auf zweitem HalbjahrAuch für das erste Halbjahr 2010 lasse sich keine deutliche Verbesserung im Logis-tikimmobilienmarkt erkennen, lautet eine zweite Kernaussage des jetzt vorliegenden Updates. Gerade einmal 850.000 Quadratmeter wurden in der ersten Jahreshälfte neu erstellt. Allerdings dürfte sich die Situation im zweiten Halbjahr verbessern, glaubt Nehm: „Wir erwarten bis Ende 2010 einen leichten Anstieg bei den Bauvorhaben von etwa fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr, weil viele in der Krise aufgeschobene Investitionen nun zur Realisierung kommen könn-ten.“ Die Warteliste der bereits geplanten Logis-tikimmobilien sei durch die Krise deutlich länger als üblich.Auffällig ist laut Studie die veränderte Struktur der Nachfrageseite im vergangenen Jahr. Die Bedeutung der Logistikdienstleister ist zurückgegangen, der Anteil des Einzelhandels hat bei den Nutzern dagegen stark zugenommen. Während in den vergangenen Jahren meist mehr als die Hälfte aller Neubauten von Logistikdienstleistern genutzt wurden, beträgt deren Anteil 2009 nur 32 Prozent. Der Einzelhandel liegt erstmals mit 43 Prozent Anteil deutlich vorne. Der Wandel liegt vor allem an der absolut stark eingebrochenen Nachfrage im Bereich der Dienstleister (- 70 Prozent) und dem vergleichsweise moderaten Rückgang der Fläche im Einzelhandel (- 9 Prozent). Ebenfalls stark eingebrochen ist spekulative Bautätigkeit durch Investoren. Projekte ohne feste Vermietung wurden so gut wie nicht realisiert. Dies wird sich nach Ansicht der Autoren auch mittelfristig nicht ändern. Bei Investitionen in Logistikimmobilien seitens der Industrie ist ein moderater Rückgang zu verzeichnen, der Nutzeranteil liegt 2009 unverändert bei etwa 25 Prozent (2008: 25 Prozent). Im ersten Halbjahr ist allerdings wieder ein Trend zu alten Anteilsverhältnissen zu beobachten. Die Logistikdienstleister stellen wieder 43 Prozent der Nutzer. Ein Blick auf die Landkarte der Neuinvestitionen zeigt, das alle Regionen seit Anfang 2009 unterdurchschnittliche Wachstumszahlen zu verzeichnen hatten. Allerdings traf die Krise manche Regionen stärker als andere. Zwei Regionen stechen besonders hervor und werden als „Newcomer“ von den Autoren der Studie gehandelt: Die Region Erfurt und die Region Magdeburg. Beide Standorte hatten den Sprung in die Top 18 unter den Logistikregionen, die in der ersten Auflage der Logistikimmobilienstudie identifiziert wurden, knapp verpasst. Durch attraktive Neuansiedlungen in den letzten 1,5 Jahren müssen beide Standorte nach Einschätzung der Autoren künftig als Topstandorte gehandelt werden. In der Region um Erfurt haben namhafte Unternehmen, vorrangig aus dem Einzelhandels- und Konsumgüterbereich wie Panasonic, Netto und Norma sowie Logistikdienstleister wie Rhenus Distributionszentren positioniert.Newcomer Magdeburg und ErfurtBesonders schlecht haben in den letzten 1,5 Jahren die Standorte München, Münster/Osnabrück, Saarland, die Region „Mitte Deutschland“ von Bad Hersfeld über Kassel bis Göttingen sowie die Region von Regensburg über Straubing bis Deggendorf abgeschnitten. In den genannten Regionen wurden zuletzt kaum Neubauten realisiert. „Die an sich hochattraktive Region München konnte 2009 kaum Ansiedlungen verbuchen. Das hohe Preisniveau der Grundstücke hat offenbar viele Investoren abgeschreckt oder zum Aufschub gezwungen“, erklärt Nehm. Topthema NachhaltigkeitZunehmende Bedeutung komme dem Thema Nachhaltigkeit zu, bestätigen die Fraunhofer-Experten. Allerdings gebe es keine verbindliche und allgemein akzeptierte Beschreibung dessen, was unter einer nachhaltig gebauten Immobilie zu verstehen sei. Manch einer sei der Meinung, eine Immobilie sei schon deshalb nachhaltig, weil eine Solaranlage auf dem Dach steht. „Es existiert ein Wildwuchs unterschiedlicher Zertifikate für nachhaltiges Bauen“, beklagt Nehm. Dass es so viele unterschiedliche und oft landesspezifische Nachhaltigkeitsnachweise gibt, sorge für Verunsicherung im Markt. Der Nachhaltigkeitsnachweis über Zertifikate sei darüber hinaus ein sehr kostspieliges Unterfangen, das schnell mit 100.000 bis 150.000 Euro zu Buche schlage. Viele Immobilienentwickler gingen daher dazu über, sich beim Neubau einer Immobilie zwar an den Richtlinien bestehender Zertifikate zu orientieren, die eigentliche Zertifizierung aber dem Investor zu überlassen. Und noch etwas stellen die Autoren fest: Die Logistikbranche hat immer noch ein Imageproblem. Dies zeige sich daran, dass Pläne für Neubauten häufig verworfen werden müssten, weil Anwohner dagegen protestieren. ❙❚■ Dietmar WinklerLogistikflächenentwicklung 2009 und im ersten Halbjahr 2010: Der Markt für Logistikimmobilien ist 2009 massiv eingebrochen. Im Vergleich zum Vorjahr wurden nur halb so viele Fläche für Logistikimmobilien entwickelt. Je heller die Fläche, desto weniger wurde gebaut. Auch an den Hotspots im Logistikmarkt wie München wurde kaum investiertLogistikimmobilienLogistikimmobilienLogistik ohne Lager funktioniert nicht - wie Sie die richtigen Entscheidungen treffenVR 38: Selber bauen oder mieten – was lohnt sich?VR 39: Wichtige Logistikstandorte im Vergleich VR 40: Praxis: Energieeffiziente Logistikimmobilie Wer sind die Nutzer?200220032004200520062007200820092010Logistikimmobilienentwicklung nach Nutzerbranchen in Quadratmetern4.500.0004.000.0003.500.0003.000.0002.500.0002.000.0001.500.0001.000.000500.0000Der Rückgang bei Investitionen in Logistikimmobilien war bei den Logistikdienstleistern stärker als im Handel. Im Krisenjahr 2009 stellte daher der Handel die meisten Nutzer von Logistikimmobilien. Gezählt werden jeweils alle Neubauten – egal ob Nutzer mieten oder selbst investieren. diwi LogistikimmobilienEin grundsätzlicher ZielkonfliktWarum sich nachhaltige Immobilien für Mieter nicht immer rechnen, erklärt Studienautor und Projektleiter Alexander Nehm.Neu entwickelte Logistikimmobilien wurden 2009 auffällig oft vom Einzelhandel genutzt, Logistikdienstleister spielten anders als in den Jahren zuvor dagegen eine geringere Rolle. Warum?Alexander Nehm: Im Vergleich zu den Vorjahren, in denen Logistikdienstleistern mehr als die Hälfte der Neuentwicklungen zugeordnet werden konnte, ging ihre Bedeutung 2009 krisenbedingt zurück. Nur 32 Prozent der Neuentwicklungen wurden von Dienstleistern genutzt. Dagegen liegt der Einzelhandel mit 43 Prozent Anteil deutlich vorne. Das liegt zum einen daran, dass der private Konsum im Gegensatz zu vielen anderen Branchen relativ verschont geblieben ist, zum anderen nutzten große Handelsketten die niedrigen Immobilienpreise, um fällige Investitionen in Distributionszentren zu tätigen. Insgesamt waren die Bautätigkeiten jedoch bei allen Branchen niedriger als sonst.Die Regionen Erfurt und Magdeburg werden als Newcomer besonders hervorgehoben. Womit können diese Regionen punkten?Beide Standorte lagen in der Bewertung der Attraktivität nach ausgewählten Faktoren schon bei der ersten Studie 2009 relativ weit vorne. Sie hatten aber im Vergleich zu den anderen Topstandorten absolut weniger Logistikansiedlungen vorzuweisen. In den letzten eineinhalb Jahren konnten beide Regionen einige wichtige Ansiedlungen verzeichnen, deshalb werden sie in der nächsten Ausgabe der Studie 2011 vermutlich aus der zweiten Liga endgültig in die erste aufsteigen.Bei der Realisierung von nachhaltigen Immobilien erkennen Sie einen Zielkonflikt zwischen Investor, Entwickler und Mieter? Wo liegt das Konfliktpotenzial?Unternehmen der Logistikwirtschaft betrachten das Thema Nachhaltigkeit immer auch unter Kostenaspekten. Dass sich Immobilien, die aufgrund ihrer nachhaltigen Bauweise weniger Nebenkosten erzeugen, auf lange Sicht amortisieren, mag aus Sicht eines Investors richtig sein. Denn der kann die Immobilie auch nach 15 oder 20 Jahren noch zu attraktiven Konditionen vermieten. Aus Sicht eines Mieters, der die Immobilie vielleicht nur für 5 Jahre nutzen möchte, geht diese Rechnung nicht auf. Er hat zwar auch geringere Nebenkosten, muss aber auch eine entsprechend höhere Miete in Kauf nehmen. Dazu sind viele Unternehmen noch nicht bereit. diwiInterviewAlexander NehmViele Projekte in der PipelineNach dem massiven Einbruch des Marktes für Logistikimmobilien 2009 um die Hälfte und dem schwachen Start in diesem Jahr ist für das zweite Halbjahr eine Zunahme der Bautätigkeiten zu erwarten. Insgesamt dürfte der Markt 2010 gemessen an der Neubaufläche um 5 Prozent über dem Niveau von 2009 liegen. Zahlreiche Projekte, die in der Krise auf Eis gelegt wurden, könnten dann realisiert werden - nicht zuletzt von den Logistikdienstleistern, die sich in der Krise besonders zurückgehalten haben. Das Studienupdate kann auf der Website des Fraunhofer SCS heruntergeladen werden: www.scs.fraunhofer.de diwiFazitDie VerkehrsRundschau beleuchtet die Aussichten für die Märkte: VR 38: Die Trends in der Distribution von NeufahrzeugenVR 39: Logistikimmobilien – Markt und StandorteVR 40: Die Zukunft des Straßengüterverkehrs in ÖsterreichVR 41: BGL-Konjunkturanalyse: Neue Zahlen aus dem Gewerbe

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