Lernen vom großen

Im Mai 2007 wurde das neue trimodale Hanse-Terminal im Magdeburger Hafen eröffnet. Auf einen Blick Lernen vom großen Bruder DuisburgDer Magdeburger Hafen will sich als Hinterlanddrehscheibe für die norddeutschen Seehäfen etablieren und den Logistikstandort Sachsen-Anhalt stärken. Karl-Heinz Ehrhardt blickt auf die Elbe hinaus und hat eine Vision. Noch geht es eher beschaulich zu, an dem im Mai vergangenen Jahres eröffneten Hanse-Terminal im nördlichen Bereich des Hafens – doch das soll sich ändern. In deutlichen Worten formuliert der Geschäftsführer des Magdeburger Hafens die Strategie, mit der nicht nur die Stadt, sondern das gesamte Bundesland Sachsen-Anhalt langfristig logistisch punkten soll: "Wir wollen das Duisburg des Ostens werden." Ein Vorhaben, das hinsichtlich der derzeit umgeschlagenen Gütermengen – Duisburg lag im Jahr 2007 bei über 55 Millionen Tonnen, Magdeburg gerade einmal bei drei Millionen – zunächst nahezu utopisch erscheint. Doch Ehrhardt hat das Ziel ganz klar gesteckt: "Magdeburg soll sich als feste Hinterlanddrehscheibe für die vorgelagerten Seehäfen in Hamburg und Bremen langfristig etablieren." Die Chancen dafür stehen gut. "Als Folge des Containerbooms zeichnet sich in Hamburg der Trend ab, den prosperierenden Hafen durch Hinterland-Hubs zu entlasten", berichtet Bengt van Beuningen, Sprecher der Hafen Hamburg Marketing. Die Bedeutung von Magdeburg wächst: "Der Hafen hat Potenzial", ist sich van Beuningen sicher.Duisburgs Strategie als VorbildLernen vom großen Bruder in Duisburg – so könnte man das Konzept, auf das der Magdeburger Hafen langfristig setzt, auch bezeichnen. "Wir wollen die gleiche Strategie, die Duisburg seit den 60er-Jahren erfolgreich praktiziert, auch für das Mitteldeutsche Wirtschaftsgebiet umsetzen", fährt Ehrhardt entschlossen fort. Duisburg habe nicht nur eng mit den so genannten Westhäfen in Rotterdam, Amsterdam und Antwerpen kooperiert, sondern um seinen Hafenstandort herum eine Vielzahl von Logistikunternehmen oder logistikaffinen Industrieunternehmen angesiedelt und sich damit zu dem entwickelt, was es heute ist, so der Hafen-Chef weiter. Ein Vorgehen, auf das nun auch Mag-deburg setzt. Rund 40 Hektar neue Frei-flächen hält der Hansehafen für potenzielle Investoren bereit, 75 Prozent davon sind bereits vermarktet. Gleich mehrere Anreize sollen Industrie- und Logistik-unternehmen locken – niedrige Grundstückspreise und damit verbundene gute Pachtkonditionen, günstige Arbeitskräfte, Fördermöglichkeiten für Wirtschaftsansiedlungen und eine gute Ausgangsposition für die Verteilung von Waren nach Osteuropa. Vor allem aber soll der Magdeburger Hafen, der sich mit seinen drei Hafengebieten Industriehafen, Kanalhafen und Hansehafen auf eine Gesamtfläche einschließlich Wasser von rund 655 Hektar erstreckt, von seiner trimodalen Anbindung profitieren. Das so genannte Wasserstraßenkreuz zwischen Elbe, Mittellandkanal und Elbe-Havel-Kanal bietet per Binnenschiff Anschlüsse nach Hamburg, Bremen und Tschechien sowie über Stettin und Lübeck zur Ostsee. Der Weitertransport von Waren per LKW kann über die nahe gelegenen Autobahnen 2 und 14 erfolgen. Und der Hafen verfügt mit einer eigenen Hafenbahn über Anschlussmöglichkeiten zur Eisenbahnstrecke Hannover-Berlin. Positionierung als LogistikdienstleisterDass sich die Entwicklung des größten ostdeutschen Binnenhafens auch langfristig gut fortsetzen wird, davon ist Karl-Heinz Ehrhardt überzeugt. "Wir sehen uns in einer positiven Ausgangslage, da wir uns als Binnenhafen in einem der neuen Bundesländer von Beginn an mit Logistikdienstleistungen platzieren mussten. Die traditionellen Binnenhäfen in den alten Bundesländern, hier besonders die Häfen an Rhein und Ruhr, mussten sich hingegen von reinen Infrastrukturgesellschaften und Vermietern zu logistischen Dienstleistern erst hin entwickeln, da ihnen die großen Pächter der Montan-industrie weggebrochen sind", beschreibt der Hafen-Geschäftsführer das Szenario. Logistikbranche als SchlüsselindustrieMagdeburgs Schwäche sei hingegen die Tatsache, dass sich der Hafen nicht inmitten eines großen und starken Wirtschaftsraums wie dem Ruhrgebiet oder dem Rhein-Mein-Gebiet befände. Dennoch ist Ehrhardt zuversichtlich: "Wir operieren in eine progressive Marktphase hinein." Vom Potenzial des Magdeburger Hafens ist man auch auf oberster Politikebene im Land Sachsen-Anhalt überzeugt: "Der derzeitige Umschlag von rund 3 Millionen Tonnen ist erst der Anfang", ist sich Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Reiner Haseloff sicher. Generell soll Logistik für das Bundesland zukünftig eine immer stärkere Rolle spielen. "Die Lage von Sachsen-Anhalt ist eine natürliche Gabe, um daraus gerade in der Logistik wirtschaftlichen Ertrag zu ziehen. Deshalb gehört die Logistikbranche zu den Schlüsselindustrien in unserem Land", führte der Minister an. So könnten Logistikunternehmen beispielsweise mit Investitionszuschüssen der EU, der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Sachsen-Anhalt gefördert werden. Logistikbeirat statt LogistikinitiativeEine eigene Logistikinitiative, wie man sie als Standort-Netzwerk beispielsweise aus Hamburg oder Niedersachsen kennt, gibt es in Sachsen-Anhalt allerdings nicht. Stattdessen sorgt seit März 2007 ein Logistikbeirat beim Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr dafür, dass zwischen Landesregierung und Vertretern der Wirtschaft ein regelmäßiger Informationsaustausch rund um das Thema Logis-tik erfolgt. Dass das Engagement der 15 Mitglieder, die den Bereichen Transport, Logistik und Verladerschaft angehören, bereits erste Früchte zeigt, ist auf jeden Fall schon zu erkennen: Noch in der ersten Jahreshälfte 2008 will Sachsen-Anhalt ein eigenes Landes-Logistikkonzept vorlegen, in das die vom Beirat formulierten Wünsche und fachlichen Anforderungen eingearbeitet worden sind. ❙❚■ Stefanie BleyWeitere Informationen zum Logistikstandort Sachsen-Anhalt unter www.verkehrsrundschau.de/logistik

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