Großaufträge bremsen

Widersprüchlicher könnte es kaum sein: Einerseits werden auf der IAA Nutzfahrzeuge mit viel Tam-Tam Großaufträge verkündet - andererseits sprechen die Zulassungszahlen in Europa eine andere Sprache: Der Trend zeigt nach unten. Trügerische Großbestellungen Den größten Coup - zumindest stückzahlenmäßig - landete DAF. Der ungarische Großspediteur Waberer´s bestellte bei den Niederländern 1000 CF- und XF-Sattelzugmaschinen. DAF liefert die Fahrzeuge dieses und nächstes Jahr. Die Flotte der Ungarn besteht insgesamt aus 3300 Fahrzeugen, von denen fast die Hälfte DAF-LKW sind. Ronald Garkisch, Geschäftsführer der Spedition Euba Logistic, unterschrieb auf der IAA einen Rahmenvertrag über 120 Volvo FH, die die Schweden im Laufe der nächsten drei Jahre liefern sollen. Die Flotte der Euba Logistic umfasst derzeit 90 LKW, alle Fahrzeuge kommen von Volvo Trucks. Zum Ende des Rahmenvertrages ist der Fuhrpark in der Uckermark auf 120 Einheiten gewachsen. Diese Beispiele täuschen ein wenig über die reale Situation im Nutzfahrzeugmarkt hinweg. Laut dem Herstellerverband Acea sind im Sommer 2014 dunkle Wolken über den Vertriebsmannschaften der Hersteller aufgezogen. Nur Transporter verkauften sich im Juli und August 2014 gut. Der Markt für leichte und schwere LKW ist in der Ferienzeit dagegen eingebrochen. Nur Transporter verkaufen sich gut Im Vergleich zu den Vorjahresmonaten gaben die Zulassungszahlen für mittelschwere LKW europaweit um 5,6 Prozent im Juli und 7,5 Prozent im August nach. Der deutsche Markt schrumpfte im Juli um 3,2 Prozent und im August um 4,4 Prozent, so die aktuelle Acea-Statistik. In der Klasse der schweren LKW über 16 Tonnen lag das Wachstum bei den Zulassungen in Deutschland bei 4,0 Prozent im Juli und 2,4 Prozent im August. Europaweit gingen die Zulassungen allerdings zurück: Im Juli betrug das Minus 4,3 Prozent, im August sogar 6,1 Prozent. Dagegen entwickelten sich die Märkte für Transporter bis 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht europaweit positiv. Im Juli stiegen die Zulassungen um 12,8 Prozent und im August um 10,2 Prozent. In Deutschland betrug das Plus im Juli 6,4 Prozent und im Folgemonat 13,4 Prozent. Über den gesamten Jahresverlauf gesehen fällt die Bilanz deutlich positiver aus: Transporter und schwere LKW liegen im Plus, mittelschwere LKW nur leicht im Minus (siehe Grafik unten). Ein erstes Opfer haben die schwachen Neuzulassungszahlen schon gefordert. MAN will von Oktober bis Januar in den Werken in Österreich und Salzgitter kurzarbeiten lassen. Russlands schwächelnde Wirtschaft und die Ukraine-Krise kosten Europas LKW-bauer Stückzahlen. Dieses Jahr dürften die Verkaufszahlen westlicher Hersteller in Russland um rund ein Viertel "oder sogar noch mehr" einbrechen, so MAN-Nutzfahrzeug-Chef Anders Nielsen auf der IAA. Das gelte für Nutzfahrzeuge über sechs Tonnen. Russland sei für MAN einer der wichtigsten Exportmärkte. Auch VW-Nutzfahrzeugechef Eckhard Scholz schaut mit bangem Blick in die Ukraine. "Wir hoffen sehr, dass es bald zu einer Einigung der Konfliktparteien kommt", sagte er auf der Messe. Im bisherigen Jahresverlauf sei die Absatzentwicklung in Osteuropa mit minus 0,3 Prozent aber "trotz der Ukraine-Krise noch erstaunlich stabil". Dafür machen die Märkte im südlichen Europa weiter Sorgen. Scholz warnte vor dem Risiko einer neuen Rezession. Es sei daher richtig, dass der VW-Konzern jüngst ein Spar- und Effizienzprogramm gestartet habe. Trailerhersteller planen Wachstum Bei der Konkurrenz in Stuttgart ist Kurzarbeit derzeit kein Thema. "Die Abschwächung können wir mit unseren flexiblen Arbeitszeitmodellen sehr gut abfedern", so Daimler-Nutzfahrzeug-Vorstand Wolfgang Bernhard unmittelbar vor der IAA. Ähnliches ist auch von ausländischen Herstellern zu hören. Bei den Herstellern gelten Schwankungen von bis zu 30 Prozent als lösbares Problem. Bernhard geht davon aus, das der Markt in Europa um mindestens fünf Prozent schrumpft. Andere Brancheninsider befürchten Rückgänge von bis zu 15 Prozent. Hoffnung machen die vor der letzten Krise reichlich gekauften Fahrzeuge - bei ihnen wird so langsam der Austausch fällig. Viele Hersteller von gezogenen Einheiten, darunter Kässbohrer, Kögel, Krone und Schwarzmüller, haben auf der Messe allesamt, trotz Krise, Wachstumsziele ausgegeben. Unisono blickt die Trailer-Branche auf ein gutes vergangenes und laufendes Geschäftsjahr. Kässbohrer zum Beispiel will den Umsatz bis 2018 auf 500 Millionen Euro mehr als verdoppeln, die Krone-Gruppe möchte 2020 rund 2,2 Milliarden Euro erlösen, aktuell sind es 1,6 Milliarden. Im gleichen Zeitraum will Schwarzmüller den Umsatz auf 450 Millionen Euro fast verdoppeln. Wenn der Trend nicht kippt.