Freie Auswahl

Wie beim Hauptgewinn an der Losbude haben die Kommissionierer von HB Schutzbekleidung (HBS) neuerdings die freie Auswahl: Headset oder Terminal. Jeden Tag können die Mitarbeiter des Herstellers von Schutzbekleidung entscheiden, ob sie mit Pickby-Voice oder einem mobilen Handterminal arbeiten wollen. Freie Auswahl bei der Software Diese Freiheit ist Teil der neuen Lagersteuerung, die HBS jüngst in Zusammenarbeit mit dem Softwarehaus Opus-G eingeführt hat. Das Projekt betraf sämtliche Warenbewegungen von der chaotischen Einlagerung über das Kommissionieren bis hin zum Auslagern. Die Vorgängerlösung zum Verwalten des 2300 Quadratmeter großen Roh- und Versandwarenlagers in Thalhausen bei Koblenz war nach 15 Jahren an ihre Grenzen gestoßen. Pro Monat werden hier 500 Anlieferungen mit rund 35.000 Kleidungstücken vereinnahmt. Im Warenausgang sind es in der gleichen Zeit 1500 Kundensendungen mit im Schnitt 15 bis 25 Positionen. Die dazugehörigen Logistikprozesse sollten beschleunigt werden und eine Chargenrückverfolgung für die 130.000 verschiedenen Artikel möglich sein. Zur Auswahl des neuen Lieferanten führte Birgit Ophüls, die bei HBS den Bereich Logistik verantwortet, Gespräche mit fünf Unternehmen: "Opus-G konnte uns durch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, ein junges und sehr engagiertes Team sowie die große Vertrauenswürdigkeit am meisten überzeugen" (siehe Checkliste rechts). Als einziger Anbieter war das Unternehmen bereit, vorab eine realistische Simulation der Lösung mit Echtdaten von HBS zu präsentieren. Zudem wurden von Anfang an auch unbequeme Wahrheiten angesprochen. "Man sagte uns, dass entgegen unserer Vorstellung die vorhandene mobile Datentechnik nicht weiterverwendet werden könne", so Ophüls. Herzstück der Lösung ist das Warehouse-Management-System Opus-WMS, das bei HBS mit dem Warenwirtschaftssystem Intex kommuniziert. Von dort erhält das WMS Produktionsaufträge der insgesamt sieben Standorte. Die Auftragsdaten umfassen neben Produktart und Stückzahl auch Packvorschläge für die Mitarbeiter der Fertigung. "Im Zuge des Projekts haben wir an allen Standorten durchgängig genutzte einheitliche Plastikboxen eingeführt, mit denen wir die vorhandenen Regalplätze effizienter nutzen können", berichtet Ophüls. Zuvor wurden die Textilien meist lose in den Regalen gestapelt. Bereits am Produktionsstandort erhalten die Boxen ein Barcodeetikett. Die per Lkw im Zentrallager angelieferten Sendungen gelangen über eine neue automatische Fördertechnik zum Wareneingang. Als Generalunternehmer war Opus-G auch für die Ansteuerung der Hardware verantwortlich. Bei der Fördertechnik fiel die Wahl auf die HaRo-Gruppe. Eine Schnittstelle (TCP/IP) sichert die Verbindung zum WMS, das ermöglicht eine erste Plausibilitätsprüfung anhand des Gewichtes sowie das Ausschleusen von Stichproben für die Qualitätssicherung.Alle übrigen Boxen werden auf zwei Lagerebenen eingelagert. "Früher wurden die Stichproben manuell ausgewählt und die komplette Lieferung konnte erst nach einem positiven Test vereinnahmt werden", sagt Ophüls. Im Wareneingang kommt eine Kombination aus Handrücken-Scannern und Pickby-Voice-Terminals von Top System zum Einsatz. "Ein Arbeiten mit Handterminals wäre hier langsamer, denn die Sprachsteuerung erlaubt ein Arbeiten mit beiden Händen", so die Logistikleiterin. Mitarbeiter im Wareneingang stellen zunächst bis zu 20 Boxen auf einen Handwagen und scannen dann die Etiketten. Danach schlägt die Software für die erste Box einen Lagerplatz vor, der dem Mitarbeiter über sein Voice-Terminal angesagt wird. Am Zielort scannt der Box und Lagerplatz. Freie Auswahl beim Lagerplatz Boxen, die für eine andere Lagerebene bestimmt sind, wurden bereits vorher mit einem in die Fördertechnik integrierten Aufzug eine Etage höher befördert. Ist der vorgesehene Lagerplatz belegt, genügt der Sprachbefehl "Platz belegt", um ihn zu sperren und vom WMS einen neuen zu erhalten. Grundsätzlich muss der Mitarbeiter den vom WMS vorgeschlagenen Lagerort nicht akzeptieren. Eingehende Kundenbestellungen übergibt das Warenwirtschaftssystem an das WMS, welches sie in Pickaufträge für die Kommissionierer umwandelt. In den Pickvorgang integriert ist eine permanente Inventur, mit der sich HBS 2016 erstmals die Vollinventur spart. Die Lösung erlaubt zudem den parallelen Einsatz von Handterminals und Sprachsteuerung. "Jeder Mensch ist verschieden und deshalb lassen wir unseren Mitarbeitern die Auswahl", sagt Ophüls. Daher stehen für die Kommissionierer zehn Pickby-Voice-Terminals und zehn Handscanner von ACD bereit. Unabhängig vom Endgerät picken die HBS-Mitarbeiter auf ihrem Kommissionier-Rundgang mehrere Aufträge parallel - auf dem Wagen haben je nach Größe sechs bis zehn Kartons Platz. Benötigt ein Auftrag Waren aus beiden Lagerebenen, wird die Kommissionierung auf zwei Mitarbeiter aufgeteilt - gestartet wird oben. Dort gepickte aber noch unvollständige Kartons fahren per Lift nach unten. Dort komplettiert ein zweiter Kommissionierer den Auftragskarton. Neben dem Auslagern und Kommissionieren steuert die Lagersoftware das Umlagern sowie die Abläufe zum Veredeln von Textilien. Manche Kunden wollen ihr Firmenlogo oder den Namen des Trägers auf die Arbeitskleidung aufgebracht haben. Dieser Service wird in Thalhausen durch eine eigene Abteilung erledigt. Betroffene Aufträge werden in diesen Bereich geroutet und nach Abschluss der Arbeiten wieder vom Kommissionierer übernommen. Freie Auswahl beim Drucker Die fertig gepackten Kartons wurden vom Kommissionierer zu Beginn mit einem Etikett versehen. Hierfür wählt er den für ihn nächstgelegenen Drucker aus und scannt dessen Identifikationsnummer. So weiß das WMS, an welchem Ort das Label gedruckt werden muss. Fertige Kartons fahren über die Fördertechnik in den Warenausgang, wo vom System automatisch die Liefer- und Palettenscheine sowie die passenden Versandetiketten gedruckt werden. Dabei kann das System auch spezielle Anforderungen berücksichtigen. Manche Großkunden wollen zusätzliche Lieferscheine auf den Kartons, um deren Routing in das korrekte Empfangslager zu vereinfachen. HBS hat für den Transport mehrere KEP-Dienste und Speditionen zur Auswahl, welche die Software mittels EDI mit den Versanddaten versorgt. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Lager-IT www.verkehrsrundschau.de/dossiers