Berlin. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will sich von der massiven Kritik des Bundesrechnungshofs an seinem Entwurf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) nicht beirren lassen. Auf Änderungswünsche der Länder dagegen will der CSU-Politiker eingehen.
„Versäumt, nicht erreicht, bedenklich, vollständig verfehlt, teilweise falsch“ – der Bericht der Rechnungsprüfer an den Haushaltsausschuss des Bundestages über die Plausibilisierung der Investitionskosten von Straßenbauprojekten fällt vernichtend aus. Kritisiert werden unrealistische Kostenschätzungen, nicht nachvollziehbare Kosten-Nutzen-Berechnungen sowie eine fehlende Vergleichbarkeit einzelner Projekte. Das Fazit des Berichts, der der VerkehrsRundschau vorliegt: „Damit hat das Bundesverkehrsministerium (BMVI) bei diesen Projekten sein Ziel der Plausibilisierung vollständig verfehlt“. Gemeint sind unter anderem die als vorrangig bewerteten Ausbauprojekte, die Engpässe beseitigen sollen und deshalb in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf-Engpassbeseitigung“ eingestuft wurden.
Bauvorhaben werden teurer
Das Verkehrsministerium hatte ein Ingenieurbüro beauftragt, ein Verfahren zur Plausibilisierung der angemeldeten Investitionskosten zu entwickeln. Der Rechnungshof moniert insbesondere, dass das Ministerium die Vorschläge des Büros nicht aufgegriffen habe. „Damit nahm das BMVI bewusst in Kauf, dass die Investitionskosten bei Ausbauprojekten, die eine wesentliche Größe für die Berechnung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses als zentrales Entscheidungskriterium für die Einstufung der Projekte im BVWP sind, vollständig ungeprüft blieben“. Im Klartext: Viele Bauvorhaben könnten viel teurer werden als veranschlagt und damit zu Unrecht als „sinnvoll“ in den Verkehrswegeplan gerutscht sein.
Wer gedacht hatte, das Verkehrsministerium würde sich auf die Fundamentalkritik der Rechnungsprüfer einlassen, sah sich getäuscht. „Wir gehen davon aus, dass der Bundesrechnungshof nicht ausreichend die Gelegenheit genutzt hat, sich diesen BVWP gründlich anzusehen“, äußerte sich ein Ressortsprecher herablassend. Die Forderung nach einer Neubewertung von Projekten werde abgelehnt. Die Rechnungsprüfer hatten „angesichts des weit fortgeschrittenen Verfahrens“ empfohlen, zumindest alle Ausbauprojekte erneut zu plausibilisieren.
Leidig: Dobrindt hat getrickst
Doch die Opposition will Dobrindt das nicht durchgehen lassen. Die Linken-Verkehrspolitikerin Sabine Leidig spricht von einem Skandal, da Dobrindt „wie immer bei den Kosten getrickst“ habe. Es sei dem Ministerium zu viel Arbeit gewesen, die Länder zu plausibleren Kostenschätzungen aufzufordern. Die Grünen-Verkehrspolitikerin Valerie Wilms anerkannte zwar, der Plan sei nicht so völlig überbucht wie die Vorgänger. Doch sei es falsch, dass der Bund in den nächsten 15 Jahren 502 Ortsumgehungen finanzieren wolle. „Absurd“, meinte dazu Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND). Ähnlich äußerten sich der Deutsche Naturschutzring (DNR), der Naturschutzbund (Nabu) sowie der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Die Klimaschutzziele der Bundesregierung könnten nur durch eine Verdoppelung des Schienengüterverkehrs erreicht werden, mahnte deren Vorsitzender Michael Ziesak. Die Grünen in Nordrhein-Westfalen zeigten sich auf einer Regionalkonferenz in Bonn enttäuscht, dass die von der rotgrünen Landesregierung vorgeschlagene neue Güterzugstrecke „Eiserner Rhein“ zwischen Antwerpen und der Rhein-Ruhr-Region durchgefallen sei.
Konziliant zeigte sich Dobrindt dagegen bei einer Regionalkonferenz der CSU-Landesgruppe in Straubing. Dort kündigte er Zugeständnisse an, etwa beim sechsspurigen Ausbau der Autobahn A 3 und dem Ausbau der Bundesstraße 20 zwischen Straubing und Landau (Isar). „Ich nehme die Anliegen, die an mich herangetragen werden, sehr ernst“. Noch bis zum 2. Mai kann jeder Bürger den BVWP kommentieren und Gegenvorschläge machen. Bisher sind bereits mehr als 2000 Stellungnahmen eingegangen. (jök)