Berlin. In den festgefahrenen Tarifstreit um Arbeitsplatzgarantien bei der Deutschen Bahn kommt Bewegung. Das Management und die Gewerkschaftsspitzen wollten sich noch am Donnerstag zu einem Sondierungsgespräch in Berlin treffen. Ob damit auch die angedrohten Warnstreiks vom Tisch sind, war zunächst unklar. Mitte September waren die Tarifverhandlungen nach einer Schlichtung gescheitert. Zugleich kamen Experten von Bundesregierung und großer Koalition am Donnerstag zusammen, um über den geplanten Börsengang der Bahn zu beraten. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie der Netzbetrieb bei der Privatisierung organisiert werden soll. Für die Tarifparteien soll jetzt das von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) vorgeschlagene Kompromissmodell für einen Börsengang Grundlage der Gespräche sein, sagte ein Bahnsprecher. Trotz der Sondierung gingen die Vorbereitungen für Warnstreiks unverändert weiter, teilte die Gewerkschaft Transnet mit. Die Friedenspflicht war um Mitternacht ausgelaufen. Seitdem sind Arbeitsniederlegungen zulässig. Die Vorsitzenden der Bahngewerkschaften, Norbert Hansen (Transnet) und Klaus-Dieter Hommel (GDBA), erklärten, es gehe bei der Sondierung mit dem Bahnkonzern darum, „auszuloten, ob eine Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen Sinn hat. Wir werden nichts unversucht lassen, um die Beschäftigungssicherung für die rund 130.000 Tarifkräfte zu sichern.“ Für diese Beschäftigten gilt bis 2010 ein Schutz vor Entlassung, der bei einer veränderten Unternehmensstruktur allerdings wegfiele. In 32 großen Bahnhöfen verteilten die Gewerkschaften nach eigenen Angaben am Donnerstag rund 150.000 Flugblätter, in denen über den Konflikt informiert wurde. Der Vorschlag des Verkehrsministeriums für die Bahn-Privatisierung sieht vor, dass der Bund das juristische Eigentum am Gleisnetz behält. Die Bahn könnte es als wirtschaftliche Eigentümerin aber weiterhin in ihrer Bilanz führen. Die konzerninterne Vermittlung von Arbeitskräften zum Schutz vor Entlassungen könnte erhalten bleiben. Tiefensee und andere Vertreter der Koalition äußerten die Erwartung, dass man sich auf eine Lösung zubewegen könne. „Wir werden Schritt für Schritt eine gemeinsame Lösung finden“, sagte Tiefensee. Wichtig seien Fragen wie die Verlagerung von mehr Verkehr von der Straße auf die Bahn, mehr Wettbewerb auf der Schiene und Sicherung von Beschäftigung bei der Bahn. Die Union bekräftigte, ein Modell, bei dem die Bahn samt Schienennetz an die Börse ginge und der Bund eine Rückholoption erhielte, habe „keinerlei Chancen“. „Wir wollen das Eigentumsmodell, das den Einfluss des Bundes auf das Netz sichert“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Friedrich (CSU). Das von Tiefensee vorgelegte Kompromissmodell werde sorgfältig geprüft. Dazu werde man die nächsten Wochen brauchen. Nach bisheriger Planung sollen die Beschlüsse zum Börsengang spätestens bis Ende Oktober fallen. (dpa)
Bahn-Tarifstreit: Tiefensee-Modell als Grundlage
Tarifstreit um DB-Arbeitsplatzgarantien: Management und Gewerkschaftsspitzen wollen sich zu Sondierungsgespräch treffen