Auf Wolke Sendung

Eine in Plastik gehüllte Metallleiter lehnt an einer Palette mit Hundefutter. Daneben warten ein in Folie geschweißter Metallofen und ein sorgsam auf ein Transportgestell montiertes Quad auf ihre Weiterreise. Das Terminal der Stückgut-Spedition Zufall in Fulda ist ein echter Gemischtwarenladen. Bis zu 5000 Sendungen vom Motorroller bis hin zu Paletten mit Babynahrung schlagen die Mitarbeiter in der Umschlagshalle jeden Tag um und schicken sie auf die Reise quer durch Deutschland, häufig sogar durch Europa. Das Unternehmen ist einer der 42 Regionalbetriebe, die durch die Stückgutkooperation System Alliance (SyA) mit Hauptsitz in Niederaula vernetzt sind. Damit auf der Reise der jährlich 9,45 Millionen nationalen Sendungen der Kooperation alles glattgeht, müssen die Partner Hand in Hand arbeiten, nicht nur, was den sicheren Transport der Packstücke angeht. Auch jede Menge Daten müssen von A nach B, wobei es vor allem auf einen guten Datenfluss ankommt. Und der läuft bei der Kooperation über die webbasierte Plattform "SyA-Cloud". Daten aus einem Topf "Der Trend ist, dass die Planung aller Beteiligten im Transport immer weiter zusammenwächst", sagt Georg Köhler, Geschäftsführer der System Alliance. Eine Cloud, zu Deutsch Wolke, ist ein Modell, das es jederzeit und überall möglich macht, über das Internet auf einen zentralen Pool von Rechnerressourcen und Daten zuzugreifen. Durch Cloud-Computing sei es allen Anwendern möglich, auf der gleichen Daten- und Prozessbasis zu arbeiten. "Die Geschwindigkeit der Kommunikation wird immer wichtiger", sagt Köhler. "Durch die Cloudlösung sind wir unabhängiger von festen Datenverarbeitungs-Systemen". Alle Daten, die zur Sendungsbearbeitung notwendig sind, laufen schnittstellenlos in der Plattform zusammen. Die Regionalbetriebe der Stückgutkooperation sowie Versender und Empfänger können von jedem internetfähigen Gerät auf den Datenpool zugreifen und die für sich relevanten Informationen abrufen - ohne eine lokale Software zu installieren. Schon bevor sich Hundefutter, Leiter und Co auf den Weg in das Zufall Terminal nach Fulda gemacht haben, sind bereits zahlreiche Daten geflossen. Während die Waren noch im Lager des Versenders standen, hat dieser den Transportauftrag angestoßen: Am nächsten Tag um zwölf Uhr soll die Palette mit Hundefutter bei seinem Kunden in Hamburg stehen. Abhängig vom Sendungsvolumen kann der Auftraggeber verschiedene Wege gehen, um den Transport in Gang zu setzen. "Große Kunden erfassen ihre Aufträge im eigenen Warenwirtschaftssystem und übertragen dem Partner die Daten dann elektronisch in die SyA-Cloud", erklärt Michael Otto, Geschäftsführer von Active Logistics. Der Anbieter für Logistiksoftware hat die webbasierte Software entwickelt und betreibt das Rechenzentrum, über das die Daten laufen. "Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass der Kunde den Auftrag über die Interneterfassung manuell einträgt, wenn er nur wenige Sendungen pro Tag hat", so Otto weiter. Schon der Auftrag kommt elektronisch "Inzwischen erreichen uns 84 Prozent der Aufträge elektronisch, sodass wir keine manuelle Erfassung mehr machen müssen", erklärt der Bereichsleiter des IT-Projektmanagements bei Zufall Fulda, Robert Blum. Die restlichen 16 Prozent kommen über den klassischen Speditionsauftrag auf Papier. Der Kunde kann dann ein Etikett mit Barcode erstellen, ein Nahverkehrs-LKW aus Fulda kommt vorbei und holt das zu versendende Hundefutter ab, scannt es und packt es zu der Leiter und dem Metallofen, die bereits im LKW sind. Dank der vorauslaufenden Sendungsdaten wissen die Terminalmitarbeiter in Fulda dann bereits, wie viel Ware kommt und welche Packstücke dringend auf die Fernverkehrs-LKW müssen, weil sie am nächsten Tag zugestellt werden sollen. Diese vorauslaufenden Daten sind wichtig, um den Liefertermin einzuhalten. Der LKW nach Hamburg hat ein festes Zeitfenster, wann er abfährt. Bis dahin müssen die Lagermitarbeiter sämtliche Waren verladen haben. Die Sonderdienste haben dabei Priorität. "Wenn ich eine Next-Day-Sendung habe, dann muss ich vorher genau wissen, da kommt einer, für den muss ich noch Platz lassen. Im Notfall wird im letzten Moment noch schnell umgeladen, damit wirklich alles mitgeht", sagt Projektmanager Blum. Angekommen am Terminal in Fulda lädt ein Lagermitarbeiter das Hundefutter aus. Dabei scannt er das Packstück. Mit dem Scan wandert die Information, dass die Ware im Terminal ist, direkt in die Cloud und ist allen Beteiligten zugänglich. Der Empfangspartner in Hamburg, der das Hundefutter an seinem Terminal entgegennehmen wird, weiß Bescheid, dass ein Packstück unterwegs ist und in seinem Verteiler-LKW für den 12-Uhr-Dienst Platz dafür sein muss. In den Anfangsjahren der Stückgutkooperation habe jeder Partner die Datenverarbeitung für sich selbst organisiert und dann auf verschiedenen Kanälen mit dem Partner kommuniziert, erklärt IT-ler Blum. "Das war schwierig, weil man sich bei der Weitergabe der Daten auf das System oder die Arbeitsweise des Partners einstellen musste," sagt er. Ein Partner hat eine E-Mail geschickt, der nächste ein Fax. Die Daten mussten dann mühsam in das eigene System integriert werden. Die Lösung: eine zentrale Datendrehscheibe, an die jeder seine Daten liefert und von wo er selbst auch Sendungsinformationen bekommt - eine Cloud. Keine diffuse Datenwolke "Viele verstehen unter einer Cloud einen Datenstand, der sich irgendwo befindet. Eigentlich ist es aber ein Datenstand, der sich an einem bestimmten Ort befindet", beschreibt Blum die Technologie. Im Fall der SyA-Cloud ist dieser Ort der Standort der System Alliance in Niederaula. Dort befindet sich das zentrale Rechenzentrum, das der IT-Spezialist Active Logistics betreibt. Hier liegen all die Daten, die die Partner der Stückgutkooperation zur Sendungsbearbeitung brauchen. Das kleine, unscheinbare Gebäude, das unzählige Kabel und Server beherbergt, befindet sich gegenüber dem riesigen Hub der System Alliance. "Wenn die Direktverkehrsfahrzeuge beispielsweise voll sind, hat jeder Partner die Möglichkeit, alternativ den Weg über den Hub zu nehmen", erklärt der Kooperations-Geschäftsführer Köhler. Im Fahrzeug von Fulda nach Hamburg ist aber noch Platz. Ein Flurförderzeug chauffiert das Hundefutter zu dem Sammelplatz für den Hamburg-Verkehr. Dort warten bereits andere Packstücke, die ebenfalls in die Hansestadt sollen. Auf einem Display am Flurförderzeug (siehe Kasten oben) sieht der Lagermitarbeiter, welche Sendungen insgesamt in den LKW müssen und welche eine hohe Priorität haben, weil sie - wie das Hundefutter - am nächsten Tag beim Empfänger sein sollen. Die Herausforderung dabei: "Das sind große Leitern, das sind Fahrräder, das sind bei Weitem nicht nur Paletten. Für die Mitarbeiter im Umschlag ist das Tetris in der Endstufe", sagt Holger Hamperl, Bereichsleiter Vertrieb bei Zufall. Beim Einladen scannt der Mitarbeiter das Hundefutter erneut. Sobald die Beladung abgeschlossen ist, drückt er auf seinem Scanner auf "sent". Sofort kommt in der Cloud die Information an, dass das Hundefutter das Terminal in Fulda verlassen hat. Der Partner in Hamburg ist informiert. Wenn der Fernverkehrs-LKW aus Fulda schließlich bei ihm ankommt, lädt dieser das Hundefutter wiederum um in den Verteiler-LKW und liefert es an den Empfänger. Spurensuche für den Kunden Auch der Kunde kann über ein Trackand-Trace-System auf die Sendungsdaten in der Cloud zugreifen oder sich die Statusinformationen schicken lassen. "Es ist nicht Sinn der Sache, ihm jedes Mal eine Mail zu schreiben, wenn eine seiner Sendungen gescannt wird", erklärt Blum. Der Kunde will in der Regel, dass seine Ware zum vereinbarten Zeitpunkt ankommt. Interessant sind die in der Cloud abgelegten Daten für ihn erst, wenn das Hundefutter nicht bei dem Empfänger ankommt oder ein anderer Fehler auftaucht. Der Großteil der Anfragen sei aber damit erledigt, dass der Kunde weiß, wer beim Empfänger die Sendung quittiert hat. "In großen Unternehmen ist das häufig so, dass ein Mitarbeiter die Ware annimmt und sie gleich in den Laden stellt", erklärt Blum. "Sein Kollege ruft dann an und fragt, wo die Sendung bleibt." Über die SyA-Cloud kann der Kunde das selbst nachsehen. Ein digitaler Ablieferbeleg zeigt den Namen und die Unterschrift desjenigen, der das Paket angenommen hat, sowie die genaue Uhrzeit. Die Palette mit dem Hundefutter ist aber ohne Zwischenfälle in der Warenannahme des Empfängers angekommen. 11 Uhr 23 steht auf dem Ablieferbeleg, der kurz darauf in der Datenwolke liegt. Testlauf: Digitale Ladeliste ersetzt Klemmbrett Active Glis verspricht einfachen Stückgutumschlag Die Verlader bei Zufall in Fulda testen derzeit ein Tool, das den Umschlag im Stückgutterminal erleichtern soll. Ein Industrie-Touchscreen ist direkt an ihrem Flurförderzeug aufgeschraubt, auf dem die Software Gate Leitstand Informationssystem (Glis) des Herstellers Active Logistics läuft. Es ersetzt die Ladeliste auf Papier. Der Terminal-Mitarbeiter meldet sich über die Software an dem Tor an, an dem der LKW abfährt, den er beladen muss. Der Bildschirm zeigt ihm eine Übersicht, welche Sendungen er noch bearbeiten muss. Da er direkt am Hubwagen angebracht ist, hat der Verlader den Touch-Screen stets im Blick. Im Minutentakt aktualisiert sich die Liste, falls neue Aufträge eingebucht werden. Ein Ampelsystem informiert den Mitarbeiter darüber, welche Sendungen Priorität haben, weil sie Next-Day-Services sind. Außerdem sieht der Mitarbeiter anhand von farbigen Markierungen, welche Packstücke schon im Terminal sind und welche noch kommen. Aber auch Gefahrgut oder Thermodienste sind bunt gekennzeichnet. Rund 2500 Euro kostet so ein mobiler Touchscreen in der Anschaffung. ks