Fehmarn/Berlin. Der Nutzen der geplanten festen Fehmarnbelt-Querung ist aus Sicht der Gegner geringer als von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) angegeben. Die von Ramsauers Ministerium vorgelegte Kosten-Nutzen-Bewertung enthalte handwerkliche Fehler und sei deshalb zu günstig, teilte das Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbelt-Querung am Dienstag mit. „Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass aus purer Verzweiflung das nicht zu Rechtfertigende möglich gemacht werden muss", sagte der Vorsitzende des Aktionsbündnisses, Malte Siegert.
Nach Berechnungen des Münchner Gutachterbüros Vieregg-Rössler im Auftrag des Aktionsbündnisses beträgt das Kosten-Nutzen-Verhältnis (NKV) 0,66 zu 1, der Nutzen der Verbindung wäre also geringer als ihre Kosten. Dieser Wert bezieht sich auf die Schienenanbindung auf deutscher Seite zwischen Lübeck und Puttgarden. Im aktualisierten Bedarfsplan für Bundesschienenwege, der im November 2010 im Verkehrsausschuss des Bundestages vorgelegt wurde, wird dagegen ein Wert von 6,7 genannt.
Dabei sei eine massive Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und eine damit verbundene Kosteneinsparung um den Faktor 17 vorausgesetzt worden. Tatsächlich gebe es dagegen kaum eine Kostendifferenz zwischen dem Gütertransport auf der Straße und der Schiene. Außerdem seien die verlagerten Güter-Verkehrsleistungen zu hoch und die Investitionskosten der Schienenhinterlandanbindung zu niedrig angesetzt, kritisierte das Aktionsbündnis. Durch das außergewöhnlich positive Kosten-Nutzen-Verhältnis sei die Fehmarnbeltquerung an die erste Stelle des vordringlichen Bedarfs im Bundesverkehrswegeplan gerückt, kritisieren die Gegner. Die Nutzen-Kosten-Analyse bewertet beim Bau oder Ausbau von Straßen und Schienenwegen alle ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Effekte im Verhältnis zu den Kosten.
Kritik an dem Bauprojekt kommt auch von Bündnis 90/Die Grünen. Der verkehrspolitische Sprecher der Partei im schleswig-holsteinischen Landtag, Andreas Tietze, nannte das Nutzen-Kosten-Verhältnis jämmerlich. „Wer hierfür öffentliche Mittel in Milliardenhöhe einsetzen will, der vergeudet Gelder und Ressourcen ohne einen erkennbaren Nutzen für unser Land", sagte er. Der grüne Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz sagte, das Bundesverkehrsministerium werde erklären müssen, wie die eigenen Berechnungen mit denen von Vieregg-Rössler in Einklang zu bringen sind.
Der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, wies die Vorwürfe zurück. Die in der Bedarfsplanüberarbeitung genannten Zahlen seien gründlich und nachvollziehbar ermittelt worden, sagte er. „Der wirtschaftliche Nutzen ist völlig unstreitig. Das Projekt ist von nationaler Bedeutung und eine große Chance auch für die Region. Wir werden die Bürgerinnen und Bürger vor Ort bei der Umsetzung dieses Projekts eng einbinden", sagte Ferlemann.
Die Fehmarnbelt-Querung soll voraussichtlich ab 2020 die dänische Insel Lolland und die deutsche Insel Fehmarn verbinden. Die Kosten von rund 5,1 Milliarden Euro für einen Tunnel oder eine Brücke trägt Dänemark allein. Die Bundesrepublik muss für die Kosten der Hinterlandanbildung auf deutscher Seite aufkommen. Die könnten sich nach Angaben des Aktionsbündnisses von den ursprünglich veranschlagten 880 Millionen Euro auf bis zu 2,5 Milliarden Euro erhöhen. Wegen der hohen Kosten sowie befürchteter negativer Folgen für Fischerei, Umwelt und Tourismus ist die Verbindung auf Fehmarn und in Teilen des Kreises Ostholstein umstritten. (dpa)