Übernahmekampf: Scania-Chef teilt aus

16.10.2006 14:23 Uhr

MAN unproduktiv und Deutschland zu bürokratisch: Leif Östling fordert Werkschließungen in Deutschland

Stockholm/Schweden. Der schwedische Nutzfahrzeughersteller Scania hat beim Übernahmepoker mit MAN Gesprächsbereitschaft signalisiert, gleichzeitig aber auch die Möglichkeit eines schnellen Zusammengehens selbstbewusst ausgeschlossen. Konzernchef Leif Östling sagte heute Vormittag in Stockholm bei der Vorstellung der eigenen Rekordbilanz nach dem dritten Quartal: „Wir äußern uns in den kommenden Tagen verbindlich über die Möglichkeit direkter Gespräche. Früher oder später wird es Gespräche mit MAN geben.“ Er nannte als Hintergrund die am Vortag bekannt gewordene Unterstützung von VW für das MAN-Übernahmeangebot an Scania. Volkswagen ist wichtigster Anteilseigner in beiden Unternehmen. Gleichzeitig warf Östling seinem MAN-Kollegen und früheren Scania-Untergebenen Håkan Samuelsson in ungewöhnlich direkter und scharfer Form vor, die bisherigen Übernahmeangebote falsch gehandhabt zu haben. „Ich habe ihn telefonisch vor der Veröffentlichung des zweiten Angebotes gewarnt. Aber er wollte ja nicht hören. Das war in erschreckender Weise dumm und hat vielen bei Scania und auch MAN geschadet“, sagte Östling im Rundfunk. Vor Analysten meinte er, MAN sei von der Effizienz und Produktivität des „Klassenbesten Scania“ ausgesprochen weit entfernt. Um diese zu erreichen, müsse der mit etwa 5000 Beschäftigten überbesetzte Konkurrent drei bis vier Werke in Deutschland schließen. Östling sagte hier über seine bisherigen Kontakte zu Samuelsson: „Ich habe ihm gesagt, dass er seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Und ich habe gesagt: Du musst sie jetzt machen.“ MAN betonte in einer Stellungnahme, Personalabbau sei derzeit kein Thema. „Wir sind voll ausgelastet und haben sogar Personal aufgebaut. Unser Konzept ist auf Wachstum ausgerichtet und in der Kombination mit Scania sehen wir noch größere Wachstumschancen." Neben der Hervorhebung von Scanias „herausragenden Zukunftaussichten“ auch als selbstständiges Unternehmen und der aus seiner Sicht mangelhaften MAN-Produktivität ließ sich der schwedische Konzernchef vor allem über die deutsche Unternehmensstruktur als „wohl wichtigstes Hindernis“ für einen Zusammenschluss aus. „Das größte Problem für ein Zusammengehen ist die politisierte Struktur der deutschen Unternehmen. Da müssen sie etwas tun.“ Während man in Schweden an sehr direkte Entscheidungswege und Kommunikation gewöhnt sei, gehe es in deutschen Unternehmen „doch sehr bürokratisch zu“. Dies sei für Manager aus dem angelsächsischen Raum kaum nachvollziehbar. Östling meinte, ein Zusammengehen beider Lastwagenhersteller sei „nicht innerhalb von zwei oder drei Jahren, sondern eher über zehn oder 15 Jahre zu bewerkstelligen“. „Das ist dann nicht mehr Håkan Samuelssons oder meine Zeit“, sagte er weiter. Der Scania-Chef warf MAN vor, bereits die Übernahme des britischen Unternehmens ERF „ausgesprochen schlecht“ realisiert zu haben. Östling hatte bei all dem eine Gewinnsteigerung um fast 80 Prozent auf 1,9 Milliarden Kronen (205 Millionen Euro) für das dritte Quartal und blendende Aussichten für das Jahresergebnis im Rücken. Auch beim nach VW größten Scania-Eigner Investor wurde am Montag ausgeprägtes Selbstbewusstsein gegenüber dem Schulterschluss zwischen Volkswagen und MAN demonstriert. „VW will MAN ja nur unterstützen, wenn sie unsere Aktien haben“, meinte Sprecher Fredrik Lindgren. (dpa/sb)

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