München/Stockholm. Der Nutzfahrzeugkonzern MAN beißt mit seinen milliardenschweren Übernahmeplänen für den schwedischen Konkurrenten Scania bei den Großaktionären auf Granit. Wenige Stunden nach Bekanntgabe der Offerte am Montag über rund 9,6 Milliarden Euro lehnten die Großaktionäre Volkswagen und Investor sowie der Scania-Aufsichtsrat eine Übernahme ab. MAN-Chef Håkan Samuelsson zeigte sich dennoch zuversichtlich, die Übernahme bis Jahresende zu schaffen. Nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) pocht Volkswagen auf eine deutlich stärkere Position in einem fusionierten Unternehmen. VW bestehe als größter Scania-Aktionär darauf, auch in einem Gemeinschaftsunternehmen aus MAN und Scania eine strategisch bedeutsame Position zu bekommen, berichtet die „FAZ“ ohne nähere Quellenangabe. Bei Annahme der MAN-Offerte käme Volkswagen den Angaben zufolge aber nur auf einen Anteil von weniger als zehn Prozent. Auf Grund dieser strategischen Erwägungen sei VW dem Vernehmen nach fest entschlossen, auch ein höheres Angebot von MAN abzulehnen. VW werde mit MAN erst verhandeln, wenn das öffentliche Angebot vom Tisch sei, heißt es in der „FAZ“. VW hält bei Scania 34 Prozent der Stimmrechte und 18,7 Prozent des Kapitals. Samuelsson sagte an die Adresse von VW, man würde es begrüßen, wenn der Volkswagen-Konzern nach der Übernahme eine Beteiligung an MAN anstreben würde. MAN habe ein gutes Konzept vorgelegt und stehe nicht unter Zeitdruck, sagte der MAN-Chef der „Süddeutschen Zeitung“. Die Übernahme, mit der MAN zum größten Lastwagen- und Bushersteller Europas aufsteigen will, soll größtenteils durch eine Barofferte realisiert werden. Vom Gesamtvolumen würden 7,5 Milliarden Euro in bar und die übrigen 2,1 Milliarden Euro in Form von neu auszugebenden MAN-Aktien angeboten, hieß es. Pro Scania-Aktie bietet MAN 0,151 neue MAN-Stammaktien plus 38,35 Euro in bar. Der Maschinenbau- und Nutzfahrzeugehersteller will eine Annahmequote von mindestens 90 Prozent erreichen. Den Anteil des französischen Autobauers Renault hat MAN bereits erworben. Die knapp 5,7 Millionen Scania-Papiere entsprechen 2,85 Prozent des Grundkapitals und 5,18 Prozent der Stimmrechte. Ein MAN-Sprecher sagte, Renault habe für das Aktienpaket eine reine Barabfindung erhalten, weitere Details wurden nicht genannt. „Wir glauben, wir haben ein sehr gutes Konzept, das sowohl den Anteilseignern als auch den Beschäftigten zugute kommt“, sagte Samuelsson. Mit den europäischen Wettbewerbshütern habe man bereits Gespräche über die Übernahmepläne aufgenommen, mit größeren Problemen sei nicht zu rechnen. Nach dem Widerstand des Scania-Aufsichtsrates sowie der zur Wallenberg-Familie gehörende Holdinggesellschaft Investor, die mit 10,8 Prozent des Kapitals und 19,3 Prozent der Stimmrechte zweitgrößter Scania-Aktionär ist, lehnte Montagnachmittag auch VW das Angebot von MAN ab. Eine Annahme des Angebots entspräche nicht dem „industriellen Interesse“ des Konzerns, begründete der Autobauer den Schritt. Samuelsson betonte, man sehe VW auch als industriellen Partner. Nach einer Übernahme von Scania durch MAN biete sich die neue Gruppe als „interessanter Vertriebspartner“ für die Nutzfahrzeugsparte von Volkswagen an. Scania verfüge über ein gut ausgebautes Vertriebsnetz in Europa, dass in Zukunft auch für Nutzfahrzeuge unter 15 Tonnen genutzt werden könnte. In Deutschland vertreibe MAN bereits leichte Nutzfahrzeuge von VW. Auf Basis der Zahlen für das Geschäftsjahr 2005 ergäbe sich für MAN und Scania zusammen ein Umsatz von 18,5 Milliarden Euro und ein operativer Gewinn von 1,4 Milliarden Euro. Gemeinsam würden MAN und Scania etwa 80.000 Mitarbeiter beschäftigen. Die Hauptverwaltung wäre München, ausgewählte Konzernfunktionen und der Sitz von Scania sollten in Södertälje angesiedelt sein, erklärte MAN. MAN will sich im Zuge der Transaktion in eine europäische Aktiengesellschaft umwandeln. Aus dem Zusammenschluss ergäben sich keine Standortschließungen, erklärte MAN. Die Management-Positionen sollten zwischen MAN und Scania aufgeteilt werden. (dpa/sb)
Scania-Übernahme: Widerstand der Aktionäre
MAN-Chef Samuelsson bleibt zuversichtlich: Volkswagen verlangt offenbar eine strategische Partnerschaft