Punktspiele

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer will die Verkehrssünderkartei reformierenPunktspieleBundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat erste Grundzüge einer geplanten Reform der „Verkehrssünderdatei“ vorgestellt, die beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg geführt wird. Mit dieser Reform soll eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag für die 17. Legislaturperiode umgesetzt werden. Das Punktesystem soll gestrafft und vereinfacht werden.Dieses System sei, so der Bundesverkehrsminister, „heute derart kompliziert geworden, dass niemand mehr richtig durchblickt. Ich will das einfacher, transparenter, handhabbarer machen. Jeder muss mit dem System selbst zurechtkommen, ohne dass er einen Experten zu Rate zieht“, so der O-Ton Ramsauers. Den üblichen Bedenkenträgern wollte der Verkehrsminister direkt den Wind aus den Segeln nehmen, als er in einer Pressemitteilung verlautbaren ließ: „Es wird keinen Freibrief für Raser und Alkoholfahrer geben.“ Eine Amnestie für bisher in Flensburg registrierte Verkehrssünder, wie sie auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar vom früheren Generalbundesanwalt Kay Nehm noch gefordert worden war, lehnt Ramsauer ab. Bei acht Punkten ist der Führerschein wegNach den Plänen aus dem Bundesverkehrsministerium sollen schwerwiegende Delikte künftig zwei Punkte nach sich ziehen, alle übrigen Verkehrsverstöße sollen mit einem Punkt belegt werden. Dafür soll die Fahrerlaubnis nicht mehr wie bisher bei 18, sondern bereits bei Erreichen von acht Punkten entzogen werden können. Über die Konsequenzen dieser Reform für die Praxis wird in den Medien heftig gestritten. Während aus der Autofahrer-Lobby vorsichtige Zustimmung signalisiert wird, sehen die professionellen Autokritiker hierin ungerechtfertigte Erleichterungen für Verkehrssünder. Die Fahrlehrer-Verbände warnen hingegen, dass durch die Reform der Führerschein schneller weg sei als bisher. Bisherige Punkteregelung nicht nachvollziehbarBei nüchterner Betrachtung der Reformpläne ist freilich zu konstatieren, dass der Verkehrsminister auf dem richtigen Weg ist. Für den Bürger ist das jetzige Punktesystem intransparent und unverständlich. Mit der Vereinfachung des Punktesystems würden bisher kaum erklärliche Wertungen auch wieder geradegerückt: Wer sich einer Verkehrsunfallflucht schuldig macht, und sei es auch nur nach Beschädigung des Außenspiegels eines anderen PKW durch zu nahes Vorbeifahren, bekommt hierfür derzeit sieben Punkte eingetragen. Bei einer fahrlässigen Tötung im Straßenverkehr sind für den Täter allerdings nur fünf Punkte vorgesehen! Nachvollziehbar war das nie. Auch eine (folgenlose) Vorfahrtsmissachtung zieht mehr Punkte nach sich als eine (tatsächliche) Körperverletzung. Die Reihe Gerechtigkeitssinn und Logik widersprechender Beispiele ließe sich fortsetzen. Hier war eine Neuordnung dringend angezeigt. Es erscheint folgerichtig, hier generell nur noch zwischen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten beziehungsweise leichteren und schweren Verkehrssünden zu differenzieren. Die Kritiker der geplanten Neuregelung übersehen im Übrigen, dass die Eintragung der Punkte keine „Strafe“ für das begangene Delikt darstellt und rechtlich auch gar nicht separat angegriffen werden kann. An den tatsächlichen Sanktionen ändert die geplante Reform der Verkehrssünderdatei überhaupt nichts. Hier soll vielmehr alles beim Alten bleiben: Bei Straftaten schuldangemessene Geld- oder Freiheitsstrafe je nach Lage des Einzelfalls, bei Ordnungswidrigkeiten Geldbußen nach Vorgabe der Bußgeldkatalogverordnung, daneben Entzug der Fahrerlaubnis oder Fahrverbote bis zu drei Monaten. BWVL: Nachschulung sollte auch künftig möglich seinBedenken begegnen aus Sicht des BWVL allerdings die Pläne des Bundesverkehrsministeriums, künftig keinen Punkteabbau durch Nachschulungen mehr zu gestatten. Dieses System hatte sich in der Praxis bewährt. Autofahrer, zumal solche, die freiwillig an einer Nachschulung zum Punkteabbau teilnahmen, mussten ihr eigenes Fahrverhalten reflektieren und fanden hierdurch nicht selten zu einer neuen Einstellung ihres Verhaltens im Straßenverkehr. Das Bundesverkehrsministerium sollte möglicherweise über eine Umgestaltung und Optimierung dieser Nachschulungen räsonieren, von der vollständigen Streichung aber absehen. Noch einmal nachdenken sollte man auch über die punktebedrohte Halterverantwortung, die auch gewissenhafte und sorgfältige Fuhrparkbetreiber teilweise erheblichen Schwierigkeiten aussetzt. Wenn der nachweisbar ordentlich gewartete und kontrollierte und mit einem geschulten Fahrer besetzte LKW hunderte von Kilometern vom Standort und Schreibtisch des Fuhrpark- oder Verkehrsleiters entfernt angehalten und ein Verstoß konstatiert wird, sollte dies nicht mehr generell in Anzeige und Punkte für den Halterverantwortlichen einmünden, der aus der Ferne keinen Einfluss auf den Zustand von LKW und Ladung mehr ausüben konnte. Andernfalls sind acht Punkte und damit der Entzug der Fahrerlaubnis für viele Transportmanager fast schon programmiert. Zu begrüßen ist hingegen, dass die Löschung der Punkte in der Verkehrssünderkartei künftig nicht mehr dadurch verhindert wird, dass vor Ablauf der Tilgungsfrist eine neue Verkehrsordnungswidrigkeit begangen wurde. Dies hat in der Vergangenheit häufig zu unbilligen Ergebnissen geführt. Nicht selten schleppten die Verkehrssünder alte Punkte über Jahre mit, die sich dann, bei neuen Verstößen, strafschärfend auswirkten. Wer vor Ablauf der Tilgungsfrist alter Punkte erneut geblitzt wird, wird von der Bußgeldbehörde wegen einer Jahre alten Voreintragung wie ein „notorischer Raser und Rowdy“ behandelt und mit einem erhöhten Bußgeld belegt. Auch damit muss Schluss sein. Amnestie der bessere WegGespannt sein darf man, wie die bislang gespeicherten rund 47 Millionen „Alt-Punkte“ von knapp neun Millionen Autofahrern in das neue System „umgerechnet“ werden. Hierzu sind noch keine Informationen nach außen gedrungen. Insoweit werden Unstimmigkeiten kaum ausbleiben. Vielleicht wäre eine einmalige Streichung, also eine Amnestie, doch der bessere Weg. Dann würde aus der geplanten Reform des Punktesystems tatsächlich Peter Ramsauers Punkt-Landung.Appelle alleine reichen nicht: Ramsauers neue Punkteregelung soll aber zumindest für mehr Transparenz sorgenAn den Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik e.V. Postfach 16010853060 BonnService-Coupon „BWVL-Leistungsspektrum“

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