Machet zu die Türen

Ein waches Auge wird von den Luftfrachtspediteuren gefordert Das Luftfahrtbundesamt in Braunschweig (LBA) hat bis dato 530 Zulassungen als Reglementierter Beauftragter erteilt. Bisher wurden allerdings erst 32 Einrichtungen vor Ort auditiert. Gravierende Mängel, die zum Verlust des Status geführt haben, wurden laut LBA bisher nur in einem Fall gefunden. Reglementierter Beauftragter: Besonderer Status, den Luftfrachtunternehmen, Speditionen oder Handlingsunternehmen beantragen können, um eine einfachere Abwicklung der Fracht am Flughafen zu erreichen. Grundlage ist die EU-Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 sowie das deutsche Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG). Fracht, die der Reglementierte Beauftragte der Airline übergibt, wird als "secured" eingestuft und keiner eingehenden Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Der Reglementierte Beauftragte muss sicherstellen, dass Unbefugte keinen Zutritt zu der von ihm übergebenen Fracht haben. Sehr umstritten ist das rechtliche Konstrukt, nach dem sich der Spediteur von seinem Auftraggeber, dem Versender, per Formular einen ausreichend hohen Sicherheitsstandard bei der Behandlung von Fracht bescheinigen lässt. Sendungen, die ein per Selbsterklärung "Bekannter Versender" seinem Spediteur übergibt, muss beim Carrier nicht mehr geröntgt werden. Die Folge ist, dass derzeit nur drei Prozent aller Luftfrachtsendungen tatsächlich eingehend untersucht werden. Die EU-Folgeverordnung 300/2008, die die VO 2320/2002 ablösen soll, wurde am 9. April 2008 zwar bereits im Amtsblatt der EU veröffentlicht, ist aber noch nicht in Kraft. Die notwendigen Durchführungsverordnungen werden laut LBA derzeit erst noch ausgearbeitet. Ob und was sich mit der neuen Verordnung tatsächlich ändert, ist daher noch völlig offen. Diskutiert wird aber, die Sicherheitserklärung des "Bekannten Versenders" durch eine unabhängige Validierung abzulösen. Versender, die häufig Luftfracht abwickeln, würden in diesem Szenario von Dritten (in der Regel neutrale Prüforganisationen) zertifiziert. Nach Expertenmeinung wäre dies für Spediteure von Vorteil, da die heute geübte Praxis der Sicherheitserklärung große Unsicherheiten mit sich bringt und Sicherheit nur auf dem Papier bescheinigt wird. diwi Machet zu die Türen Über 500 Spediteure sind als Reglementierte Beauftragte zugelassen, aber noch nicht vor Ort auditiert. Nun droht Ärger mit den Behörden, wenn Subunternehmer eingesetzt werden. Es war ein schlauer Zug, mit dem das Luftfahrtbundesamt, das in Deutschland für Sicherheitsfragen in der Luftfracht zuständig ist, sich aus der Affäre gezogen hat. Weil ab dem Stichtag 1. März 2008 der Status des Reglementierten Beauftragten laut EU-Recht nur noch nach einer Vor-Ort-Prüfung durch das LBA möglich ist, hat die Behörde den mehr als 500 Anträgen von Luftfrachtspediteuren und Agenten kurzerhand vor dem Stichtag nach Aktenlage entsprochen – in den allermeisten Fällen ohne Vor-Ort-Prüfung. Die Audits auf dem Firmengelände sollen nun in den kommenden Monaten nachgeholt werden. Aufgrund der knappen Personaldecke – derzeit sind nur sieben Mitarbeiter beim LBA für die Auditierung abgestellt – wurden bis dato allerdings erst 32 Vor-Ort-Prüfungen durchgeführt. Auch wenn kurzfristig weitere Mitarbeiter eingestellt werden sollen, wie Hans-Henning Mühlke, Abteilungsleiter Betrieb beim LBA in Aussicht stellt, wird es noch einige Zeit dauern, bis tatsächlich alle Unternehmen auditiert sind. "Die Vorschriften fordern ganz eindeutig, dass jede einzelne Niederlassung der Antragsteller in Augenschein genommen werden muss", gibt Annette Wiedemann zu bedenken, die bis Juni 2007 als Abteilungsleiterin beim LBA maßgeblich an der Umsetzung der neuen Regelungen im Luftsicherheitsgesetz mitgewirkt hat und jetzt beim Schulungsanbieter Dekra Akademie im Bereich Industrie und Aviation als Leiterin Luftfracht und Passage tätig ist. "Man spricht daher insgesamt von schätzungsweise 1500 Standorten", rechnet Wiedemann vor. Warten auf die Prüfer Embassy Freight Services Europe mit Sitz in Hamburg war die erste Spedition überhaupt in Deutschland, die in einem Vor-Ort-Audit durch das LBA klassifiziert wurde. Bereits im September letzten Jahres haben LBA-Mitarbeiter die Niederlassung am Hamburger Flughafen einen Tag lang unter die Lupe genommen. "Bis auf wenige Kleinigkeiten im dokumentarischen Bereich gab es keine größeren Beanstandungen", wie Olaf Griem, Exportleiter Luftfracht erklärt. Um die Auflagen der Behörde zu erfüllen, wurde das Personal entsprechend geschult und eigens ein neues Lager bezogen, das den neuen Sicherheitsstandards entspricht. Die meisten der zehn Mitarbeiter am Standort haben die geforderte 4-stündige Sicherheitsschulung durchlaufen. Griem, der selbst die Rolle des obligatorischen Sicherheitsbeauftragten übernommen hat, durchlief eine 35-stündige Schulung. Sein Rat an alle Spediteure: "Man sollte sehr genau darauf achten, dass die selbst gemachten Angaben im Luftfrachtsicherheitsprogramm tatsächlich eingehalten werden." Das LBA, so jedenfalls seine Erfahrung, schaut auch bei Details genau hin, etwa ob Zylinderschlösser tatsächlich der angegebenen Sicherheitsklasse entsprechen. Eine weitere Auflage des LBA: Die Putzkolonne, die früher nach Feierabend die Firmenräume alleine betreten hat, muss jetzt zu den Dienstzeiten der Belegschaft anrücken. Bei vielen großen Speditionen hat sich das LBA bisher noch nicht blicken lassen. Hellmann, einer der großen Luftfrachtspediteure hier zu Lande, hat 10 Standorte, an denen auch Luftfracht abgewickelt wird, beim LBA gemeldet. Benno Nelles, Produktmanager Luftfracht Deutschland, wäre froh, wenn die Audits endlich stattfänden. "Dann hätten wir letzte Klarheit", so Nelles, der in vielen Detailfragen beim LBA auf Unwissenheit gestoßen ist. Nelles schätzt, dass für die Auditierung rund 5000 Euro an Gebühren fällig werden. Allerdings gibt es über die genauen Sätze noch keine eindeutige Auskunft bei der Behörde. Streit um Subunternehmer Wie schwierig es in der Praxis ist, die gesamte Kette sicher zu machen, zeigt der aktuelle Streit zwischen Spediteuren und dem LBA. Die Aufsichtsbehörde verlangt, dass sich der Reglementierte Beauftragte auch die Zuverlässigkeit seiner Auftragnehmer bestätigen lässt. Nachzuweisen ist beispielsweise, dass auch ein LKW-Frächter, der für einen Spediteure tätig ist, zumindest eine Sicherheitsschulung absolviert hat. In der Praxis bestätigt der Subunternehmer dies durch eine standardisierte "Unterauftragnehmerbestätigung". Was aber, wenn der Subunternehmer seinerseits einen Subunternehmer einsetzt? Das LBA hat in der Frage der "Sub-Subunternehmer" eine klare Meinung: Es könne nicht sein, so machte die Behörde gegenüber Spediteuren deutlich, dass der Subunternehmer im Dienste eines Reglementierten Beauftragten seinerseits Tätigkeiten an Subunternehmer vergibt. Jede Ladung, die solcherart transportiert werde, sei als unsicher einzustufen. Jeder Reglementierte Beauftragte müsste sich also auch vom Unterauftragnehmer des Unterauftragnehmers eine Sicherheitsbestätigung einholen. Als "absolut praxisfremd" bezeichnet Wolf-Dietrich von Helldorff, Vorsitzender des Fachausschusses Luftfracht im Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV), die Haltung der Behörde. "Ich bezweifle, ob dies überhaupt rechtens wäre, schließlich hat der Spediteur zu dem Sub-Subunternehmer gar keine direkte geschäftliche Beziehung", gibt von Helldorff zu bedenken. Es sei in der Praxis gang und gäbe dass beauftragte Dienstleister ihrerseits auch auf Externe zurückgriffen. Manche Spediteure denken nun offenbar darüber nach, nur noch solche Dienstleister einzusetzen, die selbst als Reglementierte Beauftragte anerkannt sind. Der Spediteur, so das Gedankenspiel, wäre damit aus dem Schneider, könnte er doch dann laut Vorschrift davon ausgehen, dass die von seinem Dienstleister abgelieferte Fracht in jedem Fall sicher sei. Harmlos erscheint dieser Winkelzug im Vergleich zu anderen Worst-Case-Szenarien. "Ich persönlich könnte mir vorstellen, dass sich einige Spediteure ganz vom Konzept des Reglementierten Beauftragten verabschieden. Denn verantwortlich für die Sicherheit sind letztlich die Airlines, nicht die Spediteure", stellt von Helldorff fest. Den schwarzen Peter hätten dann von Rechts wegen die Carrier, die jede als nicht sicher eingestufte Fracht einzeln röntgen müssten. "Wenn Gesetze so formuliert sind, dass man sie gar nicht mehr erfüllen kann, wird das so passieren", fürchtet von Helldorff. ❙❚■ Dietmar Winkler