Interview der Woche

Wolfgang AnwanderGeschäftsführer der AIT Anwander Internationale Transporte GmbH, Rohrdorf. Er leitet seit 1998 den Tarifausschuss beim Landesverband Bayerischer Transportunternehmer und ist auch dessen Vizepräsident.Nachgefragt beiInterview der WocheGibt es bald eine kräftige Lohnerhöhung?Am 8. November nehmen Sie die Verhandlungen mit Verdi auf. Haben Sie dabei die Forderung von Rainer Brüderle im Ohr? Wolfgang Anwander: Als ich diese Bemerkung gehört habe, fiel mir nur ein, wie soll man einem nackten Mann in die Tasche greifen? Aber ernsthaft: Wir haben nach der Dieselpreisrallye 2008, der Mauterhöhung 2009 und der Wirtschaftskrise mit dem einhergehenden Preisverfall über zwei desaströse Jahre hinter uns. Somit ist also nichts in der Kasse. Verdi stellt sich vier Prozent Lohnsteigerung vor. Wir auf Arbeitgeberseite sind uns im Klaren, dass wir gegenüber unseren Mitarbeitern ein Zeichen setzen wollen. Komme ich also mit einem Abschluss ähnlich dem Bremens oder Hamburgs aus den Verhandlungen, bleibt mir nur zu hoffen, dass die gute Entwicklung des zweiten Halbjahres so nachhaltig ist, dass wir dieses Mehr an Geld auch verdienen. Über drei Prozent, wie in der Stahlindustrie, werden es also nicht? Bei aller Vergleichbarkeit vergessen wir, dass der Arbeitsplatz des Fahrers – 90 Prozent der Mitarbeiter von LBT-Mitgliedern sind Fahrer – mobil und leicht zu ersetzen ist. Deshalb geht es dem deutschen Gewerbe so, wie es ihm geht. Wir können durch einen Bulgaren oder Portugiesen sofort ausgetauscht werden – zu Preisen, wo mir die Augen tränen. Da wir in Bayern einen Flächentarif und einen Mindesttarif haben, ist ein moderater Abschluss für die Kollegen in der Oberpfalz oder Franken noch viel wichtiger. Ich stehe jetzt vor der undankbaren Aufgabe, mit Verdi den Spagat zu schaffen, der uns zum einen das Überleben sichert und zum anderen auch ein lohnpolitisches Signal in Richtung Verdi sendet. Ist es für LBS und LBT schwer, gemeinsam zu verhandeln? Jein. Wenn Verdi diesen Abschluss nicht mittragen kann und mit Streik drohen sollte, wünsche ich denen einfach mal viel Vergnügen. Wenn Verdi dieses Zauberwort kurz vor Weihnachten ausspricht, wird vor allem bei der Spedition – aber sicher auchbei einem Teil unserer Mitglieder – der Baum brennen. Halten Sie einen Streik für möglich?Ich weiß nicht, inwieweit Verdi auf seiner Position beharrt oder meiner Argumentation folgt, sodass wir schnell zu einem tragbaren Ergebnis kommen. Es gibt bereits Abschlüsse, wo mir zwar alle Zähne schmerzen, die ich aber noch mittragen kann. Arbeitgeberpräsident Hundt hat für Zeitarbeit Mindestlohn gefordert. Auch für Ihre Branche denkbar? Viele Betriebe haben sich aus der Tarifbindung verabschiedet. Wie wollen Sie die einfangen? Zum 1. Mai 2011 kommt die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die Herren Hundt und Co. mögen sich mal überlegen, wie sie das politisch steuern können, wenn ein Unternehmer aus Regensburg seine 20 Stammfahrer in die Wüste schickt und 20 Tschechen anheuert. Die können auf der gut ausgebauten B 20 bequem pendeln. ❙❚■ Birgit BauerBrüderle fordert Lohnerhöhung Wirtschaftsminister Rainer Brüderle erwartet höhere Löhne: „Wenn die Wirtschaft boomt, sind auch kräftige Lohnerhöhungen möglich.“ In der Transportbranche sind in den vergangenen Monaten Verträge mit unter zwei Prozent Lohnsteigerung abgeschlossen worden. In Bayern beginnen die Tarifverhandlungen am 8. November. Verhandlungsführer für die Arbeitgeber sind Wolfgang Anwander und Max Stolzenberger von den Landesverbänden des bayerischen Transport- bzw. Speditionsgewerbes. bbum was es geht

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