Hessen: LKW auf die Pannenspur

30.06.2008 15:27 Uhr

Als schnelle Hilfe gegen den zunehmenden LKW-Verkehr will Hessen Lastwagen mehr als bisher auf Autobahn-Seitenstreifen rollen lassen. Einer Ausweitung von Überholverboten für Lastwagen steht Hessen dagegen skeptisch gegenüber.

Wiesbaden. „Die Lastwagen flächendeckend durch Überholverbote auf der rechten Spur einzusperren, funktioniert nicht“, sagte der hessische Verkehrs-Staatssekretär Klaus-Peter Güttler (SPD) am Montag in Wiesbaden. Die Landesregierung schlage dem Bund stattdessen einen Masterplan zur stärkeren Nutzung der Seitenstreifen vor. Auch der Automobilclub AvD warnte vor zu hohen Erwartungen an Überholverbote. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) will die Überholverbote für Lastwagen auf den Autobahnen deutlich ausweiten. „Auf stark befahrenen Autobahnen sollten die Lastwagen ausschließlich die rechte Spur benutzten, alle anderen Spuren gehören den Autos“, hatte er der „Bild am Sonntag“ erklärt. Tiefensee erhofft sich davon weniger Staus und damit auch weniger Spritverbrauch. Güttler befürwortet dagegen eine Ausweitung der Möglichkeit, zeitweise auch die Autobahn-Seitenstreifen zu befahren. Als Beispiele nannte er die Autobahn 5 auf der Strecke zwischen Friedberg und dem Hattenbacher Dreieck und auf dem Teilstück zwischen Darmstadt und der Landesgrenze zu Baden-Württemberg. Auf der A 7 könnten nach dem Masterplan die Seitenstreifen zwischen den Anschlussstellen Hünfeld/Schlitz und dem Fuldaer Dreieck freigegeben werden. „Mit der zeitweiligen Seitenstreifenfreigabe haben wir seit dem Jahr 2002 in Hessen großartige Erfahrungen gemacht“, berichtete Güttler. Untersuchungen bewiesen, dass der Verkehr spürbar besser fließe. „Der Schwerverkehr fährt auf dem Seitenstreifen und nutzt den rechten Fahrstreifen zum Überholen – so bleibt der PKW-Verkehr auf den beiden linken Fahrstreifen unbehindert“, erklärte er. Für dieses Modell hatte Hessen im vergangenen Jahr den Europäischen Verkehrspreis erhalten. Freigegeben werden die Seitenstreifen, wenn eine bestimmte Verkehrsstärke überschritten wird. Zuvor überprüft die hessische Verkehrszentrale in Frankfurt über Videokameras, ob die Seitenstreifen auch frei sind. Ein AvD-Sprecher erklärte am Montag in Frankfurt zum Vorschlag vermehrter Überholverbote, „das ist zwar aus Sicht der Autofahrer wünschenswert, weil es dann aus subjektiver Sicht immer freie Fahrt gibt“. Es bestehe jedoch die Gefahr, dass dann kilometerlange LKW-Schlangen auf der rechten Spur Autobahnausfahrten blockierten. Dies sei derzeit etwa auf der Autobahn 6 bei Heilbronn der Fall, wo sich – allerdings wegen einer Baustelle – Lastwagen vor dem Weinsberger Kreuz auf 15 Kilometer stauten. Davon seien zwei Ausfahrten betroffen. Zudem sieht der AvD Probleme, Überholverbote zu kontrollieren: „Wenn es schon heute nicht funktioniert mit der Überwachung, wie soll es dann bei einem erweiterten Verbot funktionieren?“, fragte der Sprecher.

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