Hafenarbeiterproteste wegen Port Package II

11.01.2006 17:40 Uhr

In Deutschland sollen sich rund 4500 Beschäftigte in acht Hafen an dem Aktionstag gegen die geplante neue EU-Hafenrichtlinie beteiligt haben

Hamburg/Kiel/Berlin. Mehrere tausend Hafenarbeiter haben heute in Deutschland aus Protest gegen die geplante EU-Hafenrichtlinie die Arbeit niedergelegt. Schwerpunkt der europaweiten Proteste waren Hamburg und Bremerhaven. Die Beschäftigten befürchten den Verlust von Arbeitsplätzen. Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di beteiligten sich in Deutschland insgesamt 4500 Beschäftigte in acht Häfen. Dabei erhielten sie Unterstützung von Politikern aus allen Parteien, die sich kritisch zu der Richtlinie äußerten. Die EU-Kommission will mit der Richtlinie „Port Package II“ mehr Wettbewerb der Häfen erreichen. Lotsendienste, Schleppdienste und das Löschen von Ladung sollen an zeitlich befristete Konzessionen gebunden werden. Außerdem sollen Reedereien ihre Schiffe selbst be- und entladen dürfen, was bisher den in den Häfen ansässigen Unternehmen vorbehalten ist. Das Europäische Parlament in Straßburg wird Anfang der kommenden Woche über die EU-Richtlinie beraten. Im Hamburger Hafen, dem zweitgrößten Europas, versammelten sich nach Polizeiangaben heute rund 2000 Arbeiter auf dem Umschlagterminal Burchardkai zu einer Kundgebung. „Egal, was die europäischen Institutionen beschließen mögen: Die Hafenarbeiter werden nicht tatenlos zusehen, wenn ihre Arbeitsplätze zerstört werden“, sagte der Ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske bei einer Kundgebung. „Die Richtlinie ist überflüssig wie ein Kropf.“ In Bremerhaven protestierten laut Ver.di 1200 Hafenarbeiter. Dort ruhte die Entladung von elf Container- und Autofrachtern. Auch in Bremen, Nordenham, Brake, Lübeck und Travemünde demonstrierten insgesamt mehrere hundert Arbeiter. In Rotterdam, dem größten europäischen Hafen, beteiligten sich 250 Arbeiter an einer Kundgebung, teilte der Gewerkschaftsverband FNV Bondgenoten mit. Ver.di hatte damit gerechnet, dass sich europaweit insgesamt 50 000 Arbeiter an den Protesten beteiligen. Politiker kritisierten an der Richtlinie den bürokratischen Aufwand, die Senkung von Sozial- und Qualitätsstandards beim Hafenumschlag und die Gefährdung von Arbeitsplätzen. Der Wettbewerb zwischen den europäischen Seehäfen funktioniere; eine EU-Richtlinie sei deshalb nicht notwendig, hieß es in verschiedenen Stellungnahmen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) kündigte an, sich direkt an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu wenden und auf die drohenden Folgen des «Port Package II“ hinzuweisen. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte in Berlin, die Richtlinie schade dem Standort Europa. Die zeitlich begrenzten Laufzeiten von Hafenlizenzen könnten Investitionen schwächen. Lediglich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) verteidigte die geplante Richtlinie. „Auch die Seehäfen müssen sich mehr Wettbewerb stellen. Das heißt Marktöffnung in den einzelnen Häfen und faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Häfen“, sagte Rüdiger Grigoleit, der Vorsitzende des Deutschen Seeverladerkomitees im BDI, heute in Berlin. (dpa/tbu)

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