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Grenzkontrollen: Barroso droht mit Klage

13.05.2011 16:30 Uhr
Grenzkontrollen: Barroso droht mit Klage
Der "flüssige Verkehr" an Grenzübergängen steht auf dem Spiel
© Foto: imago/Nordpool/Tittel

Die Empörung über Dänemarks Pläne zur Begrenzung der Reisefreiheit im Schengen-Raum ist groß / Brüssel schließt eine Klage gegen Kopenhagen nicht aus

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Brüssel/Berlin. Nach der Ankündigung von permanenten Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze droht die EU Dänemark mit einer Klage. Nach einem Telefongespräch des EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso mit dem dänischen Regierungschef Lars Løkke Rasmussen am Freitag sagte eine Sprecherin der Kommission, eine erste juristische Prüfung habe "erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Maßnahmen mit Dänemarks vertraglichen Verpflichtungen" ergeben. Verstöße sowohl gegen den Schengen-Vertrag als auch gegen die Verpflichtung zur Sicherung des freien Warenverkehrs seien möglich.

Derweil forderte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) Dänemark auf, die Reisefreiheit an seinen Grenzen nicht zu beschränken. Er gehe davon aus, dass Dänemark sich gut überlegen werde, was es von seinen Ankündigungen umsetzt, sagte Friedrich beim Treffen der Innenminister der unionsregierten Bundesländer in Rostock.

Außenminister Westerwelle warnt vor Alleingängen in der EU

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte vor einem Rückfall in nationale Alleingänge in der EU. Er sorge sich, dass viele Länder eine Renationalisierung der Politik wollten, sagte Westerwelle beim FDP-Parteitag in Rostock. "Das ist eine Politik, die in Wahrheit aus innenpolitischen Gründen geführt wird." Deutschland werde weiter für Reisefreiheit eintreten.

Barroso riet dem dänischen Regierungschef Rasmussen von "einseitigen Schritten" ab. Zu den Versicherungen Rasmussens, die neuen Zollkontrollen seien rechtmäßig, sagte Barrosos Sprecherin: "Wir müssen jetzt sicherstellen, dass das wirklich der Fall ist. Und wir haben einige Bedenken, die sich sowohl auf den Schengen-Vertrag als auch auf die im EU-Vertrag garantierte Freiheit des Personen- und Güterverkehrs beziehen."

Auf die Frage, ob Dänemark nun eine Klage wegen Vertragsverletzung drohe, sagte die Sprecherin: "Das ist ganz generell das Mittel, über das wir verfügen, um mit Vertragsverletzungen umzugehen." Ziel der jetzt angelaufenen Kontakte sei aber, es nicht so weit kommen zu lassen: "Wir wollen sicherstellen, dass die Bestimmungen über den freien Personen- und Warenverkehr und die Regeln des Schengen-Vertrages respektiert werden."

Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok zeigte sich angesichts der Debatten um den Euro und neue Grenzkontrollen beunruhigt über die Zukunft der EU. "Ich mache mir große Sorgen um Europa, weil die Gefahr besteht, dass alles zerbröselt, was geschaffen wurde", sagte er der Mitteldeutschen Zeitung. Die EU-Kommission müsse den Mut finden, Länder wie Dänemark vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. "Wenn wir hier schleichende Prozesse zulassen, dann gibt es kein Ende."

Experten der Kommission sagten, die zeitweilige Wiedereinführung von Zollkontrollen sei nur dann möglich, wenn dies Teil einer im ganzen Land geltenden besonderen Politik sei, beispielsweise beim Auftauchen von Gesundheitsgefahren. Personenkontrollen seien nach derzeitigem Stand nur für maximal 30 Tage möglich, wenn eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bestehe. Die Innenminister der 27 EU-Staaten hatten am Donnerstag entschieden, die Regeln für die vorübergehende Rückkehr zu Grenzkontrollen zu ändern und dies beispielsweise auf Gefahren durch starken "Migrationsdruck" zu erweitern.

Dänemark hatte seinen Schritt mit der "zunehmenden grenzüberschreitenden Kriminalität" vor allem durch Osteuropäer begründet. Über ähnliche Probleme an den deutschen Ostgrenzen klagte der Vize-Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer. "Wir haben nach dem Wegfall der Grenzkontrollen vor allem in den Grenzdörfern eine extreme Zunahme der Kriminalität", sagte er der Mitteldeutschen Zeitung:"Dies führt zu einer echten Belastung. Die Nerven liegen blank."

Schleswig-Holstein will ungeachtet der von Dänemark angekündigten Wiedereinführung von Grenzkontrollen die Zusammenarbeit mit dem nördlichen Nachbarn ausbauen. Politik und Wirtschaft machten an Ländergrenzen nicht Halt, sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) bei einem Verkehrs- und Wirtschaftssymposium der IHK Schleswig-Holstein in Kopenhagen. Dänemark sei einer der wichtigsten ausländischen Partner Schleswig-Holsteins. (dpa)

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