Ende des Rastplatz-Notstandes

Ende des Rastplatz-NotstandesBisher sind LKW-Parkplätze noch Mangelware in Deutschland. Doch nicht mehr lange: Bund, Länder und EU haben Lösungskonzepte erarbeitet.LKW-Fahrer könnten bald wieder aufatmen, ihr alltäglicher Kampf um einen geeigneten Stellplatz für die Nacht soll bald ein Ende haben. Die Teilnehmer des "Setpos-Symposiums" Ende Februar in Frankfurt am Main sind sich darüber einig, dass eine Lösung für den Parkplatzmangel gefunden werden muss – und zwar schnell. Die Abkürzung Setpos steht für "Secured Truck Parking Operational Services" und betitelt ein von der EU mitfinanziertes Projekt, das sich genau diesem Problem annimmt. Dem Konsortium gehören Unternehmen und Verbände an, die in das Thema involviert sind, wie etwa Tank & Rast, die Vereinigung deutscher Autohöfe (VEDA) oder der ADAC. Deutschland als wichtigem Transitland kommt bei der Arbeit von Setpos eine Schlüsselrolle zu. Besonders hier besteht Handlungsbedarf: Laut EU-Kommission fehlen in der Bundesrepublik rund 18.000 Parkplätze. Das Ergebnis einer Umfrage des ADAC Truck Services unterstreicht die brisante Situation auf den Rastanlagen: 54 Prozent der befragten LKW-Fahrer sehen den Parkplatzmangel als dringendstes Problem für ihren Berufsstand. Das wachsende Güterverkehrsaufkommen wird diese Situation in den nächsten Jahren noch verschärfen. Telematiksystem für EuropaSetpos will diesen Negativtrend stoppen. Als Hauptprojekt will das Konsortium ein europaweites Informations-, Parkleit- und Reservierungssystem aufbauen. "Wir haben von der EU den Auftrag, ein Telematiksystem für Europa zu konzipieren", sagt Rudolf Anner, CEO des Systementwicklers Move & Park. Zudem entstehen bis Juni 2009 fünf Pilotanlagen in Europa. Ziel des Telematiksystems: den vorhandenen Parkraum besser zu verwalten und auszunutzen (siehe Kasten auf S. 28). Die EU fördert das im Juni 2007 ins Leben gerufene Projekt mit 5,3 Millionen Euro – rund die Hälfte der veranschlagten Kosten von etwa 10,9 Millionen Euro für Pilotanlagen und Aufbau des Informationssystems. Um ein Netzwerk für die gesamte Bundesrepublik zu erstellen, ist Setpos auf Eigenfinanzierung der Betreiber der bestehenden Rastanlagen angewiesen. Sie sollen die notwendigen Installationen für die telematische Lösung aus der eigenen Tasche zahlen: Die Kosten liegen dann bei zusätzlichen 20 Millionen Euro. Die Kapazitäten könnten so bis 2014 um rund 5000 LKW-Stellplätze erweitert werden. Mehr Sicherheit auf den ParkplätzenDoch nicht nur eine effizientere Auslastung will Setpos erreichen, sondern auch mehr Sicherheit: Weniger Unfälle und Überfälle dürften sich durch abgezäunte sowie markierte Parkeinrichtungen ereignen. Eine gesicherte Pilotanlage in Deutschland ist bereits im September 2007 in Uhrsleben eröffnet worden. Eine weitere soll im Autohof Wörnitz folgen. Ein Anfang eines kostspieligen Projekts: Der Ausbau einer bestehenden Anlage für 50 gesicherte Stellplätze kostet rund 250.000 Euro. Mindestens 50 gesicherte Parkeinrichtungen müssen entstehen, damit das Konzept Früchte tragen kann. Move-&-Park-Geschäftsführer Jürgen Wehnert konstatiert, dass die erhobenen Stellplatzgebühren für die Trucker allerdings "moderat" sein müssen. Setpos fordert daher Subventionen vom Bund von 50 Prozent, also rund 125.000 Euro je Einrichtung. Für die geplanten 50 gesicherten Anlagen bedeutet das eine finanzielle Unterstützung von 6,25 Millionen Euro.Das Problem verschlafenFinanzielle Forderungen an den Bund zur Lösung der Parkplatzproblematik sind nicht neu: Bereits 2002 hat der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) eine "Aktion zur Verbesserung der Parkplatzsituation auf Autobahnen" gestartet, um die Politik darauf aufmerksam zu machen, erklärt Adolf Zobel, stellvertretender Geschäftsführer des Verbandes. Auch der ADAC, Tank & Rast und VEDA fordern mehr finanzielle Mittel. Dass der Bund das Problem verschlafen hat, will Claus-Dieter Stolle, Ministerialdirigent im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), nicht auf sich sitzen lassen. "Der Verkehr hat uns überrollt", konstatiert Stolle, der die Leitung der Anfang Oktober 2007 eigens für das Thema eingerichtete Projektgruppe des BMVBS übernommen hat. Der Bund nimmt die Problematik ernst. Zudem hat er den jährlichen Etat von 25 Millionen Euro für das Jahr 2008 um weitere 10 Millionen Euro aufgestockt. Die Projektgruppe will künftig neben bewirtschafteten auch unbewirtschaftete Rastanlagen ausbauen und zudem die LKW-Stellplätze vom Lärm der Autobahnen abschirmen. Kurzfristige Kapazitätserweiterungen erhofft sich das BMVBS durch Telematiklösungen. Das Montabaur-ModellWie ein Pilotprojekt des Landes Rheinland-Pfalz für den Bund an der Rastanlage Montabaur gezeigt hat, können durch den Einsatz eines entsprechenden Systems enorme Erfolge erzielt werden (siehe Kasten unten). "Die LKW-Parkplätze sind von 42 auf 84 verdoppelt worden", sagt Klaus Manns, der das System in Montabaur entwickelt hat. Auf den Stellplätzen parken drei bis fünf LKW hintereinander. Die Fahrzeuge werden nach ihrer Abfahrtszeit sortiert. So kann der Parkraum exakt ausgenutzt werden. Durch das so genannte "Kolonnenparken" können zwischen 40 und 100 Prozent mehr LKW parken. Auch die Umwelt profitiert: Neues Bauland ist nicht notwendig. Zudem verzögern keine langwierigen Baurechtsverfahren die Kapazitätserweiterung zeitlich. Die Herstellungskosten für das System betragen lediglich 20 bis 30 Prozent der Kosten eines Neu- oder Ausbaus einer Rastanlage. Im Betrieb verursacht die telematische Lösung zwischen 50 und 60 Prozent weniger Kosten als eine gewöhnliche Rastanlage.Autobahnnahe ZusatzflächenAls weiteren Lösungsweg hat Setpos auf dem Symposium die Erschließung ge-eigneter autobahnnaher Zusatzflächen vorgestellt. Stillgelegte Kasernen etwa könnten umfunktioniert werden. Als Mindeststandard sollten auf einer Rastanlage laut Setpos Toiletten, Duschen, Beleuchtung und Müllentsorgungsmöglichkeiten verfügbar sein. Das Konsortium schätzt, dass auf diesem Wege rund 2000 LKW-Stellplätze für rund 14 Millionen Euro entstehen könnten – vergleichsweise geringe Kosten also. Die Möglichkeiten, dem Parkplatzmangel Abhilfe zu schaffen, sind vielfältig. Und der erste Schritt ist bereits geschafft: Die Entscheidungsträger haben das Problem endlich erkannt. Bis zur Umsetzung der einzelnen Lösungen müssen LKW-Fahrer allerdings weiterhin jeden Abend nach einem Schlafplatz suchen.❙❚■ Sonja SydowProjekte bis 2014Setpos: Europaweites Telematiksystem Montabaur-ModellSetpos: ZusatzflächenBMVBS: Ausbau* Die Ziele von Setpos sind, ein europaweites Telematiksystem aufzubauen und zudem die Sicherheit auf Parkanlagen zu erhöhen. Der Systementwickler Move & Park ist mit der technischen Umsetzung betreut worden. Das Projekt wird mit 5,3 Millionen Euro von der EU gefördert. Um ein europaweites Netzwerk aufbauen zu können, müssen die involvierten Akteure selbst finanzielle Mittel aufbringen. In Deutschland muss für die Tank-&-Rast-Anlagen der Bund die Kosten für die technische Installation tragen, die Autohöfe erhalten hingegen keine Unterstützung der Bundesregierung. Setpos will das Projekt bis Juni 2009 realisieren. Das System soll drei Services bieten:1. In einer umfassenden laufend aktualisierten Datenbank sollen die Fahrer und Transportunternehmer einen Überblick über alle Rastmöglichkeiten deutschlandweit erhalten. 2. Die Fahrer können über Handy, Internet oder die On-Board-Unit (OBU) den Belegstatus der Rastanlagen prüfen. Ruhezeiten können so besser ge-plant werden.3. Über das System können LKW-Fahrer Plätze von unterwegs aus reservieren. Die Buchung erfolgt über ein Callcenter, Handy oder Internet, die Bezahlung läuft elektronisch. szs

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