Ein rauer Boden spart

Ein rauer Boden spart Zeit und GeldDa die Spedition Merkel-Wetzel keine praktische Möglichkeit zur Ladungssicherung für ihre Shuttle-Fahrten fand, entwickelte sie mit einem Partner selbst eine neue Lösung. Eine spezielle Beschichtung raut den Trailerboden auf, sodass die Transporte nun ohne zusätzliche Maßnahmen gesichert sind.Die engen Täler des Schwarzwaldes beheimaten zahlreiche Papierfabriken. Diese haben meist kaum Platz für ein eigenes Lager und geben deshalb ihre Ware in die Hände von Kontraktlogistikern. Das Papier-Shuttle kommtDie Spedition Merkel-Wetzel aus dem badischen Kuppenheim ist einer von ihnen. Pro Jahr befördert die Spedition mit über 20.000 Shuttlefahrten rund 600.000 Paletten in die eigenen Lagerhäuser, von wo aus dann die europaweite Verteilung erfolgt. Zehn Sattelzugmaschinen fahren die auf Europaletten verpackten Papier- und Pappepakete direkt vom Band in das Speditionslager. Gut fünfmal täglich schwärmen die Trucks in der Nähe von Karlsruhe aus und legen dabei stets kurze Touren von zirka 15 Kilometern zurück. Die Paletten sicherten die Fahrer bislang, indem sie Antirutschmatten auf dem Trailerboden auslegten und die Ware anschließend gurteten. Dies dauerte jeweils gut 20 Minuten. "Dieser Zeitaufwand für die Ladungssicherung stand in einem sehr ungünstigen Verhältnis zur Transportzeit", fand der Geschäftsführer der Spedition Hermann Merkel und sann nach einer effektiveren Lösung für seine Shuttle-Fahrten. Auf der IAA im Jahr 2006 kam Merkel mit der Firma Keller aus Wirfus ins Gespräch. Der rheinland-pfälzische Spezialist für Kleb- und Dichtstoffe zeigte sich interessiert und begann zusammen mit Merkel eine passende Ladungssicherungslösung zu entwickeln. Nach einigen Testreihen und Verbesserungen fanden die Tüftler folgende Lösung: Die Siebdruckplatten des Trailerbodens werden mit einem flüssigen Harz beschichtet, das als Träger dient. Darin eingebettet wird eine Körnung, die anschließend gegen den Abrieb versiegelt wird. Die knapp drei Millimeter starke Schicht liegt wie eine Lage Schmirgelpapier auf der Ladefläche und raut diese auf. Eine erste Testreihe nach den Vorgaben der VDI-Richtlinie 2700 Blatt 14 (Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen – Ermittlung von Reibbeiwerten) am Fraunhofer Institut Materialfluss und Logistik (IML) in Dortmund zeigte, dass der Gleitreibwert des Bodens 0,7 beträgt. Der Gleitreibwert beschreibt den Widerstand einer Ware, der entsteht, wenn diese über die Ladefläche gezogen wird. Laut den gesetzlichen Vorgaben muss dieser seitlich 0,5 und nach vorne 0,8 betragen. Als zusätzliches Sicherheitsmerkmal verwendet Merkel deshalb verstärkte Trailer mit XL-Aufbau. Zudem sind die Paletten formschlüssig verstaut und können selbst nicht kippen. Somit werden die nach vorne wirkenden Fliehkräfte vollständig kompensiert, ohne dass Matten oder Gurte notwendig sind. Mit fünf Aufliegern testete Merkel das neue Verfahren und ließ die Haftfähigkeit des Trailerbodens erneut vom IML prüfen. Das Ergebnis: Auch nach dem mehrmonatigen Einsatz blieb der Gleitreibwert konstant, wie der Prüfbericht des IML bestätigt. Eine Voraussetzungen muss die Ladung allerdings auf jeden Fall erfüllen: Sie muss kippsicher sein.Hoher Arbeitsschutz, wenig Aufwand Spediteur Hermann Merkel ist mit dem Ergebnis zufrieden: "Jetzt können wir die aufwändigen Ladungssicherungsmaßnahmen reduzieren, da wir nicht mehr das Niederzurren und die Antirutschmatten benötigen. Außerdem haben wir damit eine wesentlich größere Arbeitssicherheit für die Mitarbeiter erreicht." Gegen die kritischen Blicke der Polizisten oder der BAG-Beamten sind die zehn Merkel-Fahrzeuge gewappnet. "Für mögliche BAG-Kontrollen haben unsere Fahrer immer das XL-Zertifikat sowie das Prüfzeugnis des IML dabei", erklärt Hermann Merkel und fügt an: "Im Shut-tle-Verkehr mit häufigen, schnellen Be- und Ladezeiten ist dies eine absolut stimmige und wirtschaftlich interessante Ladungssicherungsmaßnahme."Drei Jahre Garantie auf die PlattenWichtig ist für Merkel, dass die neuen Böden robust sind. Schließlich fahren die Stapler täglich mehrere dutzendmal zum Be- und Entladen auf den Trailer. Auch diese Vorgabe scheint erfüllt. So gab es für Merkel bislang noch nichts zu beanstanden. Trotz der hohen Widerstandsfähigkeit wird der Trailer durch die Extraschicht nicht schwerer, versichert Theo Keller, Geschäftsführer bei Keller Kleb- und Dichtstoffe. Der Grund: Die einzelnen Siebdruckplatten werden zunächst in geringerer Stärke eingekauft und wachsen erst mit der Behandlung auf die Stärke von unbehandelten Bodenplatten an. Auf das zertifizierte System gibt der Hersteller Keller drei Jahre Garantie. Eingebaut werden die Platten direkt vom Kunden, der sie von Keller geliefert bekommt. Bei größeren Arbeiten rücken die Fachmänner aus Wirfus aber auch aus und rüsten innerhalb von zwei Tagen einen Trailer direkt beim Spediteur um. Die Einzelplatte mit den Maßen 1,25 Meter mal 2,5 Meter kostet 298 Euro. Für einen Standardtrailer sind 11 Platten nötig, was dann knapp 3300 Euro kosten würde. Mittlerweile interessieren sich auch andere Kunden für die Anwendung. So hat Keller beispielsweise Transportfahrzeuge des THW umgerüstet und auch die Böden von Tiefladern bearbeitet, um damit die Rutschgefahr für das Ladepersonal zu minimieren. Außerdem testet Keller sein Verfahren für Steintransporte Auch hier sollen die Böden die Steinblöcke fixieren. Schließlich gibt es in den engen Tälern des Schwarzwalds nicht nur Papierfabriken, sondern auch Steinbrüche. ❙❚■ Rocco SwantuschKräfte bei Vollbremsung

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