München. „Ist es wirklich nur Neid, wenn eine Famlilie mit drei Kindern sich wundert, wie dieselben Leute, die guten Gewissens Millionengehälter einstreichen, bei den Löhnen ihrer Mitarbeiter feilschen?“ – schon mit dieser provokanten Frage will Heribert Prantl, Leiter des Ressorts Innenpolitik bei der Süddeutschen Zeitung, polarisieren. Was ihm auch im weiteren Verlauf seines Buches „Kein schöner Land – Die Zerstörung der sozialen Gerechtigkeit“ gelingt: Prantl benennt diejenigen, die ein Interesse daran haben aus der sozialen Marktwirtschaft das Soziale auszuklammern und beschreibt, welche Schritte seiner Meinung nach wirklich nötig wären, um uns aus der Sackgasse zu führen. Er nennt dies den „Ausbruch aus der Exklusionsgesellschaft“ und verliert sich hier ein wenig in der Lehre eines Obdachlosenpfarrers Joachim Ritzkowsky („Er legte sich mit der Deutschen Bahn an, die Obdachlose aus den Banhöfen vertreibt“) oder den Schilderungen einer Velma Wallis, aufgewachsen in einer Familie mit dreizehn Kindern in Alaska („Statt aufzugeben fanden sie den Willen und den Mut, sich der Herausforderung zu stellen“). Prantl, begnadetes „journalistisches Seziermesser“ deutscher Innenpolitik, fordert hier ein wenig bemüht den starken Staat, der mit aller Kraft für Chancengleichheit sorgt und sieht dies als den zweiten Teil eines Projektes, das Willy Brandt mit seinem Ausspruch „Mehr Demokratie wagen“ begann. In der Brandt’schen Tradition fordert der Autor dann auch eine Neudefinition des Patriotismus: „Ein Patriot ist der, der dafür sorgt, dass Deutschland Heimat bleibt für alle Altbürger und Heimat wird für alle Neubürger.“ (tc) Heribert Prantl, Kein schöner Land. Droemer Verlag, München 2005, 208 Seiten, Paperback, 12,90 Euro, ISBN 3-426-27363-2
Das Buch der Woche: "Kein schöner Land" von Heribert Prantl
Jeden Mittwoch neu: Der aktuelle Buchtipp, ausgewählt von Ihrer VerkehrsRundschau: Über die Zerstörung der sozialen Gerechtigkeit