Bericht aus Berlin

Bericht aus BerlinStreit um Umweltzonen neu entfachtUmweltschützer fordern bessere Kontrollen und mehr Umweltzonen. Umweltmediziner bezweifeln dagegen, dass diese Maßnahmen tatsächlich wirkungsvoll sind.Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat eine Ausweitung und stärkere Kontrollen der Umweltzonen gefordert. Vor allem in den ostdeutschen Bundesländern bestehe erheblicher Nachholbedarf, betonte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Das Beispiel Berlin zeige hingegen, dass Umweltzonen, in denen nur Kraftfahrzeuge mit begrenztem Schadstoffausstoß einfahren dürfen, die Luftqualität „spürbar verbessern“. Nach Angaben der DUH steigt die Zahl der Umweltzonen 2011 auf 48. Eine Plakettenpflicht gebe es dann auch in Leipzig, Halle und Magdeburg. Ab 1. März dürfen außerdem Fahrzeuge mit roter Umweltplakette nicht mehr durch die Umweltzonen von Düsseldorf, Wuppertal und Neuß fahren. Darüber hinaus haben Umweltdezernenten von 13 Städten des Ruhrgebiets in einer gemeinsamen Erklärung die Schaffung einer großen Umweltzone ab Januar 2012 angeregt. Umweltschützer kritisierten allerdings, dass viele Umweltzonen nur unzureichend kontrolliert werden. Die Stuttgarter Umweltzone ist beispielsweise nach Ansicht der DUH ein „zahnloser Tiger“, weil viele Lastwagen in der Innenstadt gar keine Plakette hätten.Die Hauptstadt als VorbildDer Hauptstadt Berlin maß Resch eine Vorbildfunktion zu, weil es dort nur wenige Ausnahmegenehmigungen gebe und auch parkende Fahrzeuge ohne gültige Umweltplakette in einer Umweltzone vom Ordnungsamt erfasst und die Fahrzeughalter mit einer Geldstrafe rechnen müssten, sagte Resch. Berlin hat als eine der ersten deutschen Städte zum 1. Januar 2008 eine Umweltzone im Innenstadtbereich eingeführt. Mehr als 60.000 Fahrzeuge seien in der Folge mit einem Rußfilter nachgerüstet worden. Hierdurch hätten sich der Rußausstoß des Straßenverkehrs um 40 Prozent und die Stickoxidemissionen um 19 Prozent reduziert, hob der Bundesgeschäftsführer hervor.Dennoch habe Berlin 2010 insgesamt 56-mal die EU-Luftreinheitsgrenzwerte überschritten, sagte Martin Lutz, der im Senat als Experte zuständig für die Luftreinhaltung ist. Mit Strafzahlungen an die EU-Kommission müsse das Land allerdings nur rechnen, wenn es nachweislich nicht genug täte, um die Situation zu verbessern. „Wir arbeiten derzeit an einem Bericht für die Kommission, in dem wir unsere Maßnahmen darlegen“, betonte Lutz.Fragwürdiger Erfolg der UmweltzoneIm Gegensatz zur Deutschen Umwelthilfe bezweifelt der Umweltmediziners David Groneberg den Nutzen der Umweltzonen in deutschen Städten. Durchschnittlich sinke der Feinstaubgehalt in der Luft nach Einführung einer Umweltzone nur um drei Prozent, gibt der Frankfurter Forscher zu bedenken. Groneberg hatte die Feinstaubbelastung an verschiedenen Stellen von Berlin untersucht. Danach sei der Feinstaubgehalt in unmittelbarer Nähe der Schadstoffquelle, zum Beispiel eines Autos, viel höher als wenige Meter weiter. „Schon 10 oder 20 Meter können sehr viel ausmachen“, erläuterte er. Es helfe, wenn Anwohner einer stark befahrenen Straße ihr Schlafzimmer nach hinten legen. Auch das Wetter spiele eine große Rolle. „Je größer die Windgeschwindigkeit, umso geringer die Feinstaubbelas-tung.“ Im Übrigen seien die Schadstoffwerte in verrauchten Zimmern wesentlich höher als an viel befahrenen Hauptstraßen. Groneberg ist seit 2010 Direktor des Instituts für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin in Frankfurt/Main und erforscht schwerpunktmäßig die Feinstaubbelastung. ❙❚■ Jörg Kürschner, VR-Korrespondent in BerlinTrotz Umweltzone kam es 2010 in der Berliner Umweltzone 56-mal zu GrenzwertüberschreitungenDie Deutsche Umwelthilfe (DUH) ist ein gemeinnütziger, bundesweit tätiger Verband, der sich für den Schutz von Umwelt und Natur einsetzt. Er versteht sich als Forum für Umweltorganisationen, Politiker und Entscheidungsträger aus der Wirtschaft. Die 1975 gegründete DUH ist klageberechtigt und finanziert sich nach eigenen Angaben durch private Spenden und öffentliche Fördermittel. jök

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