Stuttgart. Die Umweltzonen in Baden-Württemberg haben bisher kaum zur Verbesserung der Luftqualität beigetragen. „Der bürokratische Aufwand ist viel zu hoch für den Effekt, den wir erreichen“, sagte der Fachbereichsleiter für Umweltschutz bei der Stadt Mannheim, Josef Krah. Auch die meisten anderen betroffenen Städte bezweifeln den Sinn der vor knapp vier Monaten eingeführten Umweltzonen zur Senkung der Feinstaubwerte in der Luft. Dies ergab eine Umfrage der „Deutschen Presse-Agentur“. Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) wies die Kritik als verfrüht zurück: „Wir haben immer gesagt, wir können nicht kurzfristig mit großen Erfolgen rechnen.“ In Stuttgart wollen zwei Vermieter die Stadt vor Gericht dazu zwingen, die Abgase am Neckartor zu verringern. „Die Umweltzone hat sogar eine Verschlechterung gebracht“, sagte ihr Anwalt Roland Kugler. Auch der Sprecher der IHK Region Stuttgart, Bernd Engelhardt, kritisierte: „Die Umweltzone bringt viel Bürokratie und eine Belastung finanzieller Art für Bürger und Betriebe, für die Umwelt aber kaum etwas.“ Mit dem Start der Umweltzone am 1. März wurde in Stuttgart das Durchfahrtsverbot für Lastwagen aufgehoben. Der LKW-Verkehr habe seither dramatisch zugenommen, sagte Reimund Elbe vom ADAC Württemberg. Nach Angaben des städtischen Umweltamts wurde der EU-Grenzwert für Feinstaub von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft am Neckartor seit Jahresbeginn an 41 Tagen überschritten. Erlaubt sind jährlich 35 Tage. Auch in anderen Städte herrscht Unzufriedenheit: „Der Aufwand ist ungerechtfertigt. Besser wäre es, technische Verbesserungen für alle Fahrzeuge bundesweit zu fordern“, sagte der Ludwigsburger Bürgermeister Konrad Seigfried. Die Luftqualität habe sich nicht verbessert, hieß es in Ilsfeld, Leonberg und Reutlingen. Der Einzelhandel habe außerdem Einbußen hinnehmen müssen, sagte die Sprecherin der Stadt Leonberg, Susanne Widmaier. Dort sei der Grenzwert seit Anfang des Jahres bereits an 25 Tagen überschritten worden. Umweltzonen gibt es seit März auch in Schwäbisch Gmünd und Tübingen. Anfang 2009 sollen sieben weitere Städte hinzukommen. In Reutlingen habe es seit Januar 30 Überschreitungen des Grenzwerts gegeben, sagte Sprecherin Sabine Külschbach. Die Umweltzone sei „bürokratischer Unsinn“, zumal sich die Regelung nicht auf die Hauptdurchfahrtsstraße von Stuttgart in die Schwäbische Alb erstrecke. Der Ilsfelder Bürgermeister Thomas Knödler sagte: „Nach unseren Beobachtungen fährt deswegen kein Fahrzeug weniger durch Ilsfeld. Wir stellen diesen Aktionismus in großem Maße infrage.“ Die Stadt Mannheim hat für die Umweltzone nach Angaben Krahs bisher rund 270.000 Euro gezahlt. „Vom Umweltschutz her hätten wir uns eine andere Vorgehensweise gewünscht“, sagte Krah. Umweltministerin Gönner zeigte sich skeptisch gegenüber dem Einwand der Kommunen, die Einführung der Umweltzonen sei zu aufwendig gewesen: „Es gibt keine sinnvolle Alternative.“ Die Kommunen profitierten außerdem vom Verkauf der Plaketten finanziell und könnten damit ihre Kosten decken, sagte Gönner. Es sei ein großer Erfolg, dass viele Bürger ihre Autos nach- und umgerüstet hätten. Bereits jedes vierte Dieselfahrzeug in Baden-Württemberg sei zwischenzeitlich mit einem Rußfilter ausgestattet. Anwalt Kugler hat der Stadt Stuttgart ein Ultimatum bis Ende Juli gestellt, um sich zu Maßnahmen gegen den Feinstaub bis Jahresende zu verpflichten. Seine Mandanten fordern, das LKW-Verbot am Neckartor wieder einzuführen und ein Tempolimit von höchstens 40 Stundenkilometern vorzuschreiben. Handele die Stadt nicht, werde er Klage einreichen. Kugler beruft sich auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2007, wonach Anwohner besonders belasteter Gegenden bei einer Überschreitung des Grenzwerts Sofortmaßnahmen für eine bessere Luft einfordern können. Die Stadt will das Schreiben prüfen. (dpa)
Baden-Württemberg: Umweltzonen in der Kritik
Umweltzonen in Baden-Württemberg tragen bisher kaum zur Verbesserung der Luftqualität bei