4. ECR-Tag: Mittelstand im Visier

Wien. Dass sich immer mehr Manager in der Konsumgüterwirtschaft mit dem Efficient Consumer Response (ECR) beschäftigen, lag sicherlich nicht nur an dem ansprechenden Ambiente. Schauplatz des Kongresses war Österreichs Adresse Nummer Eins: Die Wiener Hofburg, wo einst Kaiser Franz Joseph und die schöne Sissi residierten. Neben der starken Präsenz der Industrievertreter (40 Prozent) nutzten in dieses Jahr zur Freude der Veranstalter mit einem Anteil von 20 Prozent der Teilnehmer auch sehr viele Händler das Treffen zum Meinungsaustausch. Ein weiterer Rekord für den Kongress. Problematisch hingegen das weiterhin maue Interesse der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) am Thema ECR. Zwar erkennen in Summe immer mehr Betriebe die Notwendigkeit, sich mit den einzelnen Bausteinen der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit auseinander zu setzen. "Aber ECR hat die KMU noch nicht erreicht", so Achim Sieren, Geschäftsführer der Wincor Nixdorf Retail Consulting GmbH im Rahmen der zentralen Podiumsdiskussion. Es fehle immer noch die breite Umsetzung der ECR-Strategien, erklärte der Berater. Ähnlich sieht es Ferdinand Hirsig, der auf dem Podium den Mittelstand vertrat. "Für mich war ECR lange Zeit nur Theorie", so der Vorsitzende der Geschäftsleitung der Volg Konsumwaren AG. Er betonte, dass die Umsetzung bei den kleineren Unternehmen mehr Zeit und Geduld erfordere. Die Verantwortlichen der drei ECR-Initiativen machten in Wien für diesen noch mangelnden Umsetzungsgrad selbstkritisch auch die zu komplizierten und mit Fachsprache versetzten ECR-Modelle verantwortlich. Auch das schnelle Vorangehen der Branchenführer mit immer neuen Themen wird zunehmend kritisch gesehen, zumal Basisthemen mit Stammdatenmanagement und EDI bei vielen immer noch nicht umgesetzt sind. "Die kleinen und mittleren Unternehmen kommen nicht mit und können den Großen nicht folgen", kritisiert Volg-Chef Hirsig. Dies führe zu Demotivation und Enttäuschungen. Für Johnson&Johnson-Geschäftsführer Pattermann sind das hingegen oft nur Aussreden. Nichts an ECR sei schwierig. "Wenn man will, dann geht es auch", erklärte Pattermann. Und oftmals müsse der Handel auch mal leichten Druck auf seine Zulieferer ausüben. Dass ECR durchaus auch schon im Mittelstand angekommen und verstanden wird, beweisen die "ECR Best Practice Awards", die in Wien erstmals verliehen wurden. In der Kategorie "Verdienste von Einzelpersonen" zeichnete ECR D-A-CH den Kleinunternehmer Leo Faltmann aus, der in Nottuln bei Münster ein Modehaus betreibt. Der zehn Mitarbeiter und 400 Quadratmeter Verkaufsfläche zählende Laden verfolgt schon seit 1998 ECR als strategisches Unternehmensziel. Der elektronische Datenaustausch mit großen Textillieferanten ist laut ECR D-A-CH Tagesgeschäft. 90 Prozent des Umsatzvolumens werde mit Hilfe von EDI bewirtschaftet. Dazu gehörten Artikelstammdaten, PRICAT, Despatch Advice, Order Response, Inventory Report und Sales Report. ECR D-A-CH ehrt Faltmann mit dieser Auszeichnung, da "er durch sein Engagement gezeigt habe, dass der Mittelstand erheblich von ECR profitieren kann". Nach Angaben von Faltmann entwickelte sich sein Umsatz gegen den Markttrend positiv und die Kosten konnten durch ECR um 30 Prozent reduziert werden. Außerdem ausgezeichnet wurden Dm Drogeriemarkt und Nestle in der Kategorie "Unternehmenskooperation" für ein gemeinsames Category Management im Bereich Babynahrung sowie die Globus Logistik und Service GmbH in der Kategorie "Einzelunternehmen" für ein ganzheitliches Supply-Chain-Konzept. Und in der Kategorie "Wissenschaftliche Leistungen" prämierte ECR D-A-CH die Arbeit "Supply Chain Management – Prozessoptimierung entlang der Wertschöpfungskette" von Markus Mau von der Universität Gießen. Der nächste ECR-Tag findet am 9. und 10. September 2004 in Berlin statt.