Berlin. Gut sechs Wochen nach dem Sturz des langjährigen Bahnchefs Hartmut Mehdorn bekommt der Aufsichtsrat an diesem Mittwoch Untersuchungsergebnisse über die Datenaffäre auf den Tisch. Bei der Sitzung in Berlin wollen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG sowie die Ex-Bundesminister Gerhart Baum und Herta Däubler-Gmelin Abschlussberichte vorlegen. Der neue Bahnchef Rüdiger Grube hat schon angekündigt, Konsequenzen aus den umstrittenen Massenüberprüfungen der Daten von bis zu 170.000 Mitarbeitern zu ziehen. Er will die Affäre bis 1. Juni aufklären. Die größte Bahn-Gewerkschaft Transnet dringt auf weitere personelle Veränderungen und neue Betriebsvereinbarungen zum Datenschutz. Der Transnet-Vorsitzende Alexander Kirchner sagte, Mehdorn habe mit seinem Rücktritt die „politische Verantwortung“ übernommen. Der Sonderermittler-Bericht werde zeigen, ob andere Vorstandsmitglieder juristisch Verantwortung für den Datenabgleich trügen. „Ich gehe aber ganz bestimmt davon aus, dass es unterhalb des Vorstandes zu personellen Veränderungen kommen wird.“ So könnten der Leiter der Konzernrevision, Josef Bähr, und Sicherheitschef Jens Puls „aus unserer Sicht diesen Job nicht mehr machen. Die sind so tief im System verstrickt, dass man da einen Neuanfang machen muss.“ Mehdorn hatte Ende März nach immer neuen Vorwürfen und massivem politischen Druck seinen Rücktritt erklärt. Er hat mehrfach betont, der Vorstand habe zu keinem Zeitpunkt Datenabgleiche, Untersuchungen von E-Mails, Aufträge an Detekteien oder Verstöße gegen geltendes Recht veranlasst und auch nicht davon gewusst. Wie Mehdorn verlässt auch Margret Suckale, Personalvorstand der Transporttochter DB Mobility Logistics, den Konzern. Sie wechselt als Personalmanagerin zum Chemieriesen BASF. Als frühere Leiterin der Bahn-Rechtsabteilung waren auch gegen sie Vorwürfe in Zusammenhang mit der Affäre laut geworden. Erhärtet wurden sie nicht. Transnet lege großen Wert darauf, dass für die Deutsche Bahn eine neue Betriebsvereinbarung ausgehandelt wird, in der die Spielregeln für den Datenschutz „klarer, besser und verbindlicher geregelt sind als das jetzt der Fall ist“. In „einer Art Selbstverpflichtung“ müsse die Bahn sagen, dass sie mit Arbeitnehmerdaten „noch sensibler umgeht als das der Gesetzgeber erzwingt“, sagte Gewerkschaftschef Kirchner, der auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Bahn ist. Die Affäre hat nach seiner Ansicht auch gezeigt, dass die Korruptionsbekämpfung bei der Bahn ineffektiv war. So sei nach bisheriger Erkenntnis durch die Datenabgleich-Aktionen „kein einziger Korruptionsfall“ aufgedeckt worden, sagte der Transnet-Chef. Künftig sollten nur Mitarbeiter unter besonderer Beobachtung stehen, die Aufträge vergeben. Betroffene, die in der Vergangenheit ausgespäht wurden, sollten einen Anspruch erhalten zu erfahren, warum und wie sie ausgeforscht wurden. (dpa)
Transnet fordert Personalwechsel bei der Bahn
Sonderermittler legen Abschlussbericht vor: Transnet-Chef Kirchner fordert weitere personelle Konsequenzen