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Interview mit Frank Huster (DSLV): Wie grün ist die Speditionsbranche?

05.03.2010 13:20 Uhr
Frank Huster ist Projektleiter beim DSLV

Das Thema Umwelt gewinnt an Bedeutung, immer mehr Speditionen befassen sich damit. Frank Huster, Projektleiter beim DSLV, verrät wie grün die Speditionsbranche ist

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Eine vom DSLV in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass das Thema Umwelt an Bedeutung gewinnt und sich immer mehr Speditionen damit befassen. Wie grün die Speditionsbranche ist und welche Konsequenzen der DSLV aus der Studie zieht verrät Projektleiter Frank Huster im Interview mit VerkehrsRundschau-Redakteur Michael Cordes. Einen weiterführenden Artikel zu den Ergebnissen der Studie lesen Sie in der VerkehrsRundschau 09/2010. VerkehrsRundschau: Ist die Speditionsbranche „grüner“ als die Öffentlichkeit glaubt? Frank Huster: Das kommt darauf an, wie man „grün“ definiert. Zu den ureigenen Aufgaben des Spediteurs gehört ja die Organisation- und Bündelung von Verkehren, die eine effiziente Abwicklung beinhaltet. Und das ist bereits der erste Schritt zur grünen Logistik: das Zusammenführen von Sendungen, die Optimierung von Ladeeinheiten, Flottentelematik, Nutzung alternativer Verkehrsträger. Nicht jeder Disponent ist Umweltschützer, aber eine effiziente Logistik trägt erheblich zu einer grünen Logistik bei. Das alles sind grüne Logistikaktivitäten. Aber man kann grüne Logistik auch umfassender verstehen. So sollte ein „grünes Logistikprodukt“ einen ökologischen Mehrwert für einen Kunden bieten. Die extremste Variante wäre ein klimaneutraler Transport, bei der die CO2-Emission gemessen und kompensiert werden. Bei den grünen Logistikaktivitäten ist die Branche sehr weit, bei grünen Logistikprodukten noch nicht. Ist die Untersuchung überhaupt repräsentativ? Ja, sie zeigt ein Querschnitt durch die Branche. Die Verfasser der Studie kommen zwar zum Schluss, dass vor allem die größeren Unternehmen geantwortet haben, verstehen unter größeren Unternehmen aber bereits Betriebe mit mehr als 200 Mitarbeitern. Das sind aber ja immer noch Mittelständler, wenn auch größere. Damit entsprechen die Teilnehmer durchaus dem Klientel des DSLV, die mittleren und größeren Mittelständler. Für die Speditionslandschaft sind die Teilnehmer daher repräsentativ, für das Transportgewerbe womöglich nicht. Werden die Unternehmen vor allem dann tätig, wenn auch ökonomische Vorteile mit den ökologischen Maßnahmen verbunden sind? Sie haben im Grunde ja keine andere Wahl. Wenn ökologische Erfolge ökonomische Erfolge auffressen würden, wäre das ein kontraproduktives Handeln. Denn es gibt nicht nur die ökologische Nachhaltigkeit sondern auch die ökologische und soziale. Wenn eine der drei Säulen wegbricht, gerät das ganze Unternehmen in die Schieflage. Insofern muss man eingestehen, dass die Ökonomie schon eine wichtige Triebfeder ist. Es ist jedoch klar, dass ökologische Fähigkeiten zunehmend marktrelevant werden. Wurden früher vor allem Kostenkennzahlen ermittelt, muss man zukünftig in der Lage sein, ökologische Kennzahlen zu berechnen. Es überrascht auch, dass eine Branche, die grünen Philosophien eher zurückhaltend gegenüber steht, jetzt sich offenbar intensiv mit dem Umweltschutz befasst. Grüne Themen waren auch schon in den 90er Jahren ein Thema bei uns. Allerdings ist das Bewusstsein bei den Spediteuren ein ganz anderes als noch vor 10, 15 Jahren. Jetzt ist aber eine Generation am Ruder, bei der die Bereitschaft, sich tiefergehend mit dieser Problematik zu befassen, deutlich ausgeprägter ist. Vor 20 Jahren wäre ein Verbandsvertreter mit solchen Ideen grandios gescheitert bei den Unternehmen. Wenn Sie heute dazu anregen, dass man sich als Verband und Unternehmen offensiv zum Umweltschutz bekennen soll, rennen Sie damit offene Türen ein. Da hat es einen gravierenden Wandel gegeben. Hat die Branche es vor allem der häufig geschmähten Politik zu verdanken, dass sie so grün ist – siehe die Mautspreizung und der Kauf von umweltfreundlichen LKW? Sicher, die Politik nimmt sich dem Umweltschutz natürlich deutlich intensiver an als in der Vergangenheit und leitet den entstandenen Druck in entsprechende Gesetze und Regeln um. Das führt auch dazu, dass die Industrie immer umweltfreundlichere Techniken entwickelt, die den Speditionen zugute kommen. Aber die Maut ist letztlich nicht aus primär ökologischen Gründen ins Leben gerufen worden, sondern vor allem aus finanziellen. Ein Ergebnis der Studie ist, dass die Kunden nur bedingt bereit sind, für ökologische Produkte mehr zu zahlen. Glauben Sie, dass diese Bereitschaft künftig steigt? Die Hoffnung würde ich nicht aufgeben, aber die Wahrscheinlichkeit ist relativ gering. Denn wenn mit ökologischen Einsparungen auch ökonomische Vorteile verbunden sind, dann will davon auch der Auftraggeber profitieren und verhandelt um den Preis. Deshalb scheuen sich auch immer wieder Spediteure davor, transparent zu werden und zum Beispiel ihre CO2-Aussstoß bekannt zu geben. Denn die Verringerung dieser Emissionen wird gleichgesetzt mit einem geringerem Verbrauch und damit geringeren Kosten. Wenn ein Spediteur dies dem Verlader mitteilt, kommt letzterer womöglich auf die Idee: Ist ja prima, an diesen Einsparungen möchte ich auch partizipieren. Ist damit zu rechnen, dass Umweltschutz irgendwann mal tatsächlich so wichtig sein wird bei der Entscheidung über eine Auftragsvergabe wie der Preis? Der Preis wird neben der Qualität auch zukünftig das alles entscheidende Kriterium sein. Der Bedeutungszuwachs der Umweltverträglichkeit ist jedoch nicht zu verleugnen, und dann kann es durchaus sein, dass bei annähernd gleichen Preisen und Leistungen die grüne Logistik zum Zünglein an der Waage bei Ausschreibungen wird. Welche Konsequenzen zieht der DSLV nun aus der Studie? Zum einen wollten wir mit dieser Studie eine Signalwirkung nach außen erzeugen, dass wir uns um das Thema kümmern. Wir möchten unsere Mitgliedsunternehmen zudem ermutigen, ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen und Rationalisierungserfolge und Effizienzgewinne durchaus auch „grün“ zu vermarkten. Wir werden mit Politik und Verladerschaft über das Thema diskutieren. Die Studie bestätigt uns zudem, uns bei der europäischen Normierung von CO2-Mess- und Vermeidungsmethoden weiterhin zu engagieren. Und schließlich würden wir natürlich staatliche Anreiz- und Fördersysteme für ökologische Aktivitäten des Spediteurs begrüßen. Wie soll der Dialog mit der Verladerschaft zu dem Thema aussehen? Zum Beispiel sind Ineffizienzen an der Rampe genauso kritisch zu hinterfragen wie Ineffizienzen, die der Spediteur zu verantworten hat. Eingeschränkte Be- und Entladungszeiten sind in hohem Maße unökologisch, da ein Fahrzeug steht und zugleich eine Konzentration von Verkehrsströmen auf einen Zeitraum hervorruft. Alles keine neuen Probleme und Lösungsvorschläge, aber durch die Umweltdebatte kommt zusätzlicher Druck in diese Themen herein. Wie sieht ihr Engagement bei der Normierung aus? Es gibt im Deutschen Institut für Normung einen Normenausschuss Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen in Zusammenhang mit Transportdienstleistungen (Personen- und Güterverkehr). Hier treffen sich die deutschen Experten, um von da aus Einfluss auf die Normung international zu nehmen. Wann wird es einen Standard zur Erfassung und Messung der Treibhausgase geben? Ich denke, es wird 2012 einen Standard dazu geben. Dieser wird allerdings nicht den Anspruch nach einer einfachen Ermittlung erfüllen können. Dazu ist das Thema einfach zu komplex. Dennoch kann es für ein kleines Unternehmen einfacher sein, die CO2-Zahlen zu ermitteln als für ein global tätiges Unternehmen. Ein kleiner Betrieb kann sich dabei am Kraftstoffverbrauch orientieren. Ein global tätiger Spediteur weiß häufig gar nicht, wer mit welchen Fahrzeugen seine Ware zum Beispiel in Asien wie lange über welche Distanzen transportiert. Daher sind die Emissionen auch völlig unbekannt. Letztlich muss dann gegebenenfalls mit Durchschnittswerten gerechnet werden. Man kann da nicht ein 100 Prozent sauberes Rechnen erwarten wie es in der Finanzbuchhaltung der Fall ist.

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