Cyberversicherung richtig wählen

Die Anzahl der Hackerangriffe auf Versand- und Logistikunternehmen hat sich zwischen 2019 und 2020 verdreifacht. "Gründe für die Angreifbarkeit der Logistikunternehmen sind unter anderem die starke Abhängigkeit von der IT, aber auch veraltete Systeme, die nicht auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Hinzu kommt der aufeinander abgestimmte Warenverkehr mit Just-in-Sequence-Lieferungen und der Verknüpfung unterschiedlichster Unternehmen zur Erbringung von Leistungen", erklärt Robert Drexler, Leiter Competence Center Cyber bei der Schunck Group. Die richtige Cyberversicherung Viele Unternehmen sind immer noch unzureichend gegen Cyberattacken geschützt. Dabei können solche Angriffe gerade für kleinere und mittlere Speditions- und Logistikunternehmen existenzbedrohend werden. Eine spezielle Cyberversicherung, die solche Risiken abfängt, wird daher immer wichtiger. Immer häufiger wird sie sogar beim Abschluss von Geschäftsverbindungen vorausgesetzt. Aber auf was müssen Unternehmen aus Spedition, Transport und Logistik achten, wenn sie eine Cyberversicherung abschließen wollen? Die wichtigsten Punkte haben wir hier zusammengefasst. Baustein 1: Eigenschäden Der eigene finanzielle Schaden, der einem Unternehmen durch einen Hackerangriff entsteht, muss von der Cyberversicherung abgedeckt sein. Beispielsweise, wenn eine Schadsoftware IT-Systeme blockiert oder lahmlegt. So geschehen bei dem Hackerangriff auf die weltweit größte Containerreederei Maersk im Jahr 2017. Das Unternehmen musste damals 45.000 Client-Rechner und 4.000 Server neu installieren und arbeitete zehn Tage lang mehr oder weniger analog. Gekostet hat der Angriff am Ende rund 300 Millionen Dollar. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Versicherung die Kosten für die Betriebsunterbrechung trägt, den Ertragsausfall übernimmt und die Kosten, die entstehen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Dazu gehören beispielsweise die Anmietung fremder IT-Systeme oder die Beauftragung von IT-Forensikern. Eine Betriebsunterbrechung erfolgt nicht immer wegen eines Angriffs auf das Unternehmen selbst, sondern kann auch dadurch passieren, dass beauftragte Service Provider ausfallen. Dies können zum Beispiel Cloud-Anbieter oder Rechenzentren sein. Deshalb sei es wichtig, dass auch eine Betriebsunterbrechung, die durch den Ausfall solcher IT-Dienstleister erfolgt, mitversichert ist, so der Cyber-Experte der Schunck Group. Immer beliebter unter Cyberkriminellen wird die sogenannte Ransomware. Durch diese werden Daten oder Netzwerke verschlüsselt und die betroffenen Unternehmen erpresst. Die Daten werden erst wieder freigegeben, wenn Lösegeld gezahlt wird. Im vergangenen Jahr wurde beispielsweise der international tätige Logistikkonzern Toll Group aus Australien zweimal innerhalb von sechs Monaten mit Ransomware angegriffen. Ob das Unternehmen Lösegeld bezahlt hat, ist nicht bekannt. In manchen Fällen übernehmen Versicherer als letzte Möglichkeit auch die Lösegeldzahlung, allerdings wird diese mehr und mehr explizit vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Baustein 2: Haftpflicht Bei einem Hackerangriff gibt es meist mehrere Geschädigte. Einmal das Unternehmen, das direkt betroffen ist und dadurch zum Beispiel einen Ertragsausfall zu beklagen hat. Aber auch andere können durch den Cyberangriff geschädigt werden, zum Beispiel Kunden, weil ihre Aufträge nicht mehr bedient werden können, oder weil Kundendaten verloren gehen. Dann kommen auf das angegriffene Unternehmen oft auch noch Schadenersatzansprüche von Dritten zu. Diese Schadenersatzansprüche sollte die Cyberversicherung neben den eigenen Schäden des Unternehmens übernehmen. Baustein 3: Assistance Die Leistungen einer guten Cyberversicherung sollten im Ernstfall über die Zahlung einer Summe x hinausgehen. Bei einer Cyberattacke sollte sie betroffenen Unternehmen zur Seite stehen und mit erfahrenen IT-Spezialisten zusammenarbeiten. "Ein besonderes Augenmerk sollte daher auf die Kompetenz des bei einem Cybervorfall gewählten Krisendienstleisters gelegt werden. Dieser sollte 24/7 zur Verfügung stehen, nach Möglichkeit unabhängig sein und Experten für IT-Forensik haben", sagt Robert Drexler. Neben IT-Spezialisten stellen Versicherer als weitere Assistance-Leistung den betroffenen Unternehmen oft auch PR-Berater zur Seite. Denn durch mediale Berichterstattung oder den Verlust von Kundendaten leidet schnell der gute Ruf eines Unternehmens. Dann sind Experten gefragt, die das Vertrauen in der Öffentlichkeit wiederherstellen und den Imageschaden eindämmen. Kein Ausschluss für Telematik und Kfz Sind diese drei Bausteine in der Cyberversicherung enthalten, ist der Grundstein für einen guten Versicherungsschutz gelegt. Darüber hinaus sollten Logistiker und Transportunternehmen aber noch besonderes Augenmerk darauf legen, dass die Cyberversicherung keinen Ausschluss im Zusammenhang mit Telematik und Kfz beinhaltet, rät Robert Drexler weiter. An Spezialisten wenden Generell gilt: Eine Cyberversicherung sollte grundlegend möglichst viele Schaden- und Kostenszenarien abdecken. Vom Abwählen einzelner Bausteine hält der Experte wenig, denn dies erhöhe das Risiko, dass ein Schaden im Ernstfall nicht versichert ist. Um eine Doppelversicherung zu vermeiden, sollten Unternehmen mit einem guten Versicherungsmakler zusammenarbeiten, der prüft, ob einzelne Bestandteile der Cyberversicherung bereits in einer anderen Versicherung enthalten sind oder dort besser aufgehoben wären. Ein Gespräch mit Versicherungsexperten, die sich mit Cyberrisiken auskennen, ist ohnehin von Anfang an ratsam. Denn, und das ist vielen nicht bewusst, es bekommt nicht jedes Unternehmen aus der Logistik- und Transportbranche eine Cyberversicherung. Die Voraussetzung dafür ist immer, dass grundlegende Maßnahmen zum Thema IT-Sicherheit und Schutz vor Cybercrime im Unternehmen getroffen werden. Fehlt es an Grundsätzlichem, wie beispielsweise regelmäßigen Updates oder einer sicheren IT-Infrastruktur, winken die Versicherer ab, weil das Risiko zu hoch ist. Kosten hängen von vielen Faktoren ab Die Frage, was eine Cyberversicherung kostet, ist pauschal nicht zu beantworten, sagt der Experte. Dafür gebe es zu viele Einflussfaktoren wie das Risiko, den Umsatz, die Versicherungssumme oder die Selbstbeteiligung im Schadenfall. Fakt ist aber: Da die Bedrohungen durch Cybercrime stetig ansteigen, tun es auch die Versicherungsprämien. Mehr zum Thema in der Playlist "Cyber-Sicherheit" www.verkehrsrundschau-plus.de/playlist In Kürze Die Logistikbranche steht zunehmend unter Beschuss von Cyberkriminellen, die Kosten bei Hackerangriffen und Systemausfällen sind enorm. Daher wird eine Cyberversicherung für Logistik- und Transportunternehmen immer wichtiger. Der Artikel erklärt, worauf es bei der Wahl der Versicherung ankommt. Cyberversicherung und DSGVO Ein weiterer Punkt spielt bei Hackerangriffen eine große Rolle: die DSGVO. Die EU-Datenschutzgrundverordnung, die seit Mai 2018 in Kraft ist, regelt den Umgang mit personenbezogenen Daten innerhalb der EU. Wenn nun ein Unternehmen Opfer eines Hackerangriffs wird, kann es sein, dass es zu den Kosten, die dieser verursacht, auch noch ein DSGVO-Bußgeld bezahlen muss. Doch auch dieses ist im Normalfall von einer Cyberversicherung abgedeckt, sofern das Bußgeld im Rahmen eines versicherten Schadens fällig wird und diesem keine rechtlichen Regelungen widersprechen.

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