Berlin. Weil es bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise keine Fortschritte gibt, bereitet sich die EU auf jahrelange Grenzkontrollen vor. Die Wirtschaftsverbände haben die Politik eindringlich auf die Folgen von regelmäßigen Grenzkontrollen hingewiesen und vor unabsehbaren finanziellen Auswirkungen gewarnt.
So geht der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) von drei Milliarden Euro jährlichen Zusatzkosten im Straßengüterverkehr aus. „Hinzu kommen noch Verzögerungskosten bei den internationalen Transporten der übrigen Verkehrsträger. Logistikkosten werden massiv steigen“, befürchtet DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster. Dessen Kollege vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), Karlheinz Schmidt, verwies auf die für das Gewerbe wichtige Relation zwischen Deutschland und Österreich. Vieles spreche dafür, dass die Politik am Interesse der Wirtschaft vorbei entscheide. Der BGL hat inzwischen ein Rundschreiben an seine Mitgliedsunternehmen geschickt und diesen empfohlen, „einen Plan B im Kopf zu haben“. Der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) hält sich dagegen derzeit noch mit Ratschlägen zurück. „Grenzkontrollen bedeuten Wartezeiten, damit zeitintensivere Umläufe, zusätzliche Bürokratie und damit höhere Kosten für alle am Transport Beteiligten“, sagte BWVL-Hauptgeschäftsführer Christian Labrot. Nach Ansicht des Deutschen Verkehrsforums (DVF) werden sich regelmäßige Grenzkontrollen auf den Wohlstand der Exportnation Deutschland auswirken. „Der EU-Binnenmarkt ist eine Errungenschaft, die nicht gefährdet werden darf“, appellierte Geschäftsführer Thomas Hailer an die Politik.
BGA stützt den Merkel-Kurs
Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner, sieht im Streit über die Wiedereinführung von Grenzkontrollen die Existenz von Euro und Europäischer Union in Gefahr. „Es geht ums Ganze“. Und er fügte hinzu: „Wenn man jetzt Schengen in dieser Form zerstört und die Europäische Union massiv gefährdet, dann befürchte ich eine Kettenreaktion, die beim Euro nicht haltmachen wird. Dann fliegt uns der ganze Laden in die Luft“. Börner forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nachdrücklich auf, an ihrem Kurs festzuhalten. „Wenn sie nachgibt, bricht uns die Europäische Union auseinander“. Merkel lehnt nationale Alleingänge zur Lösung der Flüchtlingskrise ab und fordert eine europäische Regelung. Auch der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth, zeigte sich alarmiert. Der Warenverkehr in Europa wäre infolge der Wiedereinführung von Kontrollen durch unüberschaubare Verzögerungen stark beeinträchtigt. Besonders das Zusammenwachsen der Grenzregionen würde behindert. (jök)