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Interview: „Euro ist falsche Währung für Italien und Spanien“

24.07.2012 17:27 Uhr
Interview: „Euro ist falsche Währung für Italien und Spanien“
Finanzexperte Dirk Müller: „Wir ergaunern uns Exportvorteile durch den Euro“
© Foto: VR/Miguel Pere

Muss Griechenland den Euro verlassen? Ja, sagt Finanzexperte Dirk Müller im Interview. Gleiches gelte auch für Länder wie Italien und Spanien.

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Muss Griechenland den Euro verlassen? Seit Tagen ist die Diskussion um diese Frage wieder in vollem Gange. Einer, der schon seit Monaten eine Rückkehr Griechenlands zur Drachme fordert, ist Dirk Müller. Der Finanzexperte sagt im VerkehrsRundschau-Interview, warum es auch für Italiener und Spanier von Vorteil wäre, wenn sie die Währungsunion verlassen würden.

Herr Müller, das Thema, das zurzeit Wirtschaft und Märkte bewegt, ist der Euro. Was meinen Sie: Hat Griechenland Ende des Jahres noch den Euro?
Ich mach es mir mal bequemer und sage: Es würde mich stark wundern, wenn Griechenland Ende des nächsten Jahres den Euro noch hätte. Aber zu welchem Zeitpunkt auch immer: Ich gehe fest davon aus, dass Griechenland und auch andere den Euroraum verlassen werden.

Dann wäre das deutsche Geld aus den Rettungsschirmen verloren?
Ja.

Hat die Politik die Rettungspakete wider besseren Wissens geschnürt?
Man hat sich ganz bewusst Zeit erkauft – teuer erkauft. Für mich grenzt das an Veruntreuung von Steuergeldern. Man hat Garantien gegeben und Geld nach Griechenland überwiesen, obwohl allen klar war, dass das Geld nicht zurückkommen wird. Das einzige Ziel war, Zeit für die Banken zu gewinnen, damit diese ihre Risiken mindern konnten. Nach der Devise: Haften soll der Steuerzahler, nicht die Banken.

Auch heute noch sagt Kanzlerin Angela Merkel: Wir wollen Griechenland im Euro halten.
Hinter den Kulissen sind sich da längst alle einig – Griechenland wird den Euroraum verlassen. Es traut sich nur keiner zu sagen.

Wer muss den Euroraum noch verlassen?
Der Euro ist für die meisten südlichen Länder die vollkommen falsche Währung. Wenn etwa Spanien und Italien zu ihrer alten Währung zurückgingen, würde diese um rund fünfzig Prozent abwerten. Das bedeutet, dass der Euro heute zu einhundert Prozent über ihrer Leistungsfähigkeit liegt. Das kann ein Land nicht verkraften, dann brechen die Exporte weg, dann kauft niemand mehr dort ein. Genau das ist nach Einführung des Euro in diesen Ländern passiert – und die Differenz haben diese Länder durch Kreditaufnahme ausgeglichen. Vor Einführung des Euro waren etwa Griechenland und Türkei auf dem gleichen Level mit einer parallelen wirtschaftlichen Entwicklung. In Folge der Euroeinführung ist die türkische Wirtschaft dramatisch gewachsen, die griechische Wirtschaft ist komplett weggebrochen. Wer vorher in Griechenland Urlaub gemacht hat, hat ab dann in der Türkei Urlaub gemacht, da Griechenland zu teuer wurde.

Das heißt aber doch im Umkehrschluss: Der Euro ist für Deutschland eine Währung, die ebenfalls nicht zu unserer Wirtschaftskraft passt. Erschleichen wir uns also Exportvorteile auf Kosten der südlichen Länder?
Das ist richtig. Unsere Währung müsste um mindestens zwanzig Prozent aufwerten. Wir ergaunern uns zurzeit Exportvorteile durch den Euro.

Dann wäre es doch für uns, vor allem für den Export, eine Katastrophe, wenn sich der Euroraum verkleinerte. Schließlich ist der Export elementar für die deutsche Wirtschaft…
Das wäre für uns sicherlich ärgerlich, aber kein Beinbruch. Und Exportweltmeister waren wir auch mit der D-Mark. Deutschland ist also durchaus in der Lage, mit einer Währung klar zu kommen, die seiner Leistungsfähigkeit entspricht. Einige Exportvorteile würden zwar wegfallen – aber billiger als die Rettungsmilliarden wäre das allemal. Und ganz nebenbei würde die Kaufkraft der deutschen Bürger steigen, da die Produkte, die wir importieren, wie etwa Benzin, billiger würden. Wir würden ein paar Daimler in Peking weniger verkaufen, dafür aber mehr in Stuttgart.


Zur Person:
Dirk Müller ist einem breiteren Publikum als „Mister Dax" bekannt. Der einfache Grund: Der Arbeitsplatz des 1968 geborenen Börsenhändlers auf dem Frankfurter Börsenparkett war so platziert, dass Fotografen häufig seinen Gesichtsausdruck gemeinsam mit dem Kursverlauf auf der Dax-Kurstafel einfingen. Bis 2008 arbeitete der gelernte Bankkaufmann an der Börse, anschließend machte er sich selbstständig und verdient sein Geld nun als Geschäftsführer der Finanzethos GmbH, die die Website Cashkurs.com betreibt und Börsenbriefe verlegt. Zusätzlich hält Müller Vorträge und hat zwei Bücher geschrieben („Crashkurs" 2009, „Cashkurs" 2011).

Das vollständige Interview mit Dirk Müller zur Eurokrise, zu den möglichen Folgen für die deutsche Wirtschaft und zu den Hausaufgaben für die schwarz-gelbe Regierung in Sachen Börsen- und Bankenregulierung lesen Sie in der VerkehrsRundschau-Ausgabe 30/2012, die am 27. Juli erscheint.

Interview: Tobias Rauser, Chef vom Dienst

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KOMMENTARE


Henker999

25.07.2012 - 12:23 Uhr

Woanders kann die Plaudertasche ihre Weisheiten auch nicht mehr unterbringen.


Fischer

25.07.2012 - 12:33 Uhr

Wie immer bringt Dirk Müller das Thema auf den Punkt. Sehr interessant und empfehlenswert in diesem Zusammenhang auch die jüngsten Veröffentlichungen des IFO, München sowie im Netz leicht auffindbare Vorträge von Prof. Dr. Wilhelm Hankel und Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider. Danke an die VR-Redaktion, so ein wichtiges Thema aufzugreifen.


Bernd Karpfen

25.07.2012 - 15:48 Uhr

Warum verschenken wir eigentlich Griechenland nicht an die Türken? Dann hätten wir auch gleich das Zypern-Problem gelöst!


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