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Hohe Hürde für die Elbvertiefung

10.08.2015 11:06 Uhr
Hohe Hürde für die Elbvertiefung
Bernd Schieferdecker von der Rechtsanwaltskanzlei Dolde Mayen & Partner ist Experte für Umweltrecht
© Foto: Dolde Mayen und Partner

Was genau das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Auslegung des Gewässerschutzes für die Elb- und Weservertiefung bedeutet, erklärt der Experte für Umweltrecht Bernd Schieferdecker von der Anwaltskanzlei Dolde Mayen & Partner.

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VerkehrsRundschau: Was genau hat der EuGH vorgegeben?
Bernd Schieferdecker: Umstritten war, wie streng das Verschlechterungsgebot in der europäischen Wasserrahmenrichtlinie in der Praxis anzuwenden ist. Muss jede nur denkbare Verschlechterung betrachtet werden oder gibt es Einschränkungen, wonach nur gewichtige Verschlechterungen auszuschließen sind? Der EuGH hat sich mit seiner Auslegung zwischen den Extremen positioniert. Einerseits haben die Richter gesagt, dass das Verschlechterungsgebot auch bei einzelnen Vorhaben zwingend anzuwenden ist. Die Richter haben aber auch gesagt: Es kommt nicht auf jede kleinste Verschlechterung an. Vielmehr kommt es darauf an, dass sich die Zustandsklasse einer Qualitätskomponente verschlechtert.

Das müssen Sie erklären …
Um eine Aussage über den Zustand eines Gewässers insgesamt treffen zu können, werden verschiedene Qualitätskomponenten betrachtet, beispielsweise der Fischbestand oder das Vorkommen bestimmter Kleinlebewesen oder Wasserpflanzen. Laut Europäischer Wasserrahmenrichtlinie bestimmt der Zustand der schlechtesten Qualitätskomponente den Gesamtzustand. Wenn also von fünf Komponenten vier gut sind, aber eine nur mäßig, so gilt der Zustand des Gewässers insgesamt als mäßig. Das EuGH hat nun klargestellt: Es kommt nicht darauf an, dass sich der Zustand des Gewässers insgesamt verschlechtert, eine unzulässige Verschlechterung liegt schon vor, wenn sich die Zustandsklasse einer einzigen Qualitätskomponente verschlechtert.

Was bedeutet das für den Fortgang der Weser- bzw. Elbvertiefung?
Es gibt sowohl für die Weser- als auch für die Elbvertiefung bereits Planfeststellungsbeschlüsse. Beide wurden durch Umweltverbände juristisch angefochten, die Kläger wollten jeweils eine Aufhebung der Beschlüsse erlangen. Im Falle der Weservertiefung hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) das Verfahren ausgesetzt und an den EuGH abgegeben, um Klärung in bestimmten Punkten zu erhalten. Dieses Verfahren wird nun wieder aufgenommen. Ähnlich verhält es sich bei der Elbvertiefung. Aussagen über den Zeitplan sind schwierig. Die Parteien erhalten sicher zunächst Gelegenheit, umfangreich Stellung zu nehmen. Ich könnte mir vorstellen, dass das BVerwG zeitnah zu einer Entscheidung kommen will.

Müssen die Pläne nachgebessert werden?
In den Verfahren geht es nicht nur um die Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie. In beiden Verfahren hat das BVerwG sehr ausführliche Beschlüsse erlassen und auf eine ganze Reihe von Mängeln hingewiesen. Die Frage ist, ob die Vorhabenträger noch ausreichend Zeit haben, um die Mängel zu korrigieren. Wenn das Verschlechterungsverbot für die Weser und Elbvertiefung gilt und eine Verschlechterung des Gewässerzustands durch die Bauvorhaben eintritt, dann sind sie nur zulassungsfähig, wenn eine Ausnahme erteilt werden kann. Diese Ausnahme stellt strenge Anforderungen.

Wie sind die Chancen, dass am Ende die Ausnahmegenehmigung erteilt wird?
Ich glaube schon, dass eine realistische Chance besteht. Wenn alle Beteiligten sorgfältig arbeiten und auch das notwendige Geld für die entsprechenden Untersuchungen und die sich ergebenden Ausgleichsmaßnahmen in die Hand nehmen, sind die Hürden nicht unüberwindbar. Der Nutzen für die Allgemeinheit muss am Ende schwerer wiegen als die Nachteile für die Umwelt. Das muss aber sehr sorgfältig nachgewiesen werden.

Das Interview führte VR-Redaktuer Dietmar Winkler.

Hintergrund: Am 1. Juli hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil zur Auslegung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie gefällt. Das Wort aus Luxemburg hat Auswirkungen auf die Weser- und Elbvertiefung. Die Richter haben entschieden, dass die EU-Umweltrichtlinie den Ausbauvorhaben entgegensteht. Ausnahmen seien aber möglich, wenn ein berechtigtes öffentliches Interesse besteht. (diwi)

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