Hannover. Die Fahrverbote für Autos mit hohem Abgasausstoß werden in Hannover wieder entschärft - und zwar auf Druck von Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). Die Stadt machte am Mittwoch zwar klar, dass sie die Anordnung des Ministers für völlig unsinnig hält. Dennoch wurde akzeptiert, dass das Land in dieser Sache grundsätzlich weisungsbefugt ist, hieß es. Von Dienstag an dürfen nun in der Umweltzone in Hannover wieder Autos mit gelber Plakette fahren. Das war seit Jahresbeginn eigentlich verboten. Allerdings setzt die Stadt darauf, dass die Weisung Sanders noch vom Verwaltungsgericht Hannover zu Fall gebracht wird. Zwei Bürger stellten dort einen Eilantrag. Sie wohnen mitten in der City innerhalb der Umweltzone und kämpfen dort für bessere Luftqualität. In Hannover schlägt der überraschende Vorstoß des Ministers seit Tagen hohe Wellen: Viele Autobesitzer sind verärgert, weil sie ihre Wagen in den vergangenen Jahren für viele hundert Euro nachgerüstet haben und diese Investitionen nun zunächst wohl überflüssig waren. Vor allem der Umstand, dass Sander erst über zwei Jahre nach Start der Umweltzone Korrekturen einforderte, sorgte für großes Missfallen. Unterdessen zeigte sich der Minister selbst am Mittwoch im Landtag völlig unbeeindruckt von der Kritik an seiner Entscheidung. Dem FDP-Politiker wird unter anderem vorgeworfen, dass seine Mitarbeiter die beiden Studien, auf die der Minister seine Entscheidung stützt, lediglich aus dem Internet gefischt haben. Eine davon soll 14 Jahre alt sein und sich lediglich auf Busse beziehen. Auch die zweite soll nach Angaben der Autoren nicht ohne weiteres auf die Situation in Hannover übertragbar sein. Der Minister dagegen argumentiert, Ziel müsse es sein, Stickstoffoxide zu reduzieren. Diese Gase würden aber mit bestimmten nachgerüsteten Feinstaubfiltern für Dieselwagen vermehrt statt vermindert. „Der Ausschluss von Fahrzeugen mit gelben Plaketten würde sehr wohl die Luftqualität und den Gesundheitsschutz in Hannover verbessern“, betonte dagegen die Stadt Hannover. Sander verteidigte sich am Mittwoch, räumte aber ein, er habe zu spät eingegriffen: „Wir hätten es früher machen müssen.“ Die Deutsche Umwelthilfe DUH warf dem FDP-Minister „Amtsmissbrauch und Klientelpolitik für die Automobilindustrie“ vor. Der Verband unterstützt die beiden Anwohner, die erreichen wollen, dass weiterhin nur schadstoffarme Autos mit grüner Plakette in die Umweltzone fahren dürfen. „Selten hat ein deutsches Regierungsmitglied Fakten und Studien so ins Gegenteil verdreht wie bei dieser Weisung zur Teilaufhebung der Umweltzone von Hannover“, betonte die Umwelthilfe. Im Landtag gab es heftigen Streit über das Verhalten von Minister Sander. Der Verkehrsexperte der Grünen, Enno Hagenah, forderte Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) auf, er solle dem FDP-Politiker anweisen, „den Unsinn“ wieder zurückzunehmen. In der SPD-Fraktion wurde das Vorgehen des Ministers als „politischer Amoklauf“ bezeichnet. Der CDU-Landtagsabgeordnete Dirk Toepffer, der wie Hagenah in Hannover lebt, verteidigte dagegen Sanders Erlass. (dpa)
Hannover: Umweltzonen-Entschärfung ab Dienstag in Kraft
Niedersächsischer Umweltminister Hans-Heinrich Sander drückt Lockerung des Fahrverbots durch / Entscheidung über Eilanträge noch offen