Hamburg. Auch der Schiffsklassifizierer Germanischer Lloyd (GL) bekommt die raue See auf den Weltschifffahrtsmärkten zu spüren. Das räumte GL-Vorstandsmitglied Hermann J. Klein jetzt in der Hansestadt gegenüber Journalisten ein. 2008 glänzt der über 140 Jahre alte Schifffahrtskonzern aber mit sehr guten Zahlen, und auch 2009 werde es noch ein Wachstum geben, selbst wenn dieses schwächer ausfallen werde, so Klein. Er gab sich überzeugt, dass das Unternehmen mit seinen beiden starken Säulen, den „Maritime Diensten“ und den „Industriediensten“, den langsam aufziehenden Sturm auf den Finanz- und Schifffahrtsmärkten erfolgreich abwettern werde. „Die Bereiche Transport und Energie sind zukunftsweisende Felder“, sagte Klein. Hinter dem GL liegt ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr. Für 2008 weist der Konzern einen Gruppen-Umsatz von rund 544 Millionen Euro aus, ein Zuwachs von gut 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vorstandsmitglied Joachim Segatz: „Die Geschäftsentwicklung 2008 entsprach damit unseren Erwartungen.“ Für 2009 gehe man nach derzeitiger Einschätzung von einem geringeren Umsatzplus aus, das allerdings noch „im leichten zweistelligen Plusbereich liegen wird“. In der fahrenden Flotte schloss der GL 2008 mit exakt 6784 Schiffen ab, die es zusammen auf eine Bruttoraumzahl (BRZ) von 78 Millionen bringen. Der Auftragszugang bei den Schiffsneubauten betrug im Berichtsjahr rund 20,5 Millionen BRZ, die sich auf 857 Schiffe aller Art verteilten. Klein sprach von einer Zweiteilung bei der Geschäftsentwicklung für 2008. „Im ersten Halbjahr lief es noch ganz gut, aber ab Ende September/Anfang Oktober kippte die Stimmung. Seitdem gibt es in der Schifffahrt praktische keine Neubauorder mehr.“ Der Mitarbeiterstamm wuchs im Berichtsjahr noch einmal kräftig. Mehr als 900 neue Beschäftigte kamen hinzu, so dass zum Jahresende 2009 rund 5300 Mitarbeiter weltweit tätig waren. Für 2009 wird ein sehr restriktiver Personalkurs gesteuert. Zuwächse seien nur möglich, wenn sie an entsprechende Aufträge gekoppelt sind. Kurzarbeit oder gar ein Stellenabbau seien für den GL-Vorstand jedenfalls kein Thema. Als Ergebnis der aktuellen Schifffahrtskrise wird die Expertise des GL für eine Aufgabenstellung gefordert, die für viele Reedereien und Schiffseigner eine völlig neue Erfahrung darstellt: Was muss getan werden, wenn ein oder mehrere Frachter für längere Zeit beschäftigungslos sind. Für die „Kurzarbeit“ auf See hat der Fachmann das Wort „Auflieger“ geschaffen. Der GL hat inzwischen einen „Leitfaden für aufgelegte Schiffe“ herausgebracht. Je nach Länge der Zwangspause spricht man von einer „heißen“ oder von einer „kalten“ Stilllegung eines Schiffes. GL-Vorstand Klein zufolge ist das Außerfahrtsetzen eines Schiffes „ein komplexer technischer Vorgang“. Neben den rein „technischen Herausforderungen“ spiele die „Koordination mit örtlichen und nationalen Behörden eine wichtige Rolle“. „Als GL bieten wir hier unseren Kunden eine intensive Zuarbeit an.“ Während bei der „heißen Stilllegung“ ein Schiff nur für „eine begrenzte Anzahl von Wochen“ aus der Fahrt genommen werden soll, geht mit der „kalten Stilllegung“ ein mehrmonatiger Prozess einher. Doch auch wenn dieser Zeitraum enden soll, vergehen in der Regel noch einmal bis zu drei Monaten, bis der Frachter tatsächlich wieder in See stechen kann. (eha)
Germanischer Lloyd: Klassifikationsgesellschaft stellt sich auf Sturmfahrt ein

Unternehmen schließt Geschäftsjahr 2008 erfolgreich ab