Berlin. Lastenräder haben das Zeug, den Wirtschaftsverkehr in den Städten künftig zu verändern. Das Bundesverkehrsministerium bescheinigt ihnen ein erhebliches Potenzial, das von manchen Unternehmen noch unterschätzt werde. Die KEP-Branche sieht in Lastenrädern und Pedelecs eine „Alternative für die Feindistribution in geeigneten Innenstadtlagen“.
Pakete und Güter transportieren
Verkehrs-Staatssekretärin Dorothee Bär zeigte sich voller Optimismus bei der Entgegennahme der von ihr beauftragten Studie des Instituts für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Mit den heutigen Lastenrädern können nicht nur Lieferverkehre ausgeführt, sondern auch Pakete und andere Güter transportiert werden“, betonte die CSU-Politikerin.
Die DLR-Wissenschaftler haben 3,9 Milliarden und damit rund neun Prozent der Fahrten im deutschen Wirtschaftsverkehr untersucht. „Bereits unter konservativen Annahmen können etwa acht Prozent der betrachteten Fahrten im Wirtschaftsverkehr von Lastenrädern übernommen werden“, ist sich Projektleiter Johannes Gruber sicher. Langfristig könnten es sogar bis zu 23 Prozent dieser Fahrten und damit insgesamt vier Prozent der untersuchten Fahrleistung sein.
Der Expertise zufolge werden Lastenräder in großen Städten bisher insbesondere von Internet-Start-ups eingesetzt, die in Zusammenarbeit mit Restaurants fertig zubereitete Speisen zu den Kunden nach Hause liefern. Neben diesen Lieferservices haben die Verkehrswissenschaftler Post- und Paketlieferungen sowie Kurierfahrten für den Fahrrad-Wirtschaftsverkehr ermittelt. Dies sei umso erstaunlicher, da die Automobilisierung in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts Lastenräder als Transportmittel fast vollständig verdrängt habe. Nur bei der Postzustellung, im Kurierwesen oder als Diensträder auf großen Industriearealen sei das Lastenfahrrad noch eingesetzt worden. Dementsprechend gelte heute: „Flächendeckend ist der Fahrrad-Wirtschaftsverkehr in Deutschland derzeit kaum messbar“. Die Forscher empfehlen staatliche Zuschüsse für elektrische Lastenräder und verweisen dabei auf eine entsprechende Förderung in Österreich.
Die Forscher weisen Bund und Ländern, insbesondere aber den Kommunen eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Lastenräder zu. „Mit der Unterstützung innovativer Distributionskonzepte, von Lastenrad-Verleihprogrammen, der Nutzung von Lastenrädern im kommunalen Betrieb oder mittels zeitlicher Zufahrtsberechtigungen in Innenstädten stehen den Kommunen vielfältige Mittel zur Verfügung, den Fahrrad-Wirtschaftsverkehr zu fördern“, heißt es in der 124-seitigen Studie.
BIEK: Lösung für die letzte Meile
Diese Notwendigkeit sieht auch der Bundesverband Paket & Expresslogistik (BIEK). Lastenräder könnten eine nachhaltige Ergänzung eigener Fahrzeuge auf der letzten Meile darstellen, sagte der Verbandsvorsitzende Florian Gerster gegenüber der VerkehrsRundschau. Gerade in den eng bebauten Innenstadtvierteln mit wenigen Parkmöglichkeiten sei dies „ein guter Ansatz, der von unseren Mitgliedsunternehmen erprobt und genutzt wird“. Bereits 2014 wurden erste Gespräche mit dem BIEK aufgenommen, um Kooperationen zwischen Städten und Unternehmen der KEP-Branche zu initialisieren. Für den Verkehrsclub Deutschland (VCD) hängt das Lastenfahrrad untrennbar mit der Veränderung urbaner Mobilität zusammen. (jök)