Rostock. Der deutschen Schifffahrt geht es schlecht, die weltweite Wirtschaftskrise hat sie voll erwischt. In den Häfen liegen Schiffe mangels Ladung fest. Angesichts des rückläufigen Güterumschlags geht in den Häfen die Beschäftigung für hunderte Mitarbeiter aus, viele Zeitarbeiter haben bereits ihren Job verloren. In Bremen und Bremerhaven droht eine Entlassungswelle, in Häfen wie Hamburg und Rostock wird versucht, die Krise mit Kurzarbeit abzufangen. Obwohl derzeit wenig Aussicht auf Besserung besteht, wollen führende Vertreter der Branche nicht von einer dauerhaften Krise sprechen. Die Wirtschaftskrise wird voraussichtlich die zweitägige Nationale Maritime Konferenz, die an diesem Sonntag in Rostock beginnt, wie ein roter Faden durchziehen. Der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Michael Behrendt, sieht auch in der gegenwärtigen Situation mittel- bis langfristig eine positive Entwicklung für die Branche. Denn es handele sich nicht um eine grundlegende Strukturkrise, sondern um eine konjunkturelle Krise. Und es gebe keine ernsthaften Zweifel daran, dass sich Globalisierung und weltweiter Warenaustausch fortsetzen werden. Gleicher Meinung ist Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), der mit einem „nationalen Hafenkonzept“ die Strategie für die deutschen Häfen festlegen und die Voraussetzungen für positivere Zeiten in der Schifffahrt schaffen will. „Rund ein Drittel des gesamten deutschen Außenhandels wird über die deutschen Seehäfen abgewickelt“, sagt er. Ziel des Konzepts, das noch mit Ländern und Verbänden abgestimmt wird, sei die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Häfen. Insgesamt stehen für 2009 und 2010 rund 24 Milliarden Euro aus den Konjunkturpaketen I und II zum Ausbau von Schiene, Straße und Wasserstraße zur Verfügung, 210 Millionen Euro seien allein für die seewärtigen Hafenzufahrten und Hinterlandanbindungen vorgesehen. Die derzeitige Krise in der Schifffahrt ist für den Chef der Deutschen Seereederei (DSR) in Rostock, Horst Rahe, eine der üblichen Wellenbewegungen. Sind die Zeiten gut, wird viel transportiert und in der Folge werden viele Schiffe bestellt. So wie in der jetzigen Krise komme es dann zu teils gigantischen Überkapazitäten mit der Gefahr, dass so manchem Reeder die Luft ausgehen könnte. Deshalb appellierte Rahe an alle Beteiligten, insbesondere an die Banken: „Ruhe bewahren, kein Vermögen vernichten“. Deutschland habe sich auf dem Weltmarkt hervorragend positioniert und sei zu einer der stärksten Schifffahrtsnationen geworden. Schiffe seien teure Investitionsgüter mit einer langfristigen Finanzierung. Wenn es aber nichts zu transportieren gibt, ist kein Geld in der Kasse, die Reeder kommen mit der Tilgung in Verzug. Viel hängt nun laut Rahe davon ab, ob die Banken die Krise mit den Reedern gemeinsam durchstehen wollen – so wie sie das in den früheren Schifffahrtskrisen stets gemeinsam hätten regeln können. „Die Reeder haben gezeigt, dass sie Krisen bewältigen können“, betont er. Dass der Staat nun der Schifffahrt mit einem Rettungsschirm zur Seite springt, halte er aber nicht für zwingend erforderlich. Denn die Krise werde in der Schifffahrt recht schnell vorbeigehen, von 2010 an gehe es wieder aufwärts, hofft er. Rahe warnt vor den Folgen möglicher Zwangsvollstreckungen. Die Schiffe gingen zu einem extrem niedrigen Preis ins Ausland. Nutznießer wären beispielsweise griechische Reeder, die sich schon immer durch ein gutes Gefühl für Märkte ausgezeichnet hätten und nur auf solche Schnäppchen warteten. Die Griechen hätten die Bestellwellen in der Containerschifffahrt nicht mitgemacht und verfügten nun über genügend flüssige Mittel. Mit den billig erworbenen Schiffen könnten sie dann den deutschen Reedern wieder Konkurrenz machen, wenn die Weltkonjunktur wieder angesprungen ist. (dpa)
Deutsche Schifffahrt in der Wirtschaftskrise

Chef der Deutschen Seereederei rät: Ruhe bewahren