Teil 3: Schulungsnotstand

Teil 3: SchulungsnotstandAm Ende wird’s engAllein im Güterkraftverkehrsgewerbe arbeiten 800.000 Berufskraftfahrer, die der Weiterbildungspflicht unterliegen. Den regelmäßigen Fünfjahres-Turnus vorausgesetzt, hätten bereits deutlich mehr Lkw- und Omnibusfahrer ihre Module absolvieren müssen. Tatsächlich aber warten viele so lange wie möglich – viele sogar so lange, dass sie am Ende ohne gültige Fahrerlaubnis dastehen!Die Mahner werden lauter! „Wir steuern auf einen riesigen Flaschenhals zu! Ab 2014 werden reihenweise Transporter über 3,5 Tonnen und LKW stehen bleiben, weil nicht ausreichend qualifizierte Fahrer vorhanden sind!“ Davon ist zumindest Johannes Reichel, Chefredakteur des Fachmagazins TRUCKER, überzeugt.Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) geht von rund 800.000 Berufskraftfahrern aus, die geschult werden müssen. Bei dieser Größenordnung ist eine erhebliche Zahl von Fahrern abseits des Transportgewerbes – Handwerksbetriebe, Baubranche sowie kommunale Betriebe – noch gar nicht berücksichtigt. Gemessen daran ist die Zahl der Fahrer, die bereits eine oder mehrere Weiterbildungen im Rahmen des BKrFQG gemacht haben, sehr gering. Vielleicht auch, weil einige Fahrer oft noch gar nicht realisiert haben, dass auch sie der Weiterbildungspflicht unterliegen …Stichproben zeigen: Bisher wenig Einträge der 95 Eine Studie des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) kam schon im letzten Jahr zum Schluss, dass sich ein Großteil der deutschen Transportunternehmen nur wenig oder noch gar nicht mit dem Thema Berufskraftfahrer-Qualifizierung beschäftigt hat. Daran hat sich seit Veröffentlichung der Studie nichts geändert!Stichprobenartige Rückfragen bei den Führerscheinstellen in Montabaur (Rheinland-Pfalz) und Siegburg (NRW) zeichnen ein fast schon erschreckend zu nennendes Bild: Gemessen an der Zahl der ausgegebenen Führerscheine und Fahrerkarten hat sich nach Schätzungen bislang nur ein einstelliger Prozentsatz der Fahrer die Kennziffer „95“ eintragen lassen. Eine kurze Detailanalyse zeigt, dass es sich dabei wohl hauptsächlich um Fahrer handelt, die im angrenzenden Ausland unterwegs sind und die trotz geltender Ausnahmeregelungen Probleme in Kontrollen bekommen, wenn die „95“ nicht eingetragen ist.Zieht man besagte BAG-Studien heran, sind es vor allem die kleineren Unternehmen, die sich bislang wenig oder gar nicht um die Umsetzung des BKrFQG sorgen. Eine Einschätzung, die TRUCKER-Chefredakteur Johannes Reichel teilt: „Große Speditionen haben die Themen Fahrermangel und Schulungsengpass längst realisiert und investieren entsprechend. Als Ausbildungsbetriebe haben sie die Möglichkeit, mit eigenem, qualifiziertem Personal zu schulen – und nutzen diese auch. Die mittelständisch geprägten Speditionen, bei denen es meist noch recht familiär zugeht, verstehen die Qualifikation als Motivationsinstrument. Sie organisieren die Weiterbildung und übernehmen oft auch die Kosten.“Kleine Unternehmen sowie Selbstfahrer lassen das Thema nach Ansicht des BAG meist jedoch schleifen. Vielen Fahrern aus dieser Gruppe ist noch nicht einmal klar, dass sie sich schulen lassen müssen und dass die Zeit bis zu den Stichtagen – beginnend mit dem 10. September 2014 – langsam knapp wird! Ein riesiger Bereich, in dem es noch große Sorglosigkeit gibt: Fahrer und Unternehmen mit Fahrzeugen von 3,5 bis 12 Tonnen. Die BAG-Studie hat ausgemacht, dass sich diese Zielgruppe unter anderem wegen fehlender Fördermöglichkeiten (nur Fuhrparks mit mautpflichtigen Fahrzeugen können Fördergelder aus dem Aus- und Weiterbildungstopf beantragen) dem Thema kaum oder noch gar nicht angenommen hat.Förderung sorgt für geringe Kosten bei den Fahrern Ungeachtet der Förderung durch die Unternehmen sind letztlich die Fahrer selbst für ihre Weiterbildung verantwortlich. Förderwürdig sind natürlich nur Maßnahmen, bei denen das Unternehmen die Kosten für die Weiterbildung übernimmt. Bei vielen, meist größeren Speditionen wird die Kostenübernahme dann als Bindungsinstrument verstanden. Da die Fördermittel im Rahmen des vom BAG betreuten Förderprogramms „Aus- und Weiterbildung“ aber nicht für die Deckung der kompletten Kosten ausreichen, müssen die Fahrer fallweise auch noch einen Teil zuzahlen. Nach Aussagen der BAG-Studie ist es aber die Ausnahme, dass der komplette Preis für die Weiterbildung alleine vom Fahrer finanziert werden muss.Leere Schulungsräume, zu wenige Fahrer, die sich qualifizieren. Die Branche steuert auf einen Engpass zu, …Alles aus einer Hand!Am Ende reichen die Schulungskapazitäten nicht mehr aus. Bei intensiven Recherchen im Netz kommt man zu teils sehr konkreten Berechnungen – die einen weiteren Aspekt aufwerfen: Ein Engpass bei den Schulungsanbietern und damit zusammenhängend eine Raumknappheit.Beispiel Südwesten: Da macht sich Ausbilder Michael Jung (www.fahrermangel.com) Gedanken über Nachfrage, Notwendigkeit und Kapazitäten. Jung kommt bei seinen Überlegungen zum Schluss, dass in „seiner“ Region (südlicher Oberrhein, Freiburg, Breisgau, Lahr, Offenburg, Schwarzwald) rund 81.000 Fahrer der Weiterbildungspflicht unterliegen. Jung, der selbst bei großen Schulungsanbietern gearbeitet hat, schätzt die Kapazität der Schulungsplätze bei voller Auslastung auf maximal 10.000 pro Jahr. Volle Auslastung definiert er folgendermaßen: große Anbieter schulen sechs Tage die Woche, Fahrschulen, für die das BKrFQG meist nur Nebengeschäft ist, schulen in Jungs Berechnungen nur samstags. Jung kommt schließlich zum Ergebnis, dass bis zum Stichtag eine erhebliche Zahl von Fahrern nicht über die nötige Schulung verfügt! Falls Fahrschulen die Kapazitäten nicht aufstocken oder andere Potenziale gehoben werden, werden es bis zum Stichtag ca. 60.000 Fahrer sein!Beispiel Hamburg: Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Kim Fischer (www.berufskraftfahrer-hamburg.de), der die Metropolregion der Hansestadt analysiert hat. Nach seinen Analysen ist rund um die Elbmetropole von rund 60.000 Fahrern auszugehen, die der Schulungspflicht unterliegen. Ausgehend von Kursen mit 20 Teilnehmern, wären das jährlich 3000 samstägliche Schulungstage oder 60 Kurse pro Woche. Nach seinen Recherchen werden aber aktuell in Hamburg und Umgebung nur 25 Kurse pro Woche abgehalten. Das führt letztlich zu einer Unterdeckung von etwa 700 Fahrern pro Woche, die jetzt schon regelmäßig weitergebildet werden müssten!schulungsstau und raumknappheit... der schon bald zu Knappheit führen könnte

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