Renault Kangoo Z.E.

Renault Kangoo Z.E.Auf Zitterpartie im Z.E.Im Gegensatz zu einer sommerlichen Testfahrt sinkt die Reichweite des Renault Kangoo Z.E. im Winter-Test rapide. Auch die Infrastruktur hat Tücken. Ansonsten ist der Z.E. für die Stadt eine tolle Alternative. Wie viel Kraft doch in einem Liter Diesel steckt! Nicht zuletzt das erwies sich beim ersten VR-Profi-Test eines Elektrotransporters. Die 260 Kilo schweren und raumgreifenden Akkupacks mit ihren 48 Lithium-Ionen-Modulen und insgesamt 192 Zellen, die den Boden bedecken, reichen im Winterbetrieb nicht einmal so weit wie ein kleiner Reservekanister mit fossilem Brennstoff. Im Gegensatz zum ersten Einsatz im spätsommerlichen warmen Lissabon, wo der Kangoo Z.E. bei 20 Grad die versprochenen 100 Kilometer Reichweite (und mehr) mühelos realisierte, sieht das im Wintereinsatz ganz anders aus. Zugegeben, der Testwagen hatte die kälteste Phase des Winters erwischt, teilweise fiel das Thermometer in München nachts auf minus 20 Grad. Aber grade recht, um das Einsatzspektrum des ersten Serien-Elektro-Vans auf dem deutschen Markt – den Vito E-Cell gibt es ja allenfalls als Pilot-Serie – auszutesten. Im doppelten Sinne des Wortes zur Zitterpartie geriet mancher Einsatz mit dem Z.E. Eine Fahrt aus der Stadt zum Flughafen bei Erding sparten wir uns lieber, aus Furcht, nicht mehr zurückzukommen. Ganz zu schweigen von der „normalen“ Testrunde der VR, die auf 113 Kilometern allerdings auch mit Autobahn, Landstraße und Stadt ein gemischtes Profil aufweist. Autobahnpartien lassen selbst bei moderatem Tempo die Reichweite rasant schrumpfen. Insofern schien eine reine City-Runde angemessen. Die fand dann knapp unter 73 Kilometer und fünf Kilometer Restreichweite als Puffer ihr Ende. Auf die Dienste des 24-Stunden-Abschleppservices wollten wir nicht zurückgreifen ... Das entspricht ungefähr einem (Winter-)Verbrauch von 28,2 kW/h/100 km. Mehr war in den 22 kW/h fassenden Akkus nicht drin. Heizung sollte man sparsam einsetzenZumindest nicht, und damit zum zweiten Sinn des Wortes Zitterpartie, wenn man nicht erfrieren und die Scheiben halbwegs eisfrei halten will. Auf moderater Lüfterstufe zwei und mittlerer Einstellung des Wärme-Rändels sitzt man zwar immer noch mit Jacke im Fahrzeug. Aber man kommt halbwegs frostbeulenfrei ans nicht allzu ferne Ziel. Wer die Heizung auf volle Leistung stellt, sieht die Reichweite im Digitaldisplay schmelzen wie Schnee in der Frühlingssonne: 4 kW/h meldet der informative Bordcomputer. Warm oder weit, so bringt man das Dilemma auf den Punkt. „Licht an“ frisst noch mal 1 kW/h weg, also rollt man bis tief in die Dämmerung duster dahin. Aber auch ohne Zutun ist die Power in den Akkupacks flüchtig: Ein Wochenende im Freien bei minus 18 Grad quittierte die Anzeige mit einem Reichweitenrückgang von 75 auf 46 Kilometer – auch als Speichermedium ist ein Liter Sprit einfach ungeschlagen. Apropos: Für den Wintereinsatz wäre ein spritbetriebener Zusatzheizer, wie ihn etwa die Kollegen von Renault Trucks im Maxity Electric verbauen, hilfreich. Es sei denn, man plant eben im Sommer längere, im Winter kürzere Liefertouren …Genussvolle Fahrt in aller RuheDie paar wenigen Kilometer, die man so im „Tank“ hat, fallen dafür umso genussvoller aus. Man erfreut sich an vom Start weg verfügbaren 260 Nm des sogenannten „fremderregten“, hocheffizienten 44-kW-Synchronelektromotors (90 Prozent Wirkungsgrad), die den Kangoo wie am Gummiband gezogen losschnellen lassen. Man genießt die Stille an Bord und freut sich, wenn sich beim „Segeln“ in Teillast die Reichweite wundersam erholt und die „Econometer“-Uhr Rückspeisung der kostbaren Energie nach Dynamo-Manier vermeldet. Bestens gelingt die Anpassung des Tempos ausschließlich mit dem Gaspedal, bei Lupfen verzögert der Kangoo stramm wie eine Tram-Bahn. Nebenbei schont man so die Bremsen und weiß, dass die unempfindliche Technik ohnehin keiner aufwendigen und teuren Wartung bedarf. Auch die bis zu sechs Jahre Garantie auf die elektrische Antriebseinheit inklusive Batterie und bis zu 100.000 Kilometer Laufleistung beruhigen. Erfreulich ist auch die selbst ohne das noch nicht integrierte ESP satte Straßenlage, zu der sicher der tiefere Schwerpunkt der Z.E.-Version beiträgt. Wie aus einem Guss wirken auch die Bedienung mit Automatikwählhebel sowie im Renault-Stil integrierte, spezielle Z.E.-Displays. Nichts von der Bastel- und Baumarktaura früher Elektro-Fahrzeuge, hier fährt ein Serienfahrzeug. Das Renault zudem zu einem nicht allzu utopischen Preis von 20.000 Euro etwa auch im Verkaufsraum der Münchner Niederlassung stehen hat. Dass dazu noch die Leasinggebühren von etwa 75 Euro für die unverkäuflichen Akkus dazukommen, liest man aber erst im Kleingedruckten. Summa summarum fallen im Leasing beispielsweise für den 5-Sitzer-Maxi satte 589 Euro monatliche Leasingrate an (24 Monate Laufzeit, 20.000 Kilometer, 7995 Euro Sonderzahlung). Trotzdem: Für den Stadtliefereinsatz mit festen Strecken und mit eigener Ladestation ist der Kangoo Z.E. durchaus schon jetzt eine plausible Alternative. Für alle anderen Fälle wird die Kraft aus einem Liter Diesel noch lange gebraucht werden. Was man im Übrigen auch bei Renault weiß und Z.E.-Kunden im Falle eines Falles einen dieselbetriebenen Kangoo DCI zu günstigen Miet-Konditionen anbietet. ❙❚■ Johannes ReichelZero Energy: Ein Software-Problem verhinderte bei den Stadtwerken München den Stromfluss zum Kangoo Z.E.Handschuhe an Bord: Fürs Fahren im Z.E. sollte man kälteresistent sein, zumindest wenn man die Reichweite schaffen will. Tankklappe in der Front Renault Kangoo Z.E.Infrastruktur mit Tücken In der Werbung sieht das alles so einfach aus: Hinfahren an die Stromzapfsäule, einstecken, aufladen, wieder wegfahren. Aber dass dazwischen im Falle des Renault Kangoo Z.E. und aller anderen E-Fahrzeuge mit Schneider-Stecker locker sechs bis acht Stunden, mit Schuko-Stecker an der normalen (weniger sicheren) Steckdose zehn bis zwölf Stunden Zeit liegen, verraten die Werber natürlich allenfalls unter „ferner liefen“. Sie erwähnen auch nicht, dass man, anders als an einer normalen Tankstelle, nicht einfach warten kann, falls die Zapfsäule schon besetzt ist. Verschwiegen wird außerdem, dass es im Falle öffentlicher Zapfpunkte Kompatibilitätsprobleme geben kann: Bei den Stadtwerken München (SWM) etwa stießen wir auf den normalen Schuko-Stecker ebenso wie auf einen dicken Starkstromstecker, nur „unseren“ ovalen „Schneider-Stecker“ hatte die Station Blumenstraße nicht. Hätte ohnehin nichts geholfen, denn es gab an den eigentlich ausreichend vorhandenen weiteren SWM-Stationen (insgesamt 23) ein weiteres Problem: Die Software der SWM-Ladesäulen erkannte offenbar den Renault Kangoo Z.E. nicht – und so brach nach kurzem Zucken die Stromübertragung wieder ab. Damit blieb zum Aufladen des Fahrzeugs genau eine Station in München, die in der Renault-Niederlassung am Frankfurter Ring – zum Testzeitpunkt leider nur zu den Geschäftszeiten in Betrieb. Oder man schließt einen Stromvertrag ab mit Renaults Z.E.-Strompartner RWE – und kann dann auf deren gar nicht mal so geringe Zahl an Säulen zugreifen. Noch besser aber, man ist gleich so konsequent und lässt sich die sogenannte Wall-Box installieren (bei RWE 859 Euro inkl. Montage). Wobei sich dann noch die generelle Sinnfrage stellt, wo der Strom denn außer aus der Steckdose herkommt: Denn mit herkömmlichem deutschem Strommix (590 g/CO2 pro kW/h; Quelle UBA), ganz zu schweigen vom RWE-Strom, der noch immer überwiegend aus Kohle gewonnen wird, liegt der Kangoo Z.E. zwar dank hoher Energieeffizienz schon deutlich besser im CO2-Ausstoß pro Kilometer wie sein diesel-betriebenes Pendant (262 g/CO2 pro kW/h; 1 l Diesel entspricht circa 10 kW/h, Verbrauch Kangoo DCI circa 6,5 l/100 km). Aber erst mit Ökostrom, wie ihn auch die SWM und viele lokale Stadtwerke anbieten (40 g/CO2 pro kW/h), wird ein „Schuh“ draus – und das Werbeversprechen von Z.E., „Zero Emission“, wird annähernd wahr. jrIm Abseits: Stromtankplatz bei RenaultHintergrund: Elektro-Praxis

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