Quorum unter Beschuss

Quorum unter BeschussDas Factoring-Unternehmen Quorum in Düsseldorf steht unter Beschuss: Angeblich soll der Dienstleister mit fragwürdigen Methoden arbeiten. Die VR hat nachrecherchiert. Klaus Hofmann, Transportunternehmer mit drei Fahrzeugen, befürchtet in Kürze Insolvenz anmelden zu müssen. Die Schuld daran gibt er dem Factoringunternehmen Quorum in Düsseldorf, mit dem er seit 2007 zusammengearbeitet hat.Hofmanns hohe AußenständeHofmann hatte sich 2004 selbstständig gemacht und wickelte zunächst als Subunternehmer für diverse Unternehmen Transporte ab, bevor er es seit April 2007 in Eigenregie versuchte. Bald kämpfte er mit hohen Außenständen, weil seine Kunden nicht pünktlich zahlten. Da sein Kontokorrentkredit nicht ausreichte, wandte er sich an das Unternehmen Quorum, mit dem er ab August 2007 zusammenarbeitete, bevor ihm die Firma außerordentlich kündigte. Gelockt hatte Hofmann das Angebot, "binnen 48 Stunden" seine Forderungen zu Geld zu machen. 80 Prozent der Forderungen sollte er laut Vertrag sofort nach Abschluss in bar erhalten. Damit hoffte Hofmann seine Liquiditätsprobleme in den Griff zu bekommen, um seine laufenden Kosten zu decken. Doch die Realität sah anders aus: Hofmann hatte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Außenstände von 14.000 Euro, Quorum richtete ihm dafür ein Finanzierungslimit von 20.230 Euro ein. 80 Prozent dieser Summe, also 16.184 Euro, zahlte ihm das Institut binnen 48 Stunden aus. Hofmann überwies dafür Quorum eine Startgebühr von 1450 Euro bei Vertragsabschluss plus zusätzlich eine Gebühr in Höhe von 2,71 Prozent seines gesamten Forderungsumsatzes. So weit lief für Hofmann alles richtig. Allerdings erhielt er die AGB nach eigenen Angaben erst nach Vertragsabschluss. Zunächst hatte ihn das nicht gestört. Doch schon nach drei Wochen hatte der Unternehmer sein Finanzierungslimit bei Quorum ausgeschöpft, nach seinen Worten, "sogar weit ausgeschöpft". Und damit begannen für Hofmann die Probleme: Das Factoringinstitut weigerte sich, ihm weiter Geld auszuzahlen, damit fehlte Hofmann das notwendige Geld, um bei seinem Finanzamt die monatlichen Vorsteuer-Nachzahlungen regelmäßig leisten zu können. Mit der Folge, dass ihm schließlich das Finanzamt das Konto pfändete. Als Klaus Hofmann bei Quorum forderte, ihm noch ausstehende Rechnungsgutschriften diverser Kunden zu bezahlen, kündigte ihm das Factoringinstitut den Vertrag außerordentlich zum 19. Dezember 2007 und verlangte von Hofmann einen Schadensersatz von 28.057,90 Euro, weil man ihm Betrug vorwarf. Er habe sie über die Verschlechterung seiner finanziellen Situation nicht ordnungsgemäß informiert, lautete die Begründung. "Das Verhalten von Quorum hat System", glaubt dagegen Transportunternehmer Hofmann. "Die suchen sich schlecht stehende Unternehmen aus, schließen mit denen einen Vertrag ab, um diese dann außerordentlich kündigen zu können, um dann Geld zu kassieren".Hofmann ist kein Einzelfall. Das bestätigt Wirtschaftsanwalt Tim Ohnemüller, Partner der Kanzlei Rechtsanwälte Stümper und Ohnemüller in Neuwied. Ohnemüller vertritt ein Unternehmen, das ebenfalls behauptet, von Quorum geschädigt worden zu sein. Zwischenzeitlich habe der Geschäftsführer dieses Unternehmens sogar Klage gegen das Factoringunternehmen eingereicht, berichtet er, und über eine Anzeige im Handelsblatt andere Geschädigte gesucht. 10 bis 15 Unternehmen hätten sich laut dem Anwalt daraufhin gemeldet, darunter auch einige Speditionen. So viele Beschwerden seien im Factoring "eher unüblich", meint Ohnemüller. Außerdem sei in den bekannt gewordenen Beschwerdegründen der Kunden von Quorum eine Art roter Faden zu erkennen. Von einem "System Quorum", will der Jurist allerdings mangels Detailkenntnis der Einzelfälle derzeit nicht sprechen. In den ihm vorliegenden Fällen sei man zumindest bei der Kundenakquise "mit viel Druck" vorgegangen, sagt er. In der Regel seien dies Außendienstmitarbeiter, die im Stil einer "Drückerkolonne" bei den Unternehmen erscheinen. Teil der StrategieEs sei Teil der Strategie, so der Jurist, den Unternehmen die Zusammenarbeit mit der Aussicht auf lukrative Finanzierungslimits und damit erhöhter Liquidität schmackhaft zu machen. Bei Vertragsabschluss würden die Unternehmer aber nicht ausreichend beraten, da oft erhebliche Einschränkungen oder Bedingungen vertraglich unbemerkt vereinbart würden, was laut Ohnemüller dazu führt, dass in vielen Fällen die erhoffte Liquidität nach Abtretung sämtlicher Forderungen nicht oder eben nur bedingt eintrete. ➞Schlimmstenfalls könne dies zur Insolvenz eines Unternehmens führen. Denn vertraglich seien die Unternehmen verpflichtet, sämtliche ihrer Forderungen an Quorum abzutreten. Ohnemüller: "Teil der Strategie von Quorum ist es offenbar, die AGB möglichst erst nach Vertragsabschluss den Unternehmern auszuhändigen, um dem Unternehmer eine Prüfung des "Kleingedruckten" zu verwehren. Dies bestreitet allerdings Frédéric Lodewyk, Vorstand der Quorum AG in Düsseldorf , vehement (s. Interview auf Seite 43).Nicht unerhebliche "Strafgebühr""Untypisch" für die Factoringbranche ist laut dem Rechtsanwalt auch "die Vielzahl der anfallenden Gebühren" im Factoringvertrag. Für besonders problematisch hält Ohnemüller aber folgendes Vorgehen von Quorum, das er wiederholt festgestellt hat: Sobald ein Factoringnehmer Probleme bei der Auszahlung beziehungsweise Abwicklung seiner Forderungen durch Quorum feststelle und dies deutlich anspreche, flattere ihm sehr schnell eine außerordentliche Kündigung ins Haus. Dadurch werde wieder eine neue, nicht unerhebliche "Strafgebühr" fällig, die umgehend neben den sofort fällig gestellten Restlaufgebühren unter Anrechnung auf die abgetretenen Forderungen abgerechnet würde, so der Jurist. "Ob dies aber rechtlich in Ordnung ist", so der Anwalt, "müssten nun die Gerichte entscheiden." Außerordentliche KündigungTransportunternehmer Klaus Hofmann behauptet, dass hinter der Vorgehensweise von Quorum ein gezieltes System steckt, um schlecht stehende Unternehmen abzukassieren. Auch die Zeitschrift Finanzen erhob gegen Quorum Vorwürfe. Ganz anders sieht dies Frédéric Lodewyk, Vorstand der Quorum AG in Düsseldorf. Seines Erachtens beziehe sich die Zeitschrift auf einen ganz bestimmten ehemaligen Kunden. Dieses Unternehmen, betont Lodewyk, sei bislang das einzige Unternehmen, das gegen Quroum Klage eingereicht habe. Und hier habe der Geschäftsführer nach Ansicht von Quorum diverse Fehler gemacht. Unter anderem habe er an das Factoringunternehmen Rechnungen überlassen, obwohl diese von den Kunden schon bezahlt waren. "Das ist Betrug", schimpft Frédéric Lodewyk. Erschwerend sei hinzugekommen, dass sich der betreffende Geschäftsführer direkt mit Kunden in Verbindung gesetzt und sie aufgefordert habe, ihm die Rechnungen direkt zu überweisen – unter Umgehung von Quorum. Für den Vorstand des Factoringunternehmens sei auch dies "bewusster Betrug" gewesen. Aus diesen Gründen habe man dem Unternehmen außerordentlich gekündigt.Die Beschuldigung, dass seine Außendienstmitarbeiter angewiesen seien, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) erst nach Vertragsabschluss den Kunden auszuhändigen, weist der geborene Belgier weit von sich: "Nein, natürlich nicht." Abgesehen davon ist Frédéric Lodewyk "überrascht", dass nun zum jetzigen Zeitpunkt über bestimmte Fälle diskutiert werde. Es könne durchaus sein, vermutet er, dass manche Factoringunternehmen das schnelle Wachstum von Quorum mit Neid beobachten und nun eine Kampagne losträten. Ein endgültiges Urteil zu Quorum ist von den Gerichten noch nicht gefällt worden. Die VerkehrsRundschau wird darüber berichten.❚■ Eva HassaWorauf Unternehmer beim Factoring achten sollten, sagt Simon P. Schach, Geschäftsführer des Bundesverbandes Factoring für den Mittelstand (BFM) in Hahnstätten: Vorabinformation: Vor Vertragsabschluss sollte sich ein Unternehmer bei einem der einschlägigen Branchenverbände, etwa beim BFM, darüber informieren, ob der betreffende Factorgeber Mitglied im Verband sei. Zusätzlich sollte man nie nach dem Erstgespräch den Vertrag unterschreiben und idealerweise nach konkreten Erfahrungen anderer Kunden zu fragen. Kosten: An Kosten kommen dabei auf einen Factoringnehmer folgende Größen zu, so Schach: Zum einen die Factoringgebühr, die der Factoringgeber für die Übernahme des Ausfallschutzes, die Factoringdienstleistung, die Debitorenbuchhaltung und den Service berechnet. Sie bewegt sich in der Regel in einer Größenordung von 1,5 bis 3 Prozent des angekauften Forderungsumsatzes. Zum andern fallen Zinsen für den Zeitraum an, in dem der vorfinanzierte Forderungsumsatz des Speditionskunden noch nicht an das Factoringunternehmen überwiesen wurde. Diese Zinsen liegen aber laut Schach "deutlich unter der Zinshöhe für die Inanspruchnahe eines Kontokorrentkredits".Qualitätssiegel: Spätestens in 2009 möchte der BFM die Erarbeitung eines Qualitätssiegels für seine Mitglieder zur Zertifizierung abgeschlossen haben. Damit soll der Qualitätsstandard mittelständischer Factoringunternehmer weiterentwickelt werden.

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