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MoselEntrüstung bei den Moselanliegern Der Baustopp für neue Schleusenkammern an der Mosel hat zu einer Welle der Empörung geführt. Die Anrainer befürchten Wettbewerbsnachteile, die Binnenschiffer den Verlust von Sendungen.Auch an sehr abgelegenen Standorten produzieren deutsche Unternehmen für den Weltmarkt. 99 Prozent der Kondensmilchartikel, welche die Molkerei Hochwald im Hunsrück-Dorf Thalfang herstellt, werden nach Osteuropa, in den Nahen Osten und nach Afrika exportiert. Jede Woche verlädt der 50 Kilometer entfernte Trierer Hafen durchschnittlich 50 Container auf Binnenschiffe zu den ARA–Häfen (Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam). Das Geschäft floriert: Weil die Umsätze in den letzten Jahren um bis zu 20 Prozent gestiegen sind, will Hochwald die Produktion weiter erhöhen. Die Nachricht, dass der Bund den weiteren Ausbau der Mosel auf die lange Bank geschoben hat, passt der Molkerei überhaupt nicht ins Konzept. „Wir werden an der Binnenschifffahrt als besonders preiswerten und umweltfreundlichen Verkehrsträger festhalten“, sagt Karl-Heinz Engel, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hochwald. „Für uns ist eine gute Verkehrsinfrastruktur jedoch ein entscheidender Wettbewerbsfaktor“, mahnt er verklausuliert eine schnelle Modernisierung an.Andere Unternehmer und Politiker werden deutlicher, was nicht überrascht. Weil das westliche Rheinland-Pfalz und das angrenzende Saarland (wo knapp ein Drittel der Moselverkehre entstehen) weitab von großen Ballungszentren liegen, drängt hier die öffentliche Meinung lautstark auf gute Verkehrsanbindungen. Als das Bundesverkehrsministerium vor wenigen Wochen bekannt gab, dass der Bau der zweiten Schleusenkammern auf der Mosel zurückgestellt wird, löste dies eine „Welle der Empörung“ aus, wie eine Trierer Lokalzeitung schrieb. Stadt- und Kreisräte sowie Wirtschaftskammern forderten, dass der Ausbau durchgezogen werden soll. Die Verkehrsminister von Rheinland-Pfalz und Saarland, Roger Lewentz und Heiko Maas, nannten die Ankündigung des Bundesministeriums einen „Schlag ins Gesicht“. Einen „Stillstand beim Moselschleusenausbau“ wollen sie nicht akzeptieren. Aber auch außerhalb des deutschen Südwestens sorgt der Baustopp für Aufsehen. Vor wenigen Wochen erst hatte das Bundesverkehrsministerium die Mosel als Binnenschifffahrtsweg der Kategorie A eingestuft. Ausschließlich Flüsse und Kanäle, welche im Rahmen der Netzneustrukturierung diese Höchstnote erhalten haben, werden ausgebaut – so das Ministerium. Die Erweiterung der zehn Moselschleusen zwischen Koblenz und Trier um eine zweite Kammer ist seit Jahren beschlossene Sache. Jährlich werden auf diesem Abschnitt 14 bis 15 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen – beim Ausbau in den 60er-Jahren galt eine Höchstmenge von neun bis zehn Millionen Tonnen als realistisch. Schon jetzt gibt es lange WartezeitenAußerdem haben im Schleusenverkehr Personenschiffe grundsätzlich Vorfahrt. Vor allem im Sommer kommt es deshalb vor nahezu jeder Anlage zu Wartezeiten. Für einen Rundlauf auf dem deutschen Abschnitt müssen Binnenschiffer bis zu 16 Stunden zusätzlich kalkulieren. Vor allem bei den hart umkämpften Verkehren zu den ARA-Häfen ist dies ein schwerer Nachteil.„Wir müssen immer Verkehrsverlagerungen auf die Straße oder die Schiene fürchten“, sagt Volker Seefeld, Geschäftsführer der Hafen und Transport AG (HTAG). „Jede Stunde zählt“, betont auch Christian Ries vom Trierer Container Terminal (TCT). Gegenwärtig werden zwar nur 20 Prozent der Container-Verkehre im größten Moselhafen, der 1000 TEU (20-Fuß-Standardcontainer) aufnehmen kann, auf LKW verladen – das allerdings kann sich schnell ändern. „Wenn nur eine der knapp 50 Jahre alten Schleusen ausfällt, steht auf der Mosel alles still“, warnt Hans Egon Schwarz, Vorstand der Deutschen Transportgenossenschaft (DTG).Vom Baustopp selbst erfuhr die Öffentlichkeit eher zufällig. Auf die Anfrage eines Bundestagsabgeordneten aus der Region hin teilte Staatssekretär Enak Ferlemann mit, dass vor den nächsten Baumaßnahmen die Haushaltsmittel für die Binnenschifffahrt erhöht werden müssen. Gegenwärtig sind jährlich nur 1,5 Milliarden Euro für diesen Verkehrsträger vorgesehen. „Der Mosel wird weiterhin höchste Priorität eingeräumt“, teilte Ferlemann mit. Einen genauen Termin für den weiteren Ausbau nannte er allerdings nicht.Genau dies lässt Kritiker aufhorchen. Angesichts der Geldknappheit könnten auch andere Kategorie-A-Verkehrswege wie Rhein, Main oder Donau von weiteren Modernisierungsmaßnahmen ausgeschlossen werden, fürchten sie. Solchen Ängsten ist das Ministerium bislang nicht entgegengetreten, im Gegenteil. Augenblicklich will sich Berlin nicht einmal festlegen, welche Ausbaumaßnahmen in der Binnenschifffahrt während der nächsten 20 Jahre Priorität haben. Kritiker fürchten, dass die letzte Moselschleuse erst lange nach 2030 ausgebaut wird und erklären die Modernisierungskonzepte von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer für gescheitert. Im Osten wünscht die Bundesregierung keinen weiteren Ausbau wegen fehlender Gütervolumina, im Westen verzichtet sie hierauf wegen fehlender Finanzmittel, klagt Georg Hötte, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Binnenschiffahrt (BDB). „Das folgt dem Grundsatz: Das eine nicht tun, und das andere lassen“, kritisiert der Verbandschef. Auch Minister Lewentz legt den Finger in die offene Wunde: „Welchen Sinn macht eine Priorisierung von Wasserstraßen, wenn hinterher festgestellt wird, dass keine Gelder für den Ausbau da sind?“, fragt der Landespolitiker irritiert. Der Rückzieher des Ramsauer-Ministeriums ist auch deshalb bemerkenswert, weil der Ausbau der Moselschleusen längst begonnen hat. Zwei Anlagen sind um eine zweite Kammer erweitert worden, für eine dritte in Trier ist ein Planfeststellungsbeschluss erlassen worden. 350 bis 400 Millionen Euro kostet der Ausbau der übrigen Schleusen. Weil die Mosel als europäische Wasserstraße eingestuft worden ist, werden EU-Fördergelder als letzter Rettungsanker ins Spiel gebracht. Dem Ministerium zufolge dürfen aus den vorhandenen Töpfen maximal zehn Prozent der Investitionssumme übernommen werden – am Baustopp wird dies nichts ändern. Grundsätzlich halten nahezu alle Marktteilnehmer weitere Schiffsverkehre auf der Mosel für möglich. Der Hafen Trier hat gerade erst kürzlich seine Kaimauern verlängert und Umschlagflächen vergrößert. Über Massengutverkehre für Stahl- und Energiewirtschaft hinaus sollen vor allem Containerverkehre wachsen, welche bislang nur eine untergeordnete Rolle spielen. Wegen niedriger Brückenhöhen in Koblenz und Trier müssen viele Schiffe mit dreilagigen Transporten für einen entsprechenden Tiefgang sorgen. Für ein florierendes Aufkommen wollen auch die Hafenbetriebe Saarland GmbH sorgen. Ab 2013 sollen vom größten Hafen Saarlouis, der bislang vor allem Rohstoffe und Fertigprodukte für die Dillinger Hütte umschlägt (siehe Kasten oben), wöchentliche Container-Shuttle-Verkehre starten. „Auch die Massengutverkehre werden zunehmen“, prognostiziert Geschäftsführer Horst Hanke. Weil das Saarland den Kohlebergbau eingestellt hat, muss verstärkt Importkohle eingeführt werden. Hanke zufolge werden die Transportvolumina auf der Saar um wenigstens 20 Prozent auf sechs Millionen Tonnen jährlich steigen. Die Staugefahr vor den Moselschleusen wächst also allein durch die Saar-Verkehre weiter. ❙❚■ Stefan Bottler, freier JournalistSind Renovierungsarbeiten an den Moselschleusen wie hier in Trier angesichts des Baustopps überflüssig?baa_bildunterschriftMoselMoselBaustopp für die Schleusen ist „völlig inakzeptabel“Wohl kaum ein zweiter Binnenhafen lebt in einer derart engen Symbiose mit einem Industrieunternehmen wie der Hafen Saarlouis-Dillingen mit der Dillinger Hütte. Der Grobblechhersteller verfügt dort über eigene Schüttgutentlader, Portalkräne, Gleisanschlüsse und Straßenzufahrten. Von den rund vier Millionen Tonnen Gütern, die jährlich in Saarlouis-Dillingen umgeschlagen werden, entfallen knapp 2,5 Millionen auf die Dillinger Hütte. Über Mosel und Saar beschafft das Unternehmen 1,5 Millionen Tonnen Eisenerze und andere Rohstoffe und verschifft eine Million Tonnen Grobblechteile für Schiffs-, Windkraftanlagen- und andere Hersteller. Als größter deutscher Kunde der Mosel-Binnenschifffahrt hält die Hütte den Schleusen-Baustopp für „absolut inakzeptabel“. Für Logistikchef Hans-Joachim Welsch ist vor allem die erhöhte Reparaturanfälligkeit der Schleusen ein „erheblicher Risikofaktor“. Welsch: „Wenn nur eine Anlage ausfällt, ist der komplette Wasserweg lahmgelegt.“ Das wäre für die Hütte fatal: Denn auf der Schiene können viele Fertigprodukte wegen ihrer Größe nicht transportiert werden. cdVerladung von Grobblechen im Mosel-Hafen Saarlouis-DillingenDillinger Hütte schlägt Alarm

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