Lkw-Maut: Starttermin 2. November immer unwahrscheinlicher

01.10.2003 17:00 Uhr
Foto: Toll Collect

Regierungskreise bestätigen, dass die Einführung der Lkw-Maut zum 2. November 2003 immer unwahrscheinlicher wird. Technische Probleme und eine Verfassungsklage bedrohen den geplanten Starttermin.

Berlin. Das zweitägige Arbeitstreffen zur Mauteinführung hat bei Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) "erhebliche Zweifel" am Starttermin 2. November ausgelöst. Das Datum sei nur noch "rein theoretisch" zu halten, sagte Ministeriumssprecher Felix Stenschke. Wichtige Teile des Systems wie die Einbuchungssoftware und die Mauterfassungsgeräte seien noch nicht funktionstüchtig. "Über die Konsequenzen ist jetzt bei den Vertragspartnern zu beraten". Aus dem Ministerium verlautete, es sei eine Liste mit insgesamt 70 Fehlern vorgelegt worden. Nach den intensiven Gesprächen der Experten hat Stolpe jetzt die Spitzen der am Betreiberkonsortium Toll Collect beteiligten Firmen – Telekom und DaimlerChrysler – für das kommende Wochenende zu einem Gespräch eingeladen. Dabei soll es um Fristen, aber auch um Einzelheiten aus den bestehenden Verträgen gehen. Ein Sprecher von Toll Collect sagte, dann werde man vom dem Bundesamt für Güterverkehr (BAG) mehr über die Voraussetzungen und Länge des Probebetriebs hören. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Karlheinz Schmidt, äußerte die Vermutung, dass der Termin 2. November bei dem Treffen offiziell aufgegeben wird. Er hoffe, dass die Beteiligten so viel Verstand besäßen, dass sie sich den anderenfalls zu erwartenden "Riesen-Flop" ersparten. CDU/CSU-Fraktionsvize Klaus Lippold warf Stolpe ein "verantwortungsloses Schweigen" vor, das das Ausmaß des Schadens nur noch verschlimmere. Der Minister müsse endlich eine "klare und realistische Entscheidung" über den Mautstart treffen und die offenen Fragen zu Haftung und Konventionalstrafen eindeutig beantworten. Der frühere Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig ist überzeugt, dass das Betreiberkonsortium Toll Collect für die Millionenschäden durch die Verschiebung der Lkw-Maut haften muss. Wenn die Verträge offen gelegt würden, "würde man deutlich machen können, dass die Haftung besteht", sagte der SPD-Politiker. Er hatte die Verträge zwei Tage vor der Bundestagswahl im September 2002 unterschrieben. Bodewig sprach sich für eine Offenlegung der Verträge aus, die keinesfalls überhastet abgeschlossen worden seien. "Dann könnte man sehr deutlich nachweisen, dass hier sehr sorgfältig gearbeitet worden ist". Bereits im Juli 2002 sei der Vertrag unterschriftsreif gewesen und nur durch Verträge mit Auftragnehmern von Toll Collect verzögert worden. Inzwischen hat Ressortchef Manfred Stolpe angekündigt, die Verträge würden demnächst veröffentlicht. Es gebe die Zustimmung des Konsortiums, dass "unter Wahrung von Vertraulichkeiten" eine Offenlegung möglich sei. Außerdem wurde bekannt, dass zwei deutsche Spediteure gegen die Einführung der Lkw-Maut Verfassungsbeschwerde eingelegt und eine einstweilige Anordnung beantragt haben. Laut dem Berliner "Tagesspiegel" bestätigte das eine Sprecherin des Gerichts. Kommt es zur einstweiligen Anordnung, dann kann die Maut nicht wie geplant am 2. November starten: Das würde "den Vollzug des Mautgesetzes aussetzen bis über die Verfassungsbeschwerde entschieden ist", erläuterte die Sprecherin. Die Richter hätten Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) einen Fragenkatalog zur Lkw-Maut vorgelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat noch keinen Verhandlungstermin für die Verfassungsbeschwerde zweier deutscher Spediteuren gegen die Einführung der Lkw-Maut festgelegt. Dies gelte auch für den von den Beschwerdeführern gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, teilte die Sprecherin des Gerichts mit. Nach Angaben der Sprecherin sind die Verfassungsbeschwerden bereits seit Sommer dieses Jahres beim höchsten deutschen Gericht anhängig. Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wollen die klagenden Spediteure die Aussatzung des Mautgesetzes bis zur Entscheidung in der Hauptsache erreichen.

MEISTGELESEN


KOMMENTARE

SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

WEITERLESEN



NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Die VerkehrsRundschau ist eine unabhängige und kompetente Abo-Fachzeitschrift für Spedition, Transport und Logistik und ein tagesaktuelles Online-Portal. VerkehrsRunschau.de bietet aktuelle Nachrichten, Hintergrundberichte, Analysen und informiert unter anderem zu Themen rund um Nutzfahrzeuge, Transport, Lager, Umschlag, Lkw-Maut, Fahrverbote, Fuhrparkmanagement, KEP sowie Ausbildung und Karriere, Recht und Geld, Test und Technik. Informative Dossiers bietet die VerkehrsRundschau auch zu Produkten und Dienstleistungen wie schwere Lkw, Trailer, Gabelstapler, Lagertechnik oder Versicherungen. Die Leser der VerkehrsRundschau sind Inhaber, Geschäftsführer, leitende Angestellte bei Logistikdienstleistern aus Transport, Spedition und Lagerei, Transportlogistik-Entscheider aus der verladenden Wirtschaft und Industrie.