inside: Herr Müller-Dauppert Was zeichnet ihr vor wenigen Monaten neu erschienendes Buch zum Logistikoutsourcing aus? Müller-Dauppert: Zum Thema Logistikoutsourcing gibt es eigentlich nur wissenschaftliche Abhandlungen. Mein Buch ist sehr praxisnah. Außerdem ist es ein Rundumleitfaden. Nahezu alle Fragen, die im Rahmen eines Outsourcings auftauchen könnten, werden angesprochen. LOGISTIK inside: Welchen Fehler beobachten Sie immer wieder beim Logistikoutsourcing? Müller-Dauppert: Der Hauptfehler findet bei der Ausschreibung statt. Es wird auf ein schlüssiges Logistikkonzept verzichtet und die gewünschten Leistungen werden in den Unterlagen nicht detailliert beschrieben oder unrealistisch hoch angesetzt. Oft ist auch das Mengengerüst falsch oder unvollständig. Dadurch kann sich der Logistikdienstleister kein richtiges Bild machen und bietet eventuell auch falsch an. LOGISTIK inside: Was ist die Ursache? Müller-Dauppert: Viele Auftraggeber nehmen diesen Punkt nicht ernst genug und starten die Ausschreibung einfach nach dem Motto „Kucken wir mal, was bei rauskommt“. Auch der Druck durch den Projektzeitplan fördert dieses Verhalten. LOGISTIK inside: Manche Auftraggeber lassen das Konzept einfach vom Logistikdienstleister gleich mit ausarbeiten. Ist dieser Weg sinnvoll? Müller-Dauppert: Es ist durchaus legitim unter Ausschluss von Wettbewerb mit Dienstleistern ein Logistikkonzept zu erarbeiten – insbesondere dann, wenn man in der Vergangenheit mit dem Dienstleister gut zusammengearbeitet hat und sich kennt. Zusätzliche Sicherheit kann durch eine externe Begleitung oder Begutachtung gewonnen werden, Ansonsten sollte man dieses Konzept lieber selber oder von Beratern ausarbeiten lassen. Einen Ideenwettbewerb, also eine Ausschreibung der Lösung an mehrere Dienstleister, halte ich nicht für so sinnvoll. Die Erstellung ist für die Anbieter sehr aufwendig und es ist fraglich, ob das Ergebnis nicht zu sehr Standards und freie Standortkapazitäten in der Lösung beinhaltet. LOGISTIK inside: Trotzdem ist ein solcher Ideenwettbewerb gerade in die Automobilindustrie sehr beliebt... Müller-Dauppert: Ja, das stimmt. Aber ich glaube, dies wird sich ändern. Viele Dienstleister sind mittlerweile frustriert, da sie trotz guter Konzepte nicht zum Zug kommen. Einige Automobilhersteller bevorzugen immer wieder bestimmte Speditionen. Es ist fraglich, wie lange die anderen Dienstleister unter solchen Bedingungen bereit sind, kostenlos Know-how und Vergleichszahlen zu liefern. LOGISTIK inside: Übernehmen die Dienstleister eigentlich immer tiefer in die Wertschöpfungskette reichende Aufgaben? Müller-Dauppert: Nein, es bleibt häufig bei den Standardaufgaben Transport und Lagerung, auch wenn in Trendstudien anderes herauskommt und einige Dienstleister sich um innovative Angebote wie z.B. Contract Manufactoring und Cold-Chain-Logistics bemühen. LOGISTIK inside: Wie kommt das? Müller-Dauppert: Weitere Prozesse wie Auftrags- oder Inkassoabwicklung sind in bestimmten Fällen sicherlich auch von Dritten durchführbar – manchmal sind diese aber als Dienstleistung schlichtweg noch zu teuer. Besonders schwierig wird es bei Themen wie Retourenaufbereitung oder vor allem beim Bestandsmanagement. Hier fehlt dem Dienstleister die Möglichkeit, intern mit anderen Abteilungen wie das Produktmanagement auf gleicher Augenhöhe zu kommunizieren und so Veränderungen durchzusetzen. LOGISTIK inside: Wie entwickeln sich die Vertragslaufzeiten? Müller-Dauppert: Es gibt beim Lageroutsourcing wieder einen Trend zu längeren Laufzeiten, aber es werden dann klare Sonderkündigungsrechte vereinbart. Zum Beispiel wenn am Markt die Dienstleistung deutlich billiger angeboten oder wenn Qualitätsziele nicht erreicht werden. LOGISTIK inside: Gibt es einen Trend zum Joint-Venture oder eigenen Ausgründungen? Müller-Dauppert: Nein, zum Join-Venture gibt es keinen Trend, dies kommt zwar konstant aber nur gelegentlich vor. Zugenommen haben hingegen die Ausgründungen. Sehr viele Unternehmen denken über solch ein Vorgehen nach. Entweder um einen günstigeren Tarifvertrag zu erreichen oder um Auslastungslücken zu schließen. LOGISTIK inside: Wie kann der Auftraggeber erkennen, ob er einen fairen Preis für die Outsourcing-Leistung bezahlt? Müller-Dauppert: (lacht): Da gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen durch eine detaillierte Ausschreibung, in der die einzelnen Prozessschritte vom Anbieter mit Preisen versehen und damit vergleichbar werden. Außerdem hilft es, wenn der Auftraggeber selbst die Kosten für die einzelnen Prozessschritte anhand seiner Kostenstruktur ermittelt. Mit diesen beiden Komponenten lässt sich erkennen, ob der Preis zu hoch oder auch zu niedrig ist. Ein zu geringer Preis liegt auch nicht im Interesse des Auftraggebers, da er dann mit Nachverhandlungen des Dienstleisters rechnen muss. LOGISTIK inside: Die Leistungsinhalte im Outsourcingvertrag lassen sich entweder sehr detailliert oder funktional und erfolgsbezogen beschreiben. Was ist besser? Müller-Dauppert: Detaillierte Beschreibungen sind dann sinnvoll, wenn es sich nicht um Standardprozesse handelt, die der Dienstleister auch bei anderen Kunden durchführt. Hilfreich ist eine genaue Beschreibung auch, wenn der Auftraggeber mit dem Gedanken spielt, diesen Prozess später wieder von eigenen Mitarbeitern führen zu lassen. So hat man gleich ein Lastenheft für das Einlernen des Personals. Bei einer detaillierten Fixierung der Leistungsinhalte hat der Dienstleister aber wenige Freiheitsgrade, was die Optimierung von Prozessen erschwert. Sinnvoll kann es deshalb sein, punktuell Inhalte genau zu beschreiben und andere der Gestaltung durch den Dienstleister zu überlassen. Prinzipiell würde ich so viele Freiheitsgrade erlauben, wie möglich. LOGISTIK inside: Wie sieht Logistikoutsourcing in fünf Jahren aus? Müller-Dauppert: Es wird eine Konzentration bei den Dienstleistern stattfinden. Gleichzeitig arbeiten die Auftraggeber mit immer weniger Partnern zusammen mit dem Ziel Einkaufsvolumen zu bündeln um bessere Konditionen zu erzielen. Zusätzlich ist es erstrebenswert Schnittstellen in der Kommunikation zu reduzieren. Also organisiert in Zukunft nur ein Dienstleister Lager und Transport.
Interview: Die typischen Fehler beim Logistik-Outsourcing
Im Gespräch mit Bernd Müller-Dauppert, Direktor und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Unternehmensberatung Miebach Logistik Deutschland, und Herausgeber der Buches „Logistik-Outsourcing“ (ISBN: 3-574-26090-3) zu den typischen Fehlern beim Logistik-Outsourcing.