EU-Parlament für völlige Liberalisierung des Bahn-Güterverkehrs

14.01.2003 13:44 Uhr

Abgeordnete stimmen entsprechendem Richtlinienpaket mit großer Mehrheit zu

Die Eisenbahnnetze innerhalb der Europäischen Union sollen in wenigen Jahren völlig für den Wettbewerb im Güter- und Personenverkehr geöffnet werden. Einem entsprechenden Richtlinienpaket der EU-Kommission stimmten die Abgeordneten am Dienstag in Straßburg in erster Lesung mit großer Mehrheit zu. Ab 2006 soll demnach etwa ein niederländisches Unternehmen Fracht auf innerdeutschen Strecken transportieren können. Für den Personenverkehr ist die völlige Öffnung für 2008 vorgesehen. Bei dem Datum für die völligen Liberalisierung des Bahn-Güterverkehrs setzte sich das Parlament gegen die Kommission durch, die erst von 2008 an uneingeschränkten Wettbewerb auf allen Schienennetzen zulassen wollte. Neben Spediteuren und Eisenbahngesellschaften sollen auch branchenfremde Unternehmen Nutzungsrechte für Bahnstrecken und Trassen beantragen können. Ab 2006 soll ferner der grenzübergreifende Personenverkehr liberalisiert werden, ab 2008 der Personenverkehr in der ganzen EU. Der Verkehrsexperte der konservativen EVP-Fraktion, Gerd Jarzembowski, sagte, nur durch eine Revitalisierung des Eisenbahnsektors könne das Ziel des Weißbuchs über die Europäische Verkehrspolitik verwirklicht werden, bis 2010 wieder ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Verkehrsträgern zu erlangen. "Wenn wir jetzt nicht handeln, können wir in einigen Jahren den Gütersektor der Eisenbahnen ins Museum stellen", sagte Jarzembowski. In der EU sei der Anteil des Bahn-Güterverkehrs am gesamten Frachtaufkommen von 20 Prozent 1970 auf heute 8 Prozent gefallen. Das Richtlinienpaket sieht ferner vor, die Sicherheits- und Technikstandards im Eisenbahnverkehr europaweit zu vereinheitlichen. So soll es einen einheitlichen Lokführerschein geben, das Zugpersonal soll zumindest die Sprache des durchfahrenen Landes sprechen um im Notfall mit dem nationalen Katastrophenschutz kommunizieren zu können. Jede Lok muss zudem mit einem Fahrtenschreiber ausgestattet werden. Für die Einhaltung der Sicherheitsnormen soll eine Europäische Eisenbahnagentur sorgen, deren Sitz noch nicht fest steht. Sollte sich der Rat nicht auf eine Stadt einigen, soll nach dem Willen des Parlaments spätestens 2005 Brüssel der provisorische Sitz der Agentur werden. (tw/dpa)

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