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EU-Mission „Atalanta“: „Reeder sollten noch mehr für den Eigenschutz der Schiffe tun“

05.10.2010 16:59 Uhr
EU-Mission „Atalanta“: „Reeder sollten noch mehr für den Eigenschutz der Schiffe tun“
Die Mannschaft an Bord der Fregatte „Schleswig-Holstein“ war am Horn von Afrika auf Piratenjagd
© Foto: Eckhardt-Herbert Arndt

Der Kommandant der gerade aus dem Atalanta-Einsatz zurückgekehrten Fregatte „Schleswig-Holstein“ über die Piratenmission am Horn von Afrika / Ein VerkehrsRundschau-Gespräch mit Fregattenkapitän Nils Brandt

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Kiel. Ungeachtet der starken Präsenz internationaler Marineeinheiten gilt die freie Schifffahrt am Horn von Afrika weiterhin als besonders gefährdet, was die Kapergefahr durch Piraten betrifft. Das zeigte sich erst jetzt wieder, als das unter Liberia-Flagge fahrende Handelsschiff „Star II" von Piraten attackiert wurde. Die Fregatte „Köln" der Deutschen Marine, Teil des im Rahmen der EU-Mission „Atalanta" operierenden, internationalen Flottenverbandes, konnte eine Kaperung vereiteln. Vorgänger der „Köln" war die Fregatte „Schleswig-Holstein". Sie kehrte jetzt nach einem fünfmonatigen Einsatz in ihren Stützpunkt Wilhelmshaven zurück. Mit dem Kommandanten des 4900 Tonnen großen Kriegsschiffes, Fregattenkapitän Nils Brandt, sprach die VerkehrsRundschau über die am Horn von Afrika gesammelten Erfahrungen.

Für den erfahrenen Marineoffizier hat die EU-Mission „Atalanta", die im Dezember 2008 auf den Weg gebracht wurde, einen wichtigen Beitrag zu mehr Sicherheit in dem Seegebiet geleistet, auch wenn es einen 100-prozentigen Schutz angesichts der erheblichen Ausdehnungen des Seegebietes nicht geben kann. Die Zusammenarbeit zwischen den Partnern im Rahmen von „Atalanta" sowie auch mit den Marineeinheiten, die sich in dem Seeraum über andere Operationen aufhalten, sei „gut". Die erste Priorität für die „Atalanta"-Einheiten stelle der Schutz der Handelsschiffe da, die Güter im Rahmen des Welternährungsprogramms transportieren. Danach komme der Schutz der allgemeinen Handelssschifffahrt in dem weitläufigen Seegebiet. Für eine Eskorte beispielsweise von Mombasa (Kenia) nach Djibouti müssten bis zu drei Tage veranschlagt werden.

Schutzraum hilft bei Piratenangriff

Als kapergefährdet und ins „Beuteschema" der Piraten passend erwiesen sich laut Brandt in den zurückliegenden Monaten besonders langsame Frachter. Dazu gehörten auffälligerweise „langsame Produktentanker", so Brandt. Hingegen würden Großcontainerschiffe, deren Reisegeschwindigkeiten mühelos die 20 Knoten-Grenze überschreiten können, relativ ungefährdet sein. Als positiv bewertete der Marineoffizier, dass viele Reeder inzwischen erkannt hätten, dass sie selbst viel zum Schutz ihrer Schiffe vor Piratenübergriffen tun könnten.

Bandt nannte in diesem Zusammenhang die Einrichtung von sogenannten Schutzräumen („safe rooms") für die Besatzungen der Frachter. Diese gegen gewaltsamen Zugriff besonders geschützten Räume sind mit ausreichend Vorräten ausgestattet, sie verfügen über Kommunikationsmöglichkeiten nach außen und von ihnen lässt sich das Schiff ausschalten.

Welchen Nutzen ein solcher Schutzraum entfalten könne, zeige das Beispiel des deutschen Containerfrachters „Magellan Star". Der Frachter war Anfang September im Golf von Aden von Piraten gekapert worden. Soldaten einer US-Spezialeinheit gelang es schließlich, das Schiff dem Zugriff der Piraten ohne Blutvergießen wieder zu entreißen und diese festzusetzen. Die Besatzung des Frachters hatte sich nach dem Absetzen eines Notrufes in den Schutzraum zurückgezogen und blieb daher auch bei der Bekämpfungsaktion der US-Marines unversehrt. Brandt: „Die Piraten haben kein Interesse daran, irgendwelches Menschenleben zu gefährden. Und sie selbst haben auch kein Interesse daran, erschossen zu werden."

Viele Schiffe haben nicht einmal einen ordentlichen Ausguck

Für das Positivbeispiel „Magellan Star" gibt es allerdings auch eine Reihe von Negativerlebnissen. Es sei nicht zu verstehen, wenn Reeder in dem gefährdeten Seegebiet die einfachen Sicherheitsempfehlungen nicht befolgten. Zu denen gehörten zum Beispiel, dass auf dem Schiff ausreichend Wasserschläuche ausliegen, so dass die Piraten mittels harter Wasserstrahlen am Entern gehindert werden. Auch das empfohlene Ausbringen von Stacheldraht rund um das Schiff fehle, geschweige denn, dass im gefährdeten Seegebiet die Anzahl der Ausguckposten erhöht wird. Wenn zwischen dem ersten Alarm, „Wir werden von Piraten angegriffen" und der Meldung „Piraten an Bord" gerade einmal fünf Minuten liegen, dann kann das nicht mit einem guten Ausguck in Verbindung gebracht werden", kritisiert der Marineoffizier.

Zu den aktuellen Wahrnehmungen gehört für Brandt auch, dass sich das Operationsgebiet der Piraten immer mehr in den Indischen Ozean hinein verlagere. Mit den vorhandenen Kräften sei es aber ausgeschlossen mit dieser Entwicklung Schritt zu halten. Für die weiträumige Überwachung seien die Seefernaufklärer-Flugzeuge daher von großer Wichtigkeit.

 

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