Der E-Commerce hat die Handelswelt verändert, aber nicht revolutioniert. Zu diesem Befund gelangt eine am Forschungszentrum Karlsruhe entstandene Studie "E-Commerce in Deutschland". Nach den Luftblasen der New Economy plädieren die Karlsruher Technikforscher darin für Realismus: Zwar hat der Warentausch per Mausklick in den letzten Jahren in Deutschland deutlich zugelegt. Dennoch waren elektronische Vertriebskanäle beispielsweise nur zu 1,6 Prozent am Gesamtumsatz 2002 des deutschen Einzelhandels beteiligt. Auch langfristig wird der E-Commerce im Einzelhandel nicht mehr als zehn Prozent der Handelswege besetzen und auch keine nennenswerten Beschäftigungsimpulse auslösen. Allerdings fallen die Prognosen von Branche zu Branche extrem unterschiedlich aus. Der E-Commerce ist eine zukunftsträchtige Vertriebsform: Er beschleunigt Handelsprozesse, erweitert Märkte und schafft Transparenz für Anbieter und Kunden. Seine Verankerung im Wirtschaftsgeschehen, seine Perspektiven sowie die von ihm ausgehenden Strukturveränderungen lassen sich jedoch kaum auf einen einzigen Nenner bringen. "Die Durchdringung des Handels mit elektronischen Anwendungen fällt höchst unterschiedlich aus", sagt Diplom-Soziologe Ulrich Riehm, Leiter des Projekts E-Commerce am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des Forschungszentrums Karlsruhe. "Das reicht von einstelligen Prozentanteilen des E-Commerce im Einzelhandel Business-to--Customer bis zur hundertprozentigen Abwicklung einzelner Geschäfte zwischen Unternehmen Business-to-Business, zum Beispiel im Arzneimittelgroßhandel." In der soeben als Buch erschienenen Studie beschäftigen sich die Wissenschaftler denn auch mit dem Stand und den Wirkungen des elektronischen Handels in ganz unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen: mit der traditionellen Fertigungsindustrie (Beispiel Automobilindustrie), mit informationsorientierten Branchen (Beispiel Wertpapierhandel, Medienindustrie), mit Branchen, in denen E-Commerce bereits verbreitet ist (Beispiel Musikindustrie) ebenso wie mit solchen, in denen er erst am Anfang steht (Beispiel Lebensmittelhandel, Stromhandel). Darüber hinaus wurden Handelssegmente untersucht, bei denen die Einführung des E-Commerce auf starke Reglementierungen trifft (Beispiel Freie Berufe, Buch- und Arzneimittelhandel). Ergänzt werden diese Analysen von einer Einschätzung des E-Commerce im Hinblick auf übergreifende Wirkungen. Im Mittelpunkt stehen dabei Wachstum und Beschäftigung, verkehrliche und ökologische Effekte, Verbraucherfragen sowie Alternativen zur internetbasierten Kommunikation, vor allem Fernsehen und Mobiltelefon. "Überraschend", berichtet Riehm, "war zum Beispiel die Erkenntnis, dass die Internet-Ökonomie Konzentrationstendenzen eher befördert als behindert."
E-Commerce bleibt im Einzelhandel in den Kinderschuhen stecken
Auf dem Vormarsch, aber längst nicht überall – eine Studie aus dem Forschungszentrum Karlsruhe durchleuchtet den elektronischen Handel in Deutschland.