Die 10.000-Euro-GmbH

Die Reform soll die GmbH gegenüber der ausländischen Konkurrenz stärkenDie 10.000-Euro-GmbHDie englische Limited hat angegriffen, jetzt schlägt der deutsche Gesetzgeber zurück: Voraussichtlich im dritten Quartal 2008 tritt die GmbH-Reform in Kraft. Die GmbH ist eine der beliebtesten Gesellschaftsformen in Deutschland – derzeit beläuft sich ihre Zahl auf etwa eine Million. Bei Existenzgründern ist sie wegen des Haftungsausschlusses für die Gesellschafter beliebt. Denn diese haften bei der GmbH im Grundsatz nicht persönlich, sondern nur das Vermögen der Gesellschaft. Mit dem von der Bundesregierung am 23. Mai 2007 verabschiedeten "Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)" soll das GmbH-Gesetz grundlegend modernisiert werden. Es wird die weitreichendste Reform seit der Verabschiedung des GmbH-Gesetzes am 20. April 1892 sein.Das Stammkapital soll sinkenIn erster Linie soll sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit sichern. Denn die GmbH sieht sich dem Konkurrenzdruck durch ausländische Gesellschaftsformen ausgesetzt. Gerade die englische Limited drängt mit Macht nach vorne. Die Reform ist also notwendig. Während die GmbH nach aktuellem deutschen Recht nicht ins Ausland umsiedeln kann, verlegen jährlich tausende von europäischen Gesellschaften ihren Verwaltungssitz nach Deutschland. Vorreiter ist die "Private Limited Company On Shares", kurz Limited oder Ltd. Der Limited-Gründer in Deutschland wendet sich meist an Gründungsagenturen. Diese bieten zum zunächst kleinen Preis die Limited von der Stange: Da es sich bei der Limited um eine englische Gesellschaft handelt, muss sie in Großbritannien registriert werden. Hat die Limited in Deutschland einen Verwaltungssitz, ist sie auch hier zwingend ins Handelsregister einzutragen. Neben den niedrigeren Gründungskosten wird als Argument für die Limited häufig angeführt, dass sie im Gegensatz zur GmbHkein Mindestkapital erfordert,kein Eigenkapitalersatzrecht kennt,unbürokratischer gehandhabt werden kann.Hier setzt die GmbH-Reform an: Trotz ihrer großen Verbreitung ist die GmbH keine einfache Gesellschaftsform. Eine Hürde ist es oft bereits, überhaupt das Mindeststammkapital von 25.000 Euro aufzubringen. Daher soll das Stammkapital auf 10.000 Euro sinken. Dadurch wird das bewährte Haftkapitalsystem der GmbH nicht infrage gestellt, die Attraktivität der Rechtsform gegenüber anderen Haftkapitalsystemen auf europäischer Ebene aber deutlich verbessert. Zudem kann ein geringeres Mindeststammkapital die Gründung für wenig kapitalintensive Unternehmen wie Dienstleister erleichtern. Darüber hinaus werden die Genehmigungsverfahren im Vorfeld der GmbH-Gründung vereinfacht, indem bestimmte Verpflichtungen beispielsweise für Handwerks- und Restaurantbetriebe oder Bauträger entfallen. "Mini-GmbH" ohne MindeststammkapitalDie Gründungskosten sollen deutlich sinken. Wie bei der Limited ist eine Mustersatzung und -anmeldung für das Handelsregister vorgesehen. Nach Vorstellung des Gesetzgebers soll bei Verwendung dieser beiden Muster ("Gründungs-Set") der Eintrag der Gesellschaft in das Handelsregister ohne rechtliche Beratung und ohne Notar möglich sein. Viele Experten lehnen diesen Vorschlag jedoch als zu weit gehend ab. Derzeit ist also noch nicht klar, ob sich die Idee durchsetzen kann.Außerdem wird es wohl eine Mini-GmbH geben, die ohne Mindeststammkapital gegründet werden kann. Sie soll Unternehmergesellschaft (Haftung beschränkt) heißen. Aus dem Jahresgewinn ist jeweils eine Rücklage von 25 Prozent zu bilden. So kann das Mindestkapital für die "normale" GmbH angespart werden. Sind 10.000 Euro erreicht, kann man sich umbenennen. Existenzgründer mit erheblichem Kapitalbedarf, vor allem aus dem produzierenden Gewerbe, können aber von dem niedrigeren Mindestkapital kaum profitieren. Sie benötigen ohnehin erhebliche Investitionen und Betriebsmittel. Weitere Maßnahmen sollen vor Missbrauchsfällen schützen. Ein weit verbreitetes Problem war zum Beispiel die Zustellung von Erklärungen an die Gesellschaft. Zukünftig muss die GmbH daher dem Handelsregister eine aktuelle Geschäftsanschrift melden. Außerdem wird für den Fall, dass durch eine Abberufung des einzigen Geschäftsführers der letzte "Vertretungsberechtigte der GmbH" quasi eliminiert wird, zukünftig jeder einzelne Gesellschafter in die Verantwortung genommen. Gläubiger wissen damit, wohin und an wen sie ihre Ansprüche stellen können.Missbräuchen durch so genannte "Firmenbestatter", die angeschlagene GmbHs durch Abberufung von Geschäftsführern und Aufgabe des Geschäftslokals einer ordnungsgemäßen Insolvenz und Liquidation entziehen, werden durch eine Pflicht der Gesellschafter, bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung den Insolvenzantrag zu stellen, verhindert. Geschäftstätigkeit auch im AuslandNicht ohne Risiko ist die erweiterte Geschäftsführerhaftung. Geschäftsführer, die an der Ausplünderung der Gesellschaft beteiligt sind, werden im Falle der Zahlungsunfähigkeit stärker in die Pflicht genommen. Außerdem werden die Straftaten ausgeweitet, wegen derer jemand nicht mehr Geschäftsführer werden kann. Neben weiteren Änderungen dürfte für die Praxis die Neuregelung des Eigenkapitalersatzrechts eine der wichtigsten sein. Es gibt künftig keine Unterscheidung zwischen "kapitalersetzenden" und "normalen" Gesellschafterdarlehen. Alle als Fremdkapital gegebenen Beträge sind nicht dem Eigenkapital zuzurechnen. Dadurch wird die verwirrende und komplex gewordene Materie des Eigenkapitalersatzrechtes erheblich vereinfacht.Außerdem sollen deutsche Gesellschaften einen Verwaltungssitz wählen können, der nicht notwendig mit dem Satzungssitz übereinstimmt. Sie können somit ihre Geschäftstätigkeit auch außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets entfalten. Ein entscheidender Vorteil, denn nach geltender Rechtslage dürfen zwar EU-Auslandsgesellschaften ihren Verwaltungssitz auch in Deutschland einrichten, umgekehrt gibt es diese Möglichkeit nicht.Nach der Reform wird die GmbH konkurrenzfähig sein. Daneben bleiben die bisherigen Vorteile der GmbH gegenüber der Limited bestehen, denn die GmbH verfügt nach wie vor über ein größeres Renommee und Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern richten sich nach deutschem Recht, das deutschen Anwälten und Gerichten bekannt ist. Der Regierungsentwurf ist jedoch noch nicht Gesetz. Deshalb sind Anpassungen bis zum Inkrafttreten nicht auszuschließen.❙❚■Claudia Kohl, Rechtsanwältin, und Marc Y. Wandersleben, Rechtsanwalt und Wirtschaftsmediator, sind Partner in der Kanzlei Brennecke & Partner Rechtsanwälte.

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