Der Trend geht zur

Nicht nur auf dem Hafengelände im Einsatz: Die Bahnen der Binnenhäfen Der Trend geht zur eigenen BahnImmer mehr Binnenhäfen entdecken den Schienengüterverkehr für sich. Mit eigenen Privatbahnen wollen sie mehr Güter in ihre Umschlagzentren holen – und machen damit der DB-Tochter Railion und dem LKW Konkurrenz.Jede Woche startet im thüringischen Deuna ein 650 Meter langer Güterzug und bringt bis zu 2800 Tonnen Zement vom örtlichen Dyckerhoff-Werk in den Neusser Hafen. Hier wird der Baustoff in Silos umgeschlagen und dann an Baustellen in der Region ausgeliefert. Für Be- und Entladung sowie den 500 Kilometer langen Transport ist ein Eisenbahnunternehmen verantwortlich, das sich bisher auf Shuttleverkehre am Niederrhein, beispielsweise für Braunkohlekraftwerke, konzentriert hat: die Neusser Eisenbahn der Neuss Düsseldorfer Häfen GmbH (NDH). "Wir haben diesen Auftrag Anfang 2006 in einer bundesweiten Ausschreibung gewonnen", freut sich Frank Türger, Leiter der Neusser Eisenbahn. Gegen Railion und andere Konkurrenten setzten sich die Rheinländer, deren Bahn 100 Mitarbeiter beschäftigt, durch. Über logistische Dienstleistungen hinaus betreuen sie den Waggonpark von Dyckerhoff und sind für Wartungen und Reparaturen verantwortlich. "Unsere größte Stärke ist unsere Flexibilität", betont Türger. Großkunden sind beliebte PartnerSo fahren die Züge nach Deuna abhängig vom aktuellen Bedarf: Dyckerhoff disponiert den Anfahrtstag und die Waggonmengen frei. Außerdem kann die Neusser Eisenbahn Synergieeffekte herstellen. Seit Anfang 2008 machen die Deuna-Züge einen Schlenker nach Duisburg und nehmen im örtlichen ThyssenKrupp-Werk Hüttensand für die Zementproduktion auf. Mit diesem Hochofenschlackeprodukt werden die Dyckerhoff-Baustoffe gegen Streusalz und diverse Chemikalien resistent gemacht. Die Neusser Eisenbahn ist kein Einzelfall. Von der wachsenden Liberalisierung des Eisenbahnmarkts wollen die Bahnen der See- und Binnenhäfen kräftig profitieren und suchen neue Märkte außerhalb des angestammten Einsatzgebiets. Mit Strecken- und Sonderverkehren sollen vor allem Großkunden aus der Industrie gewonnen werden. Über Preisvorteile hinaus werben die Hafenbahnen mit flexiblen Lösungen, welche auf den Auftraggeber zugeschnitten werden. Das große Vorbild der Branche ist die Hafen- und Güterverkehr Köln (HGK) AG. Mit 600 Mitarbeitern, 55 Lokomotiven, 536 Güterwagen sowie einem Jahresumsatz von 100 Millionen Euro ist das über 100 Jahre alte Unternehmen der unumstrittene Primus unter den deutschen Hafenbahnen. "Wir machen bis zu 70 Prozent Umsatz mit überregionalen Strecken- und Spotverkehren", schätzt HGK-Sprecher Rolf Küppers. Mit 15,2 Millionen Tonnen konnte die Hafenbahn 2007 ihren Jahresumschlag für 100 Kunden um fast 19 Prozent steigern. Wichtigster Auftraggeber des Unternehmens ist die Mineralölindustrie mit über 50 Prozent Volumenanteil. Außerdem sind viele Auto- und Chemieunternehmen HGK-Kunden. Die Hafenbahn selbst sieht sich als Spezialist für Sonderverkehre. 80 Prozent des Transportaufkommens werden laut Unternehmensangaben "auf Zuruf" binnen zwei bis drei Tagen umgeschlagen. Von solchen Zahlen sind die Bahnen anderer großer Häfen weit entfernt. Die 2001 gegründete Duisport Rail verfügt über 30 Mitarbeiter und zehn Lokomotiven. Außer Hafenverkehren bedienen die Duisburger vor allem Linienverkehre in die Region etwa zum KV-Terminal Unna (s. Kasten unten) oder den Chemieindustriestandorten Marl und Uerdingen. In Zukunft soll Duisport Rail Drehscheibenverkehre auch für die Häfen Essen und Gelsenkirchen, mit denen der Mutterkonzern ein Kooperationsabkommen abgeschlossen hat, übernehmen. Parallel mit dem Hafen soll auch Duisport Rail wachsen. "Der Bahnverkehr profitiert von der Geschäftsaufnahme neuer Kunden und den verstärkten Aktivitäten bestehender Auftraggeber und ist deshalb ein strategisch wichtiges Instrument", sagt Erich Staake, Vorstandsvorsitzender der Duisport-Gruppe.Manche Häfen haben bislang jedoch keinen Euro in Eisenbahnverkehre außerhalb ihres Geländes investiert – etwa die Bayernhafen-Gruppe, in der sechs Binnenhäfen an Main und Donau zusammengeschlossen sind. Das soll jetzt anders werden. Eckhard Riechers, technischer Leiter der Bayernhafen-Gruppe, plant Netzverkehre zwischen den Standorten auf Schienenstrecken, welche ausschließlich dem Güterverkehr vorbehalten sind. Außerdem wittert er eine Marktnische in Zubringerverkehren für ausländische Bahnen, die Ganzzüge nach Deutschland fahren. "Wir können als regionaler Partner Wagengruppen abholen und bereitstellen", ist der Bayernhafen-Manager überzeugt. 2007 hat Bayernhafen die Zulassung zum Eisenverkehrsunternehmen erhalten, Anfang 2009 sollen die ersten Züge rollen. Vorher muss jedoch noch in die Infrastruktur investiert werden. So gibt es beispielsweise in Nürnberg und Regensburg kaum elektrifizierte Strecken. Auch andere Häfen modernisieren. Erst kürzlich gab der Hamburger Hafen ein 1,5 Millionen Euro teures Eisenbahn-Betriebsleitsystem in Auftrag. "Ohne dieses Produkt kann der rasant steigende Güterverkehr kaum noch bewältigt werden", sagte Hafen-Geschäftsführer Hans-Peter Dücker. Denn auf dem 300 Kilometer langen Gleisnetz ist die Hafenbahn längst nicht mehr alleine unterwegs. Auch 50 nationale und internationale Privatbahnen nutzen die Infrastruktur. ❙❚■ Stefan Bottler, freier Journalist

Der Trend geht zur

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