Versicherungen auf dem Prüfstand

Wenn es um das Thema "Versicherungen" geht, ist es wie bei vielen anderen Themen auch: Die eine Antwort oder aber die Versicherung, die auf alle passt, gibt es nicht. Denn jedes Unternehmen hat andere Voraussetzungen und damit andere Ansprüche an die passenden Versicherungslösungen. Für diesen Artikel haben wir deshalb als Referenz einen Transportunternehmer zugrunde gelegt, der maximal 30 Mitarbeiter hat, 20 eigene Lkw und ein kleines Lager, in dem er temporär auch Ware für seine Kunden lagert. "Grundsätzlich gibt es Versicherungen, die Pflicht für Spediteure sind, zum Beispiel die Verkehrshaftungsversicherung", erläutert Thomas Wicke, Geschäftsführer der Schunck Group. "Hinzu kommen Versicherungen, die zwar keine Pflichtversicherungen sind, die aber jedes Unternehmen haben sollte, zum Beispiel eine Cyberversicherung oder Betriebshaftpflichtversicherung." Diese Versicherungen sind Pflicht Die wichtigste Pflichtversicherung für Transportunternehmen ist die Verkehrshaftungsversicherung. Sie ist Pflicht für jede Spedition (für Frachtführer oder Spediteure), die Straßengüter innerhalb Deutschlands mit einem Fahrzeug ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen transportieren. Wer keine hat, dem drohen hohe Geldbußen und der Entzug oder die Verweigerung der Gewerbeerlaubnis. Die Verkehrshaftungsversicherung schützt vor Schadenersatzforderungen der Auftraggeber, beispielsweise, wenn Güter beschädigt werden beziehungsweise verloren gehen oder Lieferzeiten überschritten werden. Auch die Kfz-Versicherung ist für Transportunternehmen Pflicht. In der Praxis ist das die Kfz-Flottenversicherung, die alle Fahrzeuge des Unternehmens vom Pkw über Transporter bis hin zu Zugmaschinen, Aufbauten und Anhängern mit einer Versicherungspolice versichert. "Eine Kfz-Flottenversicherung reduziert für das Unternehmen den Verwaltungsaufwand und macht gleichzeitig günstigere Konditionen möglich", sagt Thomas Wicke. Keine Pflicht, aber nötig Neben diesen Pflichtversicherungen im Sinne von "gesetzlich verpflichtend", gibt es noch einige Versicherungen, die Experten dringend empfehlen, auch wenn sie gesetzlich nicht vorgeschrieben sind. Dazu gehört die Betriebshaftpflichtversicherung. Sie schützt das Unternehmen vor fremden Ansprüchen bei Personen-, Sach- oder (versicherten) Vermögensschäden. Also zum Beispiel, wenn auf dem Firmengelände eine Person verletzt wird oder fremde Güter beschädigt werden. Eine Betriebshaftpflicht kann um bestimmte Bausteine erweitert werden, zum Beispiel eine Umwelthaftpflicht beziehungsweise Umweltschadenversicherung oder eine Vermögensschadenhaftpflicht. Ergänzend kann auch eine Ertragsausfallversicherung sinnvoll sein. Diese sichert bei einer Betriebsunterbrechung ab. Wird der Betrieb in der Folge eines Sachschadens, zum Beispiel Ausfall einer wichtigen Maschine, lahmgelegt, ersetzt die Versicherung neben dem entgangenen Gewinn auch die fortlaufenden Kosten wie Löhne, Gehälter, Mieten oder Pachten. Daneben gibt es noch einige Sachversicherungen, die für Transport- und Speditionsbetriebe wichtig sind. Damit werden zum Beispiel Gebäude, die Betriebseinrichtung und eigene Vorräte versichert. Zu den Sachversicherungen gehören beispielsweise die Gebäudeversicherung und die Inhaltsversicherung. "Büroausstattung, EDV, Arbeitsgeräte und eigene Bestände wie Reifen können dabei über eine Inhaltsdeckung versichert werden", erklärt Jens Gronke, Leiter Transport Fachvertrieb Kravag-Logistic Versicherungs-AG. Sinnvoll sei hierbei eine Allgefahren-Deckung. "Dabei sind alle Gefahren versichert und nicht nur gängige Fälle wie Feuer, Leitungswasser, Einbruchdiebstahl oder Sturm", so der Experte. Lager richtig versichern Bei allen Versicherungen, die das Lager betreffen, gilt laut Gronke: Jedes Unternehmen muss genau analysiert werden. Fragen wie "Was ist Eigentum des Unternehmens, und was wird für den Auftraggeber eingelagert?", "Stehen Güter dauerhaft oder nur transportbedingt im Lager?", "Was wurde mit dem Eigentümer der Ware vereinbart?" müssten geklärt werden. "Je nach Ist-Situation können sich daraus unterschiedliche Konstellationen ergeben, von der klassischen Haftungsversicherung über eine Lager-Exzedenten-Deckung bis zu einer Absicherung nach Höhe der Warenwerte im Rahmen einer Speditions-Güterversicherung", so Gronke weiter. Transportversicherung Ergänzend zur verpflichtenden Verkehrshaftungsversicherung gibt es die Transportversicherung. Warum diese sinnvoll sein kann, erklärt Geschäftsführer Wicke von Schunck: "Nicht alle Risiken, die durch den Transport von Gütern entstehen, sind durch die Verkehrshaftungsversicherung abgedeckt. Oft ist die Deckung, gerade bei höherwertigen Gütern, nicht ausreichend. Das Risiko trägt in einem solchen Fall ganz oder teilweise der Auftraggeber." Daher empfehle es sich für diesen dringend, rät Wicke, eine Warentransportversicherung abzuschließen. "Und für Spediteure oder Frachtführer sei es gerade bei langjährigen Geschäftsbeziehungen empfehlenswert, ihrem Auftraggeber eine Warentransportversicherung zu empfehlen, damit seine Ware und damit auch die Geschäftsbeziehung abgesichert sind." Versicherung gegen Cyberkriminalität Die Anzahl der Hackerangriffe auf Versand- und Logistikunternehmen hat sich in den Jahren zwischen 2019 und 2020 verdreifacht. Cyberangriffe können gerade für kleinere und mittlere Speditionen existenzbedrohend werden. Daher sollten Unternehmen sich mit einer Cyberversicherung gegen diese Risiken absichern. (Hinweis der Redaktion: Alles zum Thema Cyberversicherung lesen Sie in der Ausgabe VR 11/21 oder in VRplus #Cyberversicherung). Bei Rechtsstreitigkeiten abgesichert "Empfehlenswert ist in jedem Transportunternehmen eine Rechtsschutzversicherung", erklärt Rechtsanwalt Frank Geissler, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht und Versicherungsrecht in der Kanzlei Grimme & Partner in Hamburg (siehe S.57). "Diese sollte unbedingt eine Deckung im Arbeitsrecht sowie im Bereich Straßenverkehrs- und Verwaltungsrecht beinhalten. Denn die hohen finanziellen Risiken bei Verstößen gegen Vorschriften des gewerblichen Güterverkehrs, unter anderem im Bereich des Fahrpersonalrechts, werden oft nicht gesehen", weiß Geissler. Optionale Versicherungslösungen Neben den genannten Versicherungen, die für alle Firmen im Straßengüterverkehr und der zugrunde gelegten Betriebsgröße sinnvoll sind, können auch folgende Versicherungen interessant sein. Dazu zählen etwa Kredit- oder Factoringlösungen, die permanente Liquidität garantieren und größere Handlungs- und Planungsspielräume bieten. Eine Kreditversicherung schützt etwa bei unerwarteten Forderungsausfällen und sichert Lieferanten für den Fall ab, dass Kunden gelieferte Ware oder erbrachte Dienstleistungen nicht bezahlen können. Eine D&O-Versicherung (auch Managerhaftpflicht genannt) kann hingegen Geschäftsführer schützen, da diese für Fehlentscheidungen mit ihrem Privatvermögen haften müssen. Werden sie für Vermögensschäden, die dem Unternehmen durch ihre Fehler entstehen, zur Verantwortung gezogen, springt eine D&O-Versicherung ein. Zudem bieten Vorsorgelösungen wie die betriebliche Altersvorsorge und die betriebliche Krankenversicherung Möglichkeiten, gerade vor dem Hintergrund von Fahrer- und Fachkräftemangel, die Attraktivität der Firma als Arbeitgeber zu steigern. Die richtige Versicherung wählen Bei der Auswahl der richtigen Versicherung ist für Transportunternehmer eines besonders wichtig: Sie sollten sich an Experten wenden. Dafür plädiert auch Schunck-Geschäftsführer Wicke: "Jeder Logistiker und jedes Unternehmen muss individuell in Hinblick auf die Risiken betrachtet werden. Das hängt unter anderem mit der Art der beförderten Waren, mit den Transportwegen oder dem Grad der Spezialisierung zusammen." Jens Gronke von der Kravag-Logistic Versicherungs-AG empfiehlt, die Haftpflichtversicherungen, also die Verkehrshaftung, die Betriebshaftpflicht und die Kfz-Haftpflicht, in die Hand eines Versicherers zu geben. Nur so könnten alle Risiken abgedeckt sowie Überschneidungen und Versicherungslücken vermieden werden. Auch sei bei den eigenen Gebäuden auf eine konkrete Wertermittlung zu achten. Schäden in diesen Bereichen könnten existenzielle Auswirkungen haben. Auch Fachanwalt Geissler rät: "Wichtig ist eine gute Beratung durch einen in der Branche erfahrenen Versicherungsmakler." Das spare oft auch Prämien, denn, so Geissler, "spezialisierte Versicherungsmakler sind in der Lage, das für das Unternehmen passende Paket zu schnüren, die richtigen Versicherer zu finden und gegebenenfalls auch Rabatte auszuhandeln." Von der Suche nach Versicherungsschutz in Eigenregie, zum Beispiel über Versicherungsportale im Internet, rät Geissler hingegen ab: "Der Unternehmer kennt sich in der Regel zu wenig aus, um das für ihn 100-prozentig passende und günstigste Angebot zu finden." Die Internetrecherche kann zwar der Vorbereitung dienen, aber abschließen sollten Unternehmer die Versicherung immer beim spezialisierten Makler oder Versicherer. Denn wer irgendeine Versicherung abschließt, für den kann es im Versicherungsfall ein teures Erwachen geben. Mehr zum Thema finden Sie unter #Versicherungen www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Die wichtigen und sinnvollen Versicherungen für den eigenen Betrieb auszuwählen, ist nicht einfach. Denn keiner will unnötige Prämien zahlen oder gar unterversichert sein. Der Artikel zeigt, wie Transportbetriebe am besten vorgehen. Online - Der Versicherungs-Check Wertvolle Tipps für den schnellen Überblick: Diese Versicherungen braucht ein Transportunternehmen: www.verkehrsrundschau-plus.de/versicherungen

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