Nachhaltige Logistikimmobilien: Umdenken gefordert

Vor nicht allzu langer Zeit noch als "nice to have" abgetan, hat der Faktor Nachhaltigkeit auch den Logistikzweig Lagerei vollends erreicht. Dies wurde auch auf dem 10. Deutschen Logistikimmobilien-Kongress deutlich, den Heuer Dialog am 9. und 10. September 2021 in Berlin veranstaltet hat. "Es geht nicht mehr darum, ob in der Logistik Klimaneutralität angestrebt werden soll, sondern wann und mit welchen konkreten Maßnahmen dies passiert", lautete denn auch eine der Kernthesen im Eröffnungsvortrag von Professor Christian Kille vom Institut für angewandte Logistik an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Kille sieht Logistikimmobilien dabei "sehr gut aufgestellt" und verwies dabei auch auf die Bewerber des Logix Awards, mit dem die gleichnamige Initiative in diesem Jahr auf der Expo Real wieder eine herausragende Logistikimmobilien-Entwicklung auszeichnen wird. Dass der Handlungsdruck in Sachen Nachhaltigkeit alle Beteiligten in der Logistikimmobilienbranche in den kommenden Jahren noch immens herausfordern dürfte, war in dem von der Verkehrs-Rundschau moderierten Panel zum Thema "Assetklasse Logistik: Das neue Gold im Depot" Gegenstand einer teils kontroversen Debatte. Der Druck, perspektivisch klimaneutrale Logistikimmobilien zu schaffen, steigt schließlich nicht nur aus der Politik, sondern auch von Investorenseite, die immer mehr Wert auf die sogenannten ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) legt. Druck seitens der Politik wächst "Irgendwann werden es nichtgrüne Logistikimmobilien bei der Finanzierung schwer haben", stellte Maria Teresa Dreo-Tempsch, Vorständin bei der auf Immobilien-Finanzierung spezialisierten Bank Berlin Hyp, fest. "Die Regulatorik nutzt den Finanzsektor und die Kapitalströme, um den Markt in Richtung grüne Immobilien und grüne Investments zu lenken." Gerhard Molt, Partner und Head of Real Estate Germany bei der Wirtschaftskanzlei Eversheds Sutherlands, verwies auf die Notwendigkeit von Nachhaltigkeitskonzepten schon bei der Akquirierung von bebaubarer Fläche: "Die Kommunen schauen ganz genau hin, ob es sich um eine grüne Ansiedlung handelt - ein Nachhaltigkeitskonzept gehört in den Gesprächen zwingend dazu." Aus Entwicklersicht hat ein Umdenken bereits stattgefunden. "Man kriegt eine Immobilie gar nicht mehr verkauft, wenn man nicht in Richtung CO2-Neutralität geht", sagte Felix Zilling, Geschäftsführer des Entwicklers Deutsche Logistik Holding (DLH). Für Johannes Nöldeke wird allerdings noch viel zu wenig getan. So verwies der Geschäftsführer des Entwicklers und Investmentmanagers Inbright darauf, dass im Grunde kaum neue Logistikimmobilien entstünden, die gänzlich ohne fossile Energien auskommen. "Wir machen alle gerade einen brutalen Fehler. Alle großen Entwickler bauen noch Hallen, die mit Gas beheizt werden - im Grunde muss das sofort aufhören", forderte Nöldeke. Es handle sich schließlich um Hallen, die über Jahrzehnte in Betrieb sein werden - und eine vielleicht schon in einigen Jahren regulatorisch notwendige Umrüstung werde aufwendig und teuer. "Es muss jetzt ein Umdenken stattfinden, das so radikal ist, dass wir uns das alles noch gar nicht vorstellen können. Wir sind noch meilenweit entfernt davon, was eigentlich möglich wäre, wenn wir wirklich einen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten wollen", so Nöldeke. Nachhaltigkeit gibt's nicht zum Nulltarif Aber was würde ein solches Umdenken kostenseitig bedeuten? CO2-Neutralität gibt es schließlich nicht zum Nulltarif. Nöldeke rechnete dies am Beispiel Hallenbeheizung vor: Eine Logistikimmobilie mit Wärmepumpe und einem Stromtarif für 100-prozentig regenerativ erzeugte Energie koste im Vergleich zu Gas-Dunkelstrahlern aktuell noch den Faktor 4 oder 5 mehr. Am Ende gehe es also darum, ob man bereit sei, diesen Aufpreis für echten Klimaschutz zu bezahlen, und vor allem, wie man "den Mehrkostenkuchen am Ende verteilt". Der Mieter goutiere nachhaltige Immobilien und er zahle auch einen höheren Quadratmeterpreis - "wenn die Mehrkosten nicht exorbitant sind", ist sich dagegen Zilling von der DLH sicher. Gerade stromintensive Betriebe könnten durch selbst erzeugten Strom wirtschaftlich profitieren. Dies betonte auch Molt von Eversheds Sutherland: "Die zweite Miete spielt in Vertragsverhandlungen mittlerweile eine Riesenrolle - sowohl für Vermieter als auch für den Mieter." Robert Schneider, Managing Director des Investmentmanagers Barings Real Estate, verwies angesichts des sehr geringen Anteils von Neubauten im Markt darauf, wie wichtig die energetische Aufrüstung von Bestandsimmobilien sei. Davon profitierten beide Seiten, Vermieter und Mieter. "Wir werten unsere Immobilien auf, etwa mit LEDs. Der Mieter spart Nebenkosten, und wir bekommen am Ende den längeren Mietvertrag", so Schneider. Nöldeke sieht aber noch einen langen Weg, bis auch der Nutzer wirklich gerne für grüne Immobilien mehr zahlt. Stichwort Green Lease. Das sind Mietverträge, in dem der Mieter zu einer möglichst nachhaltigen Nutzung und der Vermieter zu einer möglichst nachhaltigen Bewirtschaftung einer Immobilie veranlasst werden. "Ich kenne noch keinen einzigen Fall, in dem echte Green-Lease-Klauseln umgesetzt wurden", so der Inbright-Geschäftsführer. Mehr zum Thema unter #Logistikimmobilien www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Der Handlungsdruck in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaneutralität wird auch in der Logistikimmobilien-Branche immer größer. Der Weg zur CO2-neutralen Lagerei dürfte aber lang und steinig werden - dies wurde auf dem 10. Deutschen Logistikimmobilien-Kongress am 9. und 10. September in Berlin deutlich.

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